Klimaschutz: Von welchen Staaten Deutschland lernen kann

Interview

Klimaforscher Rahmstorf:Ist Deutschland Klimavorreiter? "Stimmt nicht"

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"Das was wir heute tun, wird das Klima für Tausende von Jahren bestimmen", so Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Schaltgespräch Prof. Stefan Rahmstorf
Sehen Sie hier das Interview mit Stefan Rahmstorf in voller Länge.15.04.2025 | 5:32 min
Hitzestress, Fluten, Rekordtemperaturen: Die Folgen der Erderwärmung zeigen sich laut dem EU-Klimadienst Copernicus auf dem europäischen Kontinent in vielen Wetterphänomenen. Europa sei der sich am schnellsten erwärmende Kontinent, die Folgen des Klimawandels seien deutlich.
"Wir sehen, dass die Häufigkeit von Hitzewellen besonders stark in Europa zunimmt, ein Mehrfaches im Vergleich zu vergleichbaren Breitengraden", sagt auch Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Auch Starkregenereignisse und Dürren hätten durch die Erwärmung zugenommen.

Warum ist Europa so stark davon betroffen?

Gefragt danach, warum insbesondere Europa von der schnellen Erwärmung besonders betroffen sei, erklärt Rahmstorf: "Das hat verschiedene Gründe." Er nennt zwei Punkte: Relativ viel von Europa liege in hohen Breitengraden, wo sich die Arktis viermal so schnell wie der Weltdurchschnitt erwärmt.
Ebenso spielten Veränderungen im Jetstream, also der atmosphärischen Zirkulation, eine Rolle. Die Folgen der Ursachen seien alles Dinge, vor denen die Klimaforscher seit Jahrzehnten gewarnt hätten – auch er selbst. "Und aufgrund der großen Verschleppung, Verzögerung sind wir inzwischen in einem Wettlauf gegen die Zeit."

Das, was wir heute tun, wird das Klima für Tausende von Jahren bestimmen. Das sage nicht ich, sondern der Weltklimarat IPCC.

Stefan Rahmstorf, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

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Veränderte Klimabedingen wirken sich negativ auch auf unsere Gesundheit aus. Besonders spürbar sind die Auswirklungen auf den Körper in den Sommermonaten bei Hitze15.04.2025 | 2:43 min

Deutschland Vorreiter in Europa?

Dass die Verbesserungsvorhaben für den Klimaschutz im Koalitionsvertrag nur vage umrissen seien, bereitet dem Klimaforscher Sorgen. Als klimatechnische "Leuchttürme" in Europa sieht er Großbritannien, Belgien und Schweden. Dass seien drei Staaten, die schließlich aus der Kohle ausgestiegen seien.
"Dann gibt es viele Staaten, die ihre Emissionen in den letzten 20 Jahren schneller reduziert haben als Deutschland." Er nennt: Großbritannien, Finnland, Dänemark, Portugal, Spanien, die Niederlande, Schweden, Frankreich. In Deutschland gebe es immer diesen Mythos, wir wären Vorreiter. Rahmstorf stellt klar: "Das stimmt eben nicht."

Copernicus-Bericht: Tote durch Extremwetter-Ereignisse

Mit Rekordtemperaturen in Zentral-, Ost- und Südosteuropa sei 2024 das wärmste Jahr auf dem Kontinent seit Beginn der Wetteraufzeichnungen registriert worden, heißt es in dem gemeinsam mit der Weltwetterorganisation veröffentlichten Report von Copernicus.
Copernicus-Bericht: Klima in Europa 2024
Der Klimawandel trifft Europa besonders stark: Wärmerekorde, Trockenheit, Überschwemmungen - der EU-Klimadienst Copernicus zieht in seinem neuen Bericht Bilanz für das Jahr 2024. 15.04.2025 | 2:41 min
Bezogen auf den ganzen Kontinent seien 45 Prozent der Tage "viel wärmer" gewesen als im Durchschnitt. Bei etwa zwölf Prozent der Tage seien Temperaturrekorde erzielt worden. In dem Bericht zählen die Klimafachleute eine Reihe von Extremwetterereignissen in Europa auf.
So habe der Kontinent vergangenes Jahr die stärksten Fluten und Überschwemmungen seit 2013 erlebt. Stürme und Fluten hätten schätzungsweise 413.000 Menschen auf dem Kontinent getroffen, mindestens 335 Personen seien ums Leben gekommen, hieß es.
Zudem seien dadurch Schäden in Höhe von mindestens 18 Milliarden Euro entstanden.
Das Interview führte Christian Sievers, zusammengefasst hat es Christian Harz.

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Quelle: mit Material von epd

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