Trotz Sanktionen gegen Russland:Putins neues Gas-Export-Terminal
von Sophia Baumann, Claus Hecking, Hans Koberstein und Nathan Niedermeier
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Mit High-Tech und Hilfe westlicher Konzerne baut Russland einen riesigen Exporthafen für flüssiges Erdgas in der Arktis. Und verdient damit weiter Geld, trotz Sanktionen.
Putin weiht im Sommer 2023 die neue Gasverflüssigungsanlage nahe Murmansk ein.
Quelle: Reuters
Der russische Präsident Wladimir Putin ist sichtlich zufrieden, als er den Hebel umlegt und Russlands neue Gasverflüssigungsanlage symbolisch in Betrieb nimmt. Das war am 20 Juli. Heute ist klar: Der Bau von Russlands größtem Gasexportprojekt geht trotz aller Sanktionen des Westens voran.
Russisches Flüssiggas für Putins Kriegskasse
Die neu gebaute schwimmende Verflüssigungsanlage wurde diesen Spätsommer vom russischen Murmansk nach Sibirien geschleppt. Diese Satellitenbilder zeigen, dass die Anlage an ihrem Zielort angekommen ist:
Links im Bild: Die schwimmende Verflüssigungsanlage an ihrem Betriebsstandort in der sibirischen Arktis.
Quelle: Sentinel
Dort, an der arktischen Küste Russlands, wird sie Teil eines riesigen Gas-Export-Terminals, Projektname: "Arctic LNG-2". Das Erdgas aus sibirischen Feldern soll hier verflüssigt werden. Das Flüssiggas, LNG genannt, wird dann in spezielle Tanker verladen und in alle Welt verkauft.
Russland braucht das neue Terminal in der Arktis. Denn Exporte von Öl und Gas sind die wichtigste Einnahmequelle für die Kriegskasse des Kremls. Und Russland liefert kein Pipeline-Erdgas mehr Richtung Deutschland, weder über Polen noch über die Ostsee.
Russland liefert kein Erdgas mehr über die Pipelines durch Polen oder die Ostsee nach Deutschland.
Quelle: ZDF
Westliches Know How für Russlands Gasprojekt
Das Problem soll "Arctic LNG-2" lösen: die Gasexporte steigern und die Kriegskasse füllen. Dabei haben - allen Sanktionen zum Trotz - westliche Konzerne geholfen - mit Geld und Technologie.
Schon 2017 stieg das ehemals deutsche Traditionsunternehmen Linde in das Projekt ein. Also drei Jahre, nachdem Russlands Kämpfer im Auftrag Putins die Krim besetzt hatten. Linde plante mit beim Bau von "Arctic LNG-2" und versprach 2018, die wichtigste Komponente der Anlage zu liefern: High-Tech-Wärmetauscher.
Linde: "Alle Projekte gestoppt"
Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine verhängte die Europäische Union weitreichende Sanktionen. Linde-Chef Sanjiv Lamba erklärte im Sommer 2023:
Das Projekt "Arctic LNG-2" stand auf der Kippe. Die Wärmetauscher von Linde seien kaum zu ersetzen, meinte etwa die russische Wirtschaftszeitschrift expert.ru und schrieb: "Am kritischsten ist das Verbot der Lieferung von Wärmetauschern für die Gasverflüssigung in großen Mengen." Das bereite den Verantwortlichen "Kopfzerbrechen".
EU-Firma leistet Hilfe zur Selbsthilfe
Doch das Projekt lief weiter. Linde hatte seinen russischen Partnern geholfen, einige Bauteile selbst herzustellen. Dafür war der Konzern 2017 ein Joint Venture mit der russischen JSC Power Machines eingegangen. Das Ziel: Wärmetauscher vor Ort in St. Petersburg zu produzieren - unter anderem auch für "Arctic LNG-2". JSC Power Machines wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
Linde wagte, wie andere westliche Unternehmen auch, den schwierigen Balanceakt zwischen internationalen Sanktionen und bestehenden Vertragsverpflichtungen.
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Recherchen von ZDF, SPIEGEL, dem Recherchebüro Data Desk und dem Anti-Corruption Data Collective legen nahe, dass Linde kurz vor Inkrafttreten der Sanktionen Anlagenteile zu den russischen Baustellen brachte.
In russischen Zolldaten, die dem ZDF vorliegen, ist eine 1.500 Tonnen schwere Ausrüstung vermerkt. Ein Zusatz verrät, in welchem Rahmen die schwere Fracht geliefert werden soll. "Bau der LNG-Anlage des Arctic LNG-Projekts". Auch das Importdatum ist genannt: der 1. Juni 2022 - fünf Tage nach Inkrafttreten der EU-Sanktionen.
Französisches Unternehmen hält Anteile an Arctic LNG-2
Hat Linde also gegen Sanktionen verstoßen? Der Konzern versichert auf Anfrage, dass alle Lieferungen rechtzeitig europäische Häfen verlassen haben, in strikter Übereinstimmung mit globalen Sanktionen. Laufende Projekte seien schlicht nicht sofort abgebrochen, das russische Gas- und Anlagengeschäft schrittweise "dekonsolidiert" worden.
Das russische Unternehmen "Arctic LNG-2" war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, sein Hauptanteilseigner Novatek wollte die Recherchen nicht kommentieren. Die französische Total Energies, die zehn Prozent an dem Projekt "Arctic LNG-2" hält, teilte mit, man stelle kein neues Kapital für das Projekt bereit.
Fest steht: Deutsche Technik machte das russische Prestigeprojekt möglich. Svitlana Romanko von der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Razom We Stand sieht das so:
Das helfe Putin, seinen Krieg gegen die Ukraine weiterzuführen.
Mitarbeit: Anastasia Trenkler
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