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Bayern reicht Klage ein:Darum geht es beim Länderfinanzausgleich
von Jan Henrich und Celine Löffelhardt
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Die bayerische Staatsregierung hat beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht. Das Thema beschäftigt das Gericht nicht zum ersten Mal.
Das Bundesverfassungsgericht muss sich mit dem Länderfinanzausgleich befassen.
Quelle: dpa
Es gebe eine Schieflage beim finanziellen Ausgleich zwischen den Bundesländern, so die Bayerische Staatsregierung. Der Freistaat fordert eine Neuregelung, da er seit Jahren die mit Abstand größte Last trägt.
Nun hat Bayern einen entsprechenden Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Ähnlich wie vor der Landtagswahl 2013.
Die Karlsruher Richterinnen und Richter werden sich mit dem sogenannten Finanzkraftausgleich der Länder beschäftigen, wie der Länderfinanzausgleich heute heißt. Das System musste in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder angepasst werden.
Was ist der Finanzkraftausgleich?
Der Finanzkraftausgleich ist ein System zur finanziellen Umverteilung von Steuereinnahmen zwischen den Ländern, das in Artikel 107 des Grundgesetzes vorgesehen ist.
Ziel ist es, die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Länder "angemessen auszugleichen". Denn alle Länder sollen die ihnen zukommenden Aufgaben erfüllen können, sodass bundesweit gleiche Lebensverhältnisse herrschen.
Um das zu erreichen, müssen besonders finanzstarke Länder die finanzschwächeren unterstützen. Der Finanzausgleich gilt deshalb als zentrales Solidaritätsinstrument der Bundesländer.
Was bezweckt Bayern mit der Klage?
Bayern fordert eine Neuregelung, um die eigene Belastung zu reduzieren. 2022 wurden zwischen den 16 Bundesländern rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt - Bayern zahlte hiervon fast 9,9 Milliarden Euro. Gerade einmal fünf Bundesländer sind sogenannte Geberländer, während die anderen elf von der Umverteilung profitieren. Berlin war mit rund 3,6 Milliarden Euro der größte Empfänger.
Zum einen kritisiert Bayern, dass die Einwohnerzahlen in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen überdurchschnittlich gewichtet werden. Dies führe beispielsweise dazu, dass Bremen nach dem Ausgleich pro Kopf besser dastehe als Bayern.
Zudem wird die Einführung von Obergrenzen bei der Abgabe durch die Geberländer gefordert, um eine entscheidende Schwächung der Leistungsfähigkeit dieser Länder zu verhindern.
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Wie hat das Bundesverfassungsgericht bisher entschieden?
Seit der Länderfinanzausgleich besteht, wird auch dagegen geklagt. 1952 stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass der Finanzausgleich zwischen den Bundesländern grundsätzlich verfassungskonform ist. Wie umfangreich die Verteilung dabei ausfallen darf, sei eine politische, keine verfassungsrechtliche Entscheidung.
1986 und 1999 ordneten die Karlsruher Richter Änderungen an dem System an. Dabei ging es insbesondere um Fragen, wie die Finanzkraft der Länder berechnet wird und um die konkrete Ausgestaltung des Ausgleichs.
Zuletzt klagten Bayern und Hessen 2013 gegen das System, mit ähnlicher Begründung wie sie die bayerische Staatsregierung heute anführt. Doch die Klage wurde fallengelassen, nachdem sich die Länder 2017 auf eine Reform geeinigt hatten.
Wie hat sich der Länderfinanzausgleich entwickelt?
Obwohl Bayern von 1950 bis 1985 selbst sogenanntes Nehmerland war, hat der Freistaat bis heute insgesamt mit über 100 Mrd. Euro am meisten einbezahlt. Größtes Nehmerland ist mit Abstand Berlin, gefolgt von Sachsen und Niedersachsen. Baden-Württemberg hat als einziges Bundesland durchgehend seit 1950 Zahlungen geleistet.
Das System wurde im Laufe der Zeit immer wieder angepasst, auch auf Drängen Bayerns. Dennoch ist der Umfang in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Lag das Gesamtvolumen des Länderfinanzausgleichs in den Jahren 2000 bis 2010 noch stabil zwischen sechs und acht Mrd. Euro, wurden 2022 mehr als 18 Mrd. Euro zwischen den Bundesländern verteilt.
Jan Henrich und Celine Löffelhardt sind Redakteure in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz
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