Geberkonferenz in Bonn: Wer bezahlt den Klimaschutz?

    Zahltag mit gemischten Gefühlen :Wer bezahlt den Klimaschutz?

    Andreas Stamm
    von Andreas Stamm
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    Geld eintreiben, damit ärmere Länder sich an die Folgen des Klimawandels anpassen und ihre Wirtschaft klimaneutral gestalten können – das ist das Ziel einer Geberkonferenz in Bonn.

    Klima: 100-Milliarden in Bonn
    Der Green Climate Fund soll Entwicklungsländern helfen, die Folgen des von den Industrieländern verursachten Klimawandels abzufedern. Die jährliche Konferenz dazu will rund 100 Milliarden Euro sammeln.05.10.2023 | 2:34 min
    Schon die Anfahrt der Gastgeberin Svenja Schulze zeigt, nichts ist gerade einfach in Sachen Klimafinanzierung. Eine Fußgängerin blockiert den Weg des Dienstwagens der Bundesentwicklungsministerin. Tagträumend. Vielleicht von einer Welt, in der Geld für Klimaschutz einfach zu organisieren ist. Doch in Bonn, rund um die Geberkonferenz für den Green Climate Fund, den größten internationalen Geldtopf für Klimaschutz und -anpassung, wird klar: Es ist ein zähes Geschäft.

    "In Teilen beschämendes Ergebnis"

    Die Bundesregierung in Gestalt von Gastgeberin Schulze hatte vorgelegt. Zwei Milliarden Euro für den Fonds, durch den Industrieländer als Hauptverursacher des Klimawandels die Entwicklungsländer unterstützen. Letztere wieder zählen, quasi unverschuldet, häufig zu den von den Folgen am heftigsten betroffenen Staaten.
    Am Ende kamen nach monatelangen Verhandlungen hinter den Kulissen knapp neun Milliarden Euro zusammen. Ein Achtungserfolg, erklärt die Ministerin: "Das ist ein wirklich ermutigendes Zwischenergebnis. Aber wichtige Geberländer wie die USA und Schweden müssen erst noch die Voraussetzung für eine Zusage schaffen." Sie verweist auf die wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen sich viele traditionelle Geberländer befänden. Etwas resigniert wirkt Schulze da für einen Moment. Bevor sie erklärt, es sei noch Zeit, alles erst der Anfang.
    Green Climate Fund: "Zahltag"
    Bei der GCF-Konferenz "geht es wirklich nur um Geld", so ZDF-Reporter Andreas Stamm in Bonn. "Klimafinanzierung ist das große Ding, es ist eben die Frage, wer zahlt für Klimaanpassung."05.10.2023 | 3:32 min
    Für Beobachter und Kritiker klingt das nach viel Zweckoptimismus. David Eckstein, Finanzierungsexperte der Klima-Denkfabrik Germanwatch, sagt:

    Mit Blick auf die sich zuspitzende Klimakrise ist eine Summe, die unter der letzten Auffüllungsrunde vor vier Jahren liegt, viel zu wenig.

    David Eckstein, Finanzierungsexperte Germanwatch

    Gerade, dass Länder wie Japan und Norwegen ihre Beiträge sogar reduziert hätten, sei beschämend.

    Das Verursacherprinzip

    Die Klimafinanzierung ist heiß umkämpft, schon immer. Für die Entwicklungsländer geht es um Gerechtigkeit. Den Großteil der Co2-Emissionen haben die Industrieländer verursacht, argumentieren sie. Das habe die reich gemacht, und lege ihnen nun die Verpflichtung auf, zu helfen.
    Wie steht's um das Weltklima?
    Bei halbjährigen Zwischenverhandlungen werden die entscheidenden Vorarbeiten für die große UN-Weltklimakonferenz geleistet. So im Juni 2023.15.06.2023 | 2:22 min
    Ein Argument, das schon seit 2009, seit der Weltklimakonferenz in Kopenhagen, fester Bestandteil der internationalen Klima-Agenda ist. Dort versprachen die Industrieländer, den Rest der Welt mit jährlich 100 Milliarden Dollar beim Kampf gegen die Klimakrise zu unterstützen. Bis heute ein nicht eingelöstes Versprechen, erklärt David Eckstein. Und ein massives Problem.

    Klimafinanzierung ist enorm wichtiger Baustein, weil es eben dieses Vertrauen schafft, um bei den Klimaverhandlungen voranzukommen.

    David Eckstein, Germanwatch

    Halten die Industrieländer ihre Altversprechen nicht, könnte das den gesamten Fortschritt in den Klimaverhandlungen blockieren. Nun hat Bonn gezeigt – auch in diesem Jahr wackelt das 100 Milliarden-Ziel. Doe Hoffnung schwindet, das Geld sitzt nicht locker. 

    SOS Südsee

    Der Green Climate Fund sei dabei generell ein sehr sinnvolles Tool, um das Pariser Klima-Abkommen umzusetzen - und um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erklärt Experte Eckstein. Viele Entwicklungsländer seien dabei auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um Projekte für den Klimaschutz umzusetzen.
    Auf dem Bild ist eine Straße mit einem fahrenden Auto zu sehen.
    In Bonn kamen Vertreter einiger Dutzend Staaten zu einer internationalen Konferenz zum Thema Klimafinanzierung zusammen. Die Industriestaaten haben Unterstützung zugesagt. 05.10.2023 | 1:58 min
    Wie etwa im Südseeparadies Vanuatu. Die Inselgruppe ist wie kaum ein anderes Fleckchen Erde von den Folgen der globalen Erwärmung bedroht. Mittlerweile spiele das Wetter verrückt, so Tavet Varao, Dorfoberster auf Santo Island.

    Der Klimawandel bringt uns Dürre. Dann wieder Sturzfluten nach starken Regenfällen. Das zerstört die Pflanzen auf den Feldern. Dann regnet es lange überhaupt nicht, und was das Wasser überlebt hat, verdorrt in der Sonne.

    Tavet Varao, Dorfoberster Santo Island

    Mit 25 Millionen Euro fördert der Green Climate Fund ein Projekt auf der Insel, damit die 90.000 Inselbewohner auch in Zukunft ihre Ernährung selbst gewährleisten können. Ein Segen, so die Dorfbewohner.

    Klimaschutz-Krise?

    Der Fonds ist nur ein Geldtopf in Sachen Klimafinanzierung. Doch das Signal an die nächste Weltklimakonferenz in Dubai im Dezember ist: Es werden schwierige Verhandlungen. Denn es werde noch viel mehr Geld benötigt, erklärt die Bundesentwicklungsministerin.

    Selbst die hundert Milliarden werden nicht reichen, es braucht privates Kapital, eine Reform der internationalen Finanzarchitektur.

    Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin

    Mehr Geld. Schulze betont, dass eben auch die Staaten am Persischen Golf, die durch Öl und Gas reich geworden seien, endlich einzahlen müssen. Ihren fairen Anteil schultern. Oder China, der mittlerweile größte Verschmutzer in Sachen Co2. Aber viele diese Länder ließen sich in Bonn erst gar nicht blicken.
    Andreas Stamm ist Redakteur in der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Service, Soziales und Umwelt (WIRSSUM).

    ZDFheute-KlimaRadar
    :Daten zum Klimawandel im Überblick

    Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
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