CCS: Ein Hintertürchen für Fossile?

    Streit auf Klimakonferenz:CCS: Ein Hintertürchen für Fossile?

    Mark Hugo
    von Mark Hugo, Dubai
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    Drei Buchstaben werden auf der Klimakonferenz heiß diskutiert: CCS. Gemeint ist Technik, mit der Treibhausgase aufgefangen werden können. Ob das dem Klima hilft, ist umstritten.

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    CCS steht für "Carbon Capture and Storage", also das Auffangen und Lagern des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Auf der 28. Weltklimakonferenz (COP) in Dubai verbreitet die Abkürzung gerade Frust und Freude, je nachdem, wen man fragt.

    Fossile Energien gegen Treibhausgase

    Die einen vor allem Vertreter der öl- und gasproduzierenden Länder - sehen darin eine Chance. Denn wird das CO2 etwa bei der Förderung oder Verarbeitung zu einem guten Teil eingefangen, gelangt es nicht in die Atmosphäre. Theoretisch eine saubere Sache, findet zum Beispiel Saudi-Arabien.



    Auch COP-Präsident Sultan Ahmed al-Dschaber (nebenbei Chef der staatlichen Ölgesellschaft) spricht gerne davon, statt der kompletten Nutzung fossiler Energien doch nur den Ausstoß der Treibhausgase herunterzufahren - mit Hilfe von CCS im großen Stil eben. Ein Korb an all die, die hoffen, am Schluss der COP könne der Hammer für ein globales Aus von Kohle, Gas und Öl fallen.

    Fossile nur länger am Leben halten?

    Für Professor Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist das Risiko groß, dass CCS vor allem dazu auf den Tisch komme, um die fossile Energiewirtschaft länger am Leben zu halten. Dabei:

    Wissenschaftlich gesehen gibt es so gut wie keinen Spielraum dafür, aus den fossilen Treibstoffen nicht auszusteigen.

    Prof. Ottmar Edenhofer, PIK

    Neu ist an CCS tatsächlich gar nichts. Schon in den 70ern wurde damit begonnen, in großen Industrieanlagen und in Kraftwerken Kohlendioxid abzuscheiden, besonders in den USA. Ein Grund: In vielen Erdgasvorkommen ist der CO2-Anteil so hoch, dass das den Brennwert herabsetzt. Anfangs war es also vor allem eine wirtschaftliche Entscheidung.
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    Das Treibhausgas wird bei CCS im nächsten Schritt gespeichert. Im Boden. "Die Speicherung von CO2 lässt sich am effektivsten im Porenraum von Gesteinen in mindestens 800 Metern Tiefe realisieren", schreibt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf ihrer Seite. Geeignet seien etwa erschöpfte Erdgaslagerstätten, von denen es auch in Deutschland einige gibt. Die Technologie dafür sei "seit Jahrzehnten bekannt und erprobt" - unter anderem in Norwegen und Algerien.

    Keine große Kapazitäten bei CCS

    Im großen Stil allerdings klappt es mit CCS noch nicht. Die Internationale Energieagentur IEA nennt für 2022 eine Kapazität von fast 46 Millionen Tonnen CO2 im Jahr und rechnet dabei auch Projekte mit ein, bei denen das CO2 nicht gelagert, sondern weiterverarbeitet wird (CCUS). Mehr als 30 Millionen Tonnen werden bei der Erdgasaufbereitung eingefangen, die übrigen vor allem bei der Herstellung anderer fossiler Treibstoffe, von Biokraftstoffen und in der Industrie.

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    Zum Vergleich: Weltweit wurden 2021 38 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Selbst wenn, so wie von den Emiraten und Saudi-Arabien vorgeschlagen, massiv in Technik und Ausbau von CCS investiert werden sollte, wird es das Problem alleine nicht lösen. "Im Moment liegen die weltweiten Ausbauraten von CCS weit unter denen, die in den Pfaden modelliert sind, auf denen die Erwärmung auf 1,5 bis zwei Grad begrenzt wird", stellt der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten Bericht fest.

    Die größten Probleme von CCS:

    • Es ist teurer als die Vermeidung von CO2. Speicherung, Transport und Lagerung kosten Energie und erhöhen den Verbrauch der fossilen Rohstoffe deutlich, wodurch ein Teil des Effekts aufgefressen wird.
    • Wie sicher die Lagerung des CO2 im Boden ist - darüber wird gestritten. Geologen halten das für machbar. Das Umweltbundesamt dagegen sieht Risiken für Grundwasser und Boden durch Leckagen. Auch eine Gefahr für Menschen schließen viele nicht aus. Nach ersten Versuchen wurde CCS in Deutschland unter anderem deshalb 2016 verboten.
    • Im Öl- und Gassektor reduziert CCS das Treibhausgas nur bei der Förderung und Verarbeitung, nicht bei der späteren Verbrennung, etwa in Autos oder Heizungen. Und: Laut einer Studie des amerikanischen Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA ) schaffen die meisten aktiven Anlagen nur einen Bruchteil der angekündigten Kapazität.
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    Dennoch sieht auch der Weltklimarat in CCS einen Teil der Lösung - zusammen mit natürlichen Senken wie Wäldern und auch Technik, die in der Lage ist, das Kohlendioxid direkt aus der Luft zu holen. Denn nach den Berechnungen reicht es nicht, allein den Ausstoß von Treibhausgasen massiv und schnell zu verringern. Zusätzlich muss auch die Konzentration in der Atmosphäre verringert werden durch sogenannte negative Emissionen.

    Wo es keine Alternativen gibt

    Anders als COP-Präsident Al Jaber denkt der IPCC dabei aber weniger an den Öl- und Gassektor, sondern an Bereiche wie die Zement- und Chemieindustrie, wo es technisch bisher kaum Alternativen gibt, um den Treibhausgasausstoß zu senken. Diskutiert wird auch über CCS bei der Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas.
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    Ein CCS-Comeback könnte es bald auch in Deutschland geben. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck jedenfalls schließt das nicht mehr aus. Für ein globales Aus fossiler Energien will Deutschland auf der COP in Dubai aber dennoch stimmen. CCS soll kein Hintertürchen für Gas, Öl und Kohle sein.  

    Experte: Pariser Klimaziele gefährdet

    "Die Position Al Jabers darf sich nicht durchsetzen, da CCS im großen Stil das Erreichen der Pariser Klimaziele unmöglich macht", warnt auch Petter Lydén von Germanwatch.

    CCS darf nur dort eingesetzt werden, wo sich Emissionen gar nicht vermeiden lassen.

    Petter Lydén, Germanwatch

    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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