Özdemir wirft Söder "Unwahrheit" bei Ernährungsdebatte vor
Ernährungsdebatte bei "Lanz" :Özdemir wirft Söder "Unwahrheit" vor
von Felix Rappsilber
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Bundesernährungsminister Cem Özdemir wehrt sich gegen Vorwürfe von Markus Söder beim Thema Fleischkonsum und beschuldigt ihn, einen "Spaltpilz für unsere Demokratie" zu legen.
Zur zunehmenden Kritik an der Klima- u. Energiepolitik der Ampelkoalition, zur Schwäche der Grünen u. zum Höhenflug der AfD sowie über die Gefahr einer weiteren Spaltung der Gesellschaft06.06.2023 | 74:18 min
"Warum soll immer alles verboten werden? Was die Menschen essen, sollen sie selber bestimmen", hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei Twitter geschrieben, mit dem Nachsatz: "Wir leben in einer Demokratie."
Gemeint war: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) überarbeitet gerade ihre lebensmittelbezogenen Empfehlungen für Deutschland. Einem Bericht zufolge soll eine dieser Empfehlungen eine Obergrenze von zehn Gramm Fleisch pro Kopf und Tag sein. Eine Sprecherin der DGE sagte, die zehn Gramm seien nur ein Beispielwert in einem internen Dokument gewesen. Die DGE will die genauen neuen Empfehlungen im kommenden Jahr veröffentlichen.
Tweet von Markus Söder
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Cem Özdemir entgegnete auf die Kritik des CSU-Chefs: "Markus Söder, der Ministerpräsident des Freistaates Bayern, schreibt, ich würde quasi das vorschreiben", sagte er bezogen auf die zehn Gramm Fleisch. "Man nennt es eine Unwahrheit, und zwar eine bewusste Unwahrheit, weil er Leuten Angst machen möchte."
Söder hatte zuvor auch einen Gesetzesentwurf des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft kritisiert, der vorsieht, Werbung für Süßigkeiten einzuschränken. Was Kinder essen, sollten deren Eltern entscheiden und nicht "irgendwelche grünen verhungerten Funktionäre", so der CSU-Politiker.
Der Grünen-Politiker warnte: "Wenn wir diese Art des Diskurses pflegen, dann legen wir den Spaltpilz für unsere Demokratie." Bezogen auf die Fleischfrage sei die DGE, ein Zusammenschluss von Ernährungswissenschaftlern und Medizinern, "unabhängig" und mache lediglich "Empfehlungen an die Politik".
Reinhard Jung, Sprecher der "Freien Bauern", kritisiert den Umgang von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir mit dem Begriff "Nachhaltigkeit": "Das Thema Tierwohl wird reduziert auf technische Standards".04.05.2023 | 7:02 min
Beim Fleischkonsum will Özdemir keine Vorschriften
Trotzdem sei jeder in seiner Ernährung völlig frei: "Erst mal dürfen Sie morgens, mittags, abends Fleisch essen und sich ausschließlich von Fleisch ernähren. Wenn Sie wollen, können Sie sich auch einen Wecker stellen, der Sie nachts jede halbe Stunde daran erinnert, dass Sie Ihr Fleisch-Pensum aufrechterhalten."
Ob das für die Gesundheit und das Klima gut sei, so Özdemir, stehe auf einem anderen Blatt. Der Ernährungsminister stellte aber auch klar:
Özdemir möchte Tierhaltung zukunftsfähig machen
Dennoch sei wissenschaftlich belegt, dass "im Schnitt die Männer zu viel Fleisch essen" und wir "bei den natürlichen Grenzen ein Problem auf dem Planeten" hätten, "wenn wir bei dem Fleischkonsum bleiben".
Sein Zuständigkeitsbereich als Landwirtschaftsminister sei es, "die Tierhaltung so umzubauen, dass sie zukunftsfest ist, dass Landwirte ein verlässliches Einkommen haben". "Aber ich sage den Leuten nicht: 'Esst kein Fleisch.' Das entscheiden sie selber."
Özdemir wirbt für gepflegten Diskurs
Auch angesichts der Vorwürfe aus Bayern sowie der jüngsten hohen Umfragewerte der AfD warb er für einen "gepflegten Diskurs". In der Gesellschaft, der Politik und den Medien habe sich "etwas dramatisch verändert". Es gebe Leute, "die machen in der rechten Bubble was, erfinden irgendwas, behaupten irgendwas", das nicht "im Entferntesten wahrheitsgemäß" sein müsse:
"Früher wäre klar gewesen: Das ist so irre - ein normaler Mensch, der mit Messer und Gabel isst und zivilisiert ist und eine Erziehung genossen hat, lässt die Finger davon und muss anschließend die Hände waschen."
Özdemir weiter: "Die Brandmauer zum Irrsinn, die wird gerade massiv eingerissen. Das ist doch ein Problem, da profitiert weder die CDU/CSU davon noch die Grünen noch die SPD noch die FDP."