Streit um Aus für Fossile:Zum COP-Finale "schlagen die Wellen hoch"
von Mark Hugo, Dubai
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Kommt er oder kommt er nicht, der Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle? Zu Beginn der heißen Phase bei der COP28 ist er noch nicht vom Tisch. Und das allein ist eine kleine Überraschung.
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Schwarz auf weiß steht es im gerade aktuellen Verhandlungspapier: Die Welt steigt aus den fossilen Energien aus. Dass das wenige Tage vor Ende der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai die öl- und gasproduzierenden Staaten nicht herausixen konnten, könnte schon als kleiner Erfolg gelten. "Es ist aktuell sehr viel drin, das in eine richtige Richtung geht", meint Tobias Holle, der für den Klimadelegation e.V. das Geschehen in Dubai beobachtet. Es sei gut, dass der Ausstieg noch im Rennen sei.
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"Treten in kritische Phase der Verhandlungen ein"
Nur ist - erstens - noch gar nichts entschieden. Manche sagen, das Geschacher und Gepoker gehe jetzt erst richtig los. Am Montag beginnen offiziell die "finalen Verhandlungen", bei denen die zuständigen Ministerinnen und Minister den Hut aufhaben werden. Vorher spielte die Musik auf Delegationsebene. Und am Ende, offiziell am Dienstag, wahrscheinlicher aber am Mittwoch oder Donnerstag, muss das Votum einstimmig sein.
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"Wir treten nun in die kritische Phase der Verhandlungen ein", sagt Jennifer Morgan, die deutsche Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik. Die Welt müsse bereit sein, ein Signal zu senden, dass sie "in diesem kritischen Moment der globalen Klimakrise braucht. Ich bin besorgt, dass sich nicht alle konstruktiv einbringen."
Opec-Chef warnt vor Konsequenzen
Wen sie genau damit meint, lässt Jennifer Morgan offen. Nachrichtenagenturen aber berichten von einem Brief von Opec-Generalsekretär Haitham Al Ghais, in dem er die Öl-Länder auffordert, alle Formulierungen zu blockieren, die Energie im Visier haben. Das könne "irreversible Konsequenzen" haben. Eine klare Warnung in dieser Phase der COP, die fast schon nervös klingt.
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Seitdem jedenfalls "schlagen die Wellen hoch", weiß Christoph Bals von Germanwatch. Die meisten Öl-Länder - der Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate ausgenommen - protestieren nun gegen einen entsprechenden Beschluss. Allein Kolumbien spricht sich dafür aus. Das Land lebe zwar ebenfalls von den fossilen Energien, "aber jetzt gehe es um das gemeinsame Überleben", erklärt Bals, der als Beobachter alle bisherigen Klimakonferenzen miterlebt hat.
Für Inselstaaten eine Überlebensfrage
Eine Frage des Überlebens ist es längst auch für Inselstaaten, die von den Folgen des Klimawandels besonders hart betroffen sind. "Wir werden nicht schweigend in unsere Gräber sinken", verkündet John Silk, Politiker von den Marshall Islands.
Für die Befürworter, darunter auch die deutsche und die EU-Delegation, wird es in den nächsten Tagen ein hartes Ringen werden. Denn natürlich liegt auch beim Ausstieg der Teufel im Detail.
Fossilen-Ausstieg ohne Zeitbezug "sinnlos"
Im Verhandlungstext stehen nämlich bisher verschiedene Optionen. Eine davon verzichtet auf ein konkretes Datum. "Ohne Bezug zur Zeit wäre das sinnlos", erklärt Martin Kaiser, Chef von Greenpeace Deutschland. Denn dann könne das beliebig irgendwann auch in der fernen Zukunft sein. "Da würde sogar Saudi-Arabien zustimmen."
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In anderen Optionen ist nur vom Ausstieg aus "unabated fossil fuels" die Rede, also "unverminderte", wenn man das überhaupt übersetzen kann. Denn was genau damit gemeint ist, ist nicht wirklich definiert. Meist wird darunter Öl, Gas und Kohle verstanden, bei dessen Förderung und Verarbeitung nicht CO2 durch technische Lösungen eingefangen und gespeichert werden kann. Das würde Hintertürchen für ein Weiter-so offenlassen, auch wenn diese Technologien im großen Stil noch gar nicht zur Verfügung stehen.
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Keine faulen Kompromisse
Die Chancen für einen soliden Ausstiegsbeschluss mit Zeitplan sieht Kaiser dennoch bei 50 Prozent. Vieles hänge von der COP-Präsidentschaft ab, aber auch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die für die EU über die Minderung von CO2-Emissionen verhandelt. "Unsere Erwartung ist, dass sie das jetzt auch durchkämpft", sagt er. Und keine faulen Kompromisse schließt.
Weit unstrittiger übrigens ist zum Ende der COP ein Beschluss, nachdem der weltweite Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht und die Energieeffizienz verdoppelt werden soll. Sicher eingetütet ist aber natürlich auch der noch nicht.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.
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