5G-Technik aus China "Sicherheitsproblem"

    Mobilfunk-Ausbau:5G-Technik aus China "Sicherheitsproblem"

    von M. Haselrieder, B. Frenkel
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    In deutschen Mobilfunknetzen kommt viel Technologie aus China zum Einsatz. Sicherheitsexperten warnen vor Spionage und dem Risiko, dass China im Ernstfall Netze lahmlegen könnte.

    Dattenrode
    Eigentlich sollte die China-Strategie der Bundesregierung längst vorliegen. Doch die Koalition streitet über den richtigen Umgang mit dem wichtigsten Handelspartner.27.06.2023 | 8:55 min
    Der Turm der evangelischen Kirche in Datterode sieht von außen aus wie ein ganz normaler Kirchturm. Doch er sorgt für Aufregung in dem kleinen Dorf in Nordhessen. Denn im Inneren der Kirchturmspitze hat die Telekom eine Mobilfunkanlage eingebaut - gegen den Willen vieler Anwohner.
    Thomas Beck hat gegen die Anlage geklagt: "Da stellte sich dann auch raus, dass in den Kirchturm chinesische Technik verbaut worden ist. Und das hat mich schon persönlich, aber auch andere durchaus schockiert."
    Die Antennen stammen vom chinesischen Hersteller Huawei. Der ehemalige Polizeidirektor Beck fürchtet, dass damit chinesische Einflussnahme verbunden sein könne: "Ausgerechnet in einem Kirchturm Einfluss zu nehmen, das halte ich doch für moralisch mehr als fragwürdig."

    China-Experte warnt vor 5G-Technik aus China

    Überall in Deutschland kommt beim Aufbau der modernen 5G-Netze chinesische Technik zum Einsatz, obwohl das Mobilfunknetz Teil der kritischen Infrastruktur ist. China-Experte Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik warnt:

    Es geht um die Manipulation der Netze und im Extremfall um das Ausschalten der Netze.

    Tim Rühlig, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    "Das kann in wenigen Jahren noch dramatischer sein, wenn zum Beispiel sogar unsere Herzschrittmacher über ein 5G-Netz mit dem nahegelegenen Krankenhaus verbunden sind. Da kann eine ganze Gesellschaft kollabieren", erklärt Rühlig.

    Telekom-Chef Höttges: Antenne kein kritisches Element

    Trotz solcher Gefahren streitet die Regierungskoalition in Berlin noch immer über den richtigen Umgang mit China und seinen Unternehmen. Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Juni gab es kaum kritische Töne. Der Kanzler will den wichtigsten Handelspartner nicht verprellen. Aber die Sicherheitsrisiken steigen.
    Ist Huawei eine Gefahr für die deutsche Sicherheit? Der chinesische Konzern bestreitet das: Er habe "keinen Fernzugriff auf das Netz" und sei "unabhängig von staatlichen Einflüssen". Vor allem die Deutsche Telekom verwendet viel Huawei-Technik.
    Beim Tag der Industrie Mitte Juni verteidigt Telekom-Chef Timotheus Höttges die Zusammenarbeit mit Huawei. Deren Technik stecke nur im Antennennetz:

    Im Kernnetz gibt es keine chinesische Komponenten bei der Deutschen Telekom.

    Timotheus Höttges, Telekom-Chef

    "Die Frage ist: Ist eine Antenne ein kritisches Element, ja oder nein? Wir können uns darauf berufen, dass sie nach deutschem Recht nicht als kritisches Element verstanden wird", erklärt der Telekom-Chef.

    Anteil chinesischer Technik in Mobilfunknetzen gestiegen

    Andere Länder in Europa haben längst gehandelt und chinesische Komponenten komplett aus ihren Netzen verbannt. Darunter: Estland, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden, Dänemark, Tschechien, die Slowakei und Luxemburg. Frankreich hat den Anteil von 26 auf 17 Prozent gesenkt. In Deutschland aber ist der Anteil chinesischer Technik in den Mobilfunknetzen gestiegen: Von 57 auf 59 Prozent.
    Dabei hatte die Europäische Union schon vor drei Jahren empfohlen, auf chinesische Anbieter beim Ausbau des 5G-Netzes zu verzichten. Mitte Juni erhöhte der zuständige EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, den Druck:

    Wir können es uns nicht leisten, an solchen kritischen Abhängigkeiten festzuhalten, die zur Waffe gegen unsere eigenen Interessen werden können.

    Thierry Breton, EU-Kommissar

    "Ich fordere deshalb alle Mitgliedsstaaten und Netzbetreiber auf, die notwendigen Maßnahmen zu treffen - ohne weitere Verzögerung", so Breton.

    Faeser über chinesische Anbieter bei 5G-Ausbau: "Wir sehen die Gefahr"

    Gemeint ist vor allem Deutschland. Auf Nachfrage von ZDF frontal, ob sie die Gefahr bisher unterschätzt habe, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): "Nein, deswegen prüfen wir ja gerade die Verbauung von 5G-Elementen durch Huawei in unseren Systemen. Wir sehen die Gefahr." Die Prüfung soll im Sommer abgeschlossen sein.
    Doch Kritik an der Innenministerin kommt selbst aus der eigenen Regierungskoalition. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, Konstantin von Notz (Grüne), sagte im Interview mit frontal:

    Ich glaube, dass wir ein massives Sicherheitsproblem haben aufgrund dieser strukturellen Abhängigkeit von chinesischer Technik.

    Konstantin von Notz, Grüne

    Doch solange sich die Regierungskoalition nicht einmal auf eine gemeinsame Strategie einigen kann, bleibt China ein Sicherheitsrisiko - und Deutschlands kritische Infrastruktur in Gefahr.
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