Sanktionen: Das Waschmaschinen-Rätsel von Kasachstan

    Vorwurf der Sanktionsumgehung:Das Waschmaschinen-Rätsel von Kasachstan

    Andreas Kynast
    von Andreas Kynast
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    Warum importiert Kasachstan plötzlich viermal mehr Waschmaschinen aus der EU? Botschafter Onschanow widerspricht dem Verdacht, dass die Geräte nach Russland durchgewinkt werden.

    LKW-Schlange an der Grenze zwischen Russland und Kasachstan
    Reger Handel: Lkw-Schlange an der Grenze zwischen Russland und Kasachstan
    Quelle: AFP

    Es kann natürlich sein, dass in Kasachstan auf einmal viel, viel mehr gewaschen wird. Aber dafür spricht genauso wenig wie für die Vermutung, dass im vergangenen Jahr plötzlich tausende Geräte kaputtgegangen sind. Es muss einen anderen Grund geben, aus dem Kasachstan plötzlich Unmengen von Waschmaschinen zu importieren scheint. 2022 führte das Land allein aus der EU 4,4 Mal mehr Geräte ein als im Jahr davor.
    Für viele Russlandexperten liegt die Lösung auf der Hand. Die Waschmaschinen seien nach Russland weiterverkauft worden, sagt der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch:

    Die russische Rüstungsindustrie konnte diese zerlegen und die verbauten Halbleiter für ihre Zwecke nutzen.

    Rüdiger von Fritsch, deutscher Ex-Botschafter in Moskau

    Von Fritsch beschreibt in seinem Buch "Welt im Umbruch", wie das Fehlen westlicher Technologie, insbesondere von Halbleitern und IT-Hardware, die russische Wirtschaft belastet und wie vor allem die Rüstungsindustrie versucht, die westlichen Sanktionen zu umgehen.

    Halbleiter-Exporte nach Russland vervielfacht

    Im Jahr vor dem Krieg, schreibt von Fritsch, habe Kasachstan Halbleiter im Wert von 12.000 US-Dollar nach Russland exportiert, 2022 seien es 3,7 Millionen Dollar gewesen. In diesem Zeitraum ist der Import von Waschmaschinen aus der EU um 436 Prozent gestiegen, die Einfuhr von Kühl- und Gefrierschränken aus Deutschland erhöhte sich um 551 Prozent.
    "Wir werden zu Unrecht beschuldigt", sagt Kasachstans Botschafter in Deutschland, Nurlan Onschanow, und weist im ZDF die Vorwürfe gegen sein Land ausführlich zurück. Obwohl Kasachstan den Sanktionen nicht zugestimmt habe, sei es bereit, ihre Umgehung durch sein Territorium nicht zuzulassen:

    Unser Wille ist da.

    Nurlan Onschanow, kasachischer Botschafter

    Kasachstan selbst halte die Sanktionen gegen Russland ein, sagt Onschanow und kündigt an, die Zahlen mit den europäischen Partnern zu analysieren. So klinge der Anstieg des Imports von Waschmaschinen zwar prozentual gewaltig, stelle sich aber in absoluten Zahlen keineswegs so dramatisch dar. Im Kriegsjahr 2022 habe Kasachstan knapp 10.000 Waschmaschinen aus der EU eingeführt. Das mache weniger als ein Prozent des kasachischen Marktes aus.

    Kasachstan: Über sensible Waren "nicht informiert"

    Die Steigerung begründet Onschanow unter anderem damit, dass Kasachstan vor dem Krieg viele Produkte über europäische Vertriebsfirmen aus Russland bekommen habe. Weil dieser Lieferweg nun wegfalle, stiegen die direkten Einfuhren aus westlichen Ländern.
    Trotzdem importiere Kasachstan nach wie vor fast fünfmal mehr aus Russland, als es dorthin exportiere. 2022, im Ausbruchsjahr des russischen Angriffskriegs, habe sein Land zum Beispiel 19-mal mehr Kühlschränke aus Russland eingeführt als ausgeführt.

    Kasachstan ist das erste Mal in seiner Geschichte mit dem Sanktionsthema konfrontiert.

    Nurlan Onschanow, kasachischer Botschafter

    Über Waren, die nicht auf der EU-Sanktionsliste stehen, aber trotzdem als sensibel gelten, sei sein Land nicht informiert worden, sagt der Botschafter: "Obwohl ja klar ist, dass Kasachstan mit einer Landgrenze von mehr als 7.500 Kilometern und als Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion mit Russland wirtschaftlich zusammenarbeitet."
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    Kasachstan will mit europäischen Partnern sprechen

    Die kasachische Regierung, kündigt Onschanow an, werde jedem Verstoß nachgehen und sei offen für Gespräche "mit unseren Partnern in Europa". Das sei auch im Interesse der europäischen Firmen, die mit Kasachstan zusammenarbeiten.
    Die Gelegenheit wird sich bereits nächste Woche ergeben. Ab Montag ist ein Staatsbesuch von Bundespräsident Steinmeier in Kasachstan angekündigt.
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