Hofreiter bei Lanz: Minister trauen Scholz nicht

    Grünen-Politiker bei Lanz:Hofreiter: Minister trauen Scholz nicht

    von Pierre Winkler
    |

    Die grüne Familienministerin Lisa Paus blockiert den Neustart der Ampel nach der Sommerpause. Und ihr Parteifreund Anton Hofreiter macht dafür Kanzler Olaf Scholz verantwortlich.

    Grünen-Politiker Anton Hofreiter zu Gast in der Sendung von Markus Lanz.
    Grünen-Politiker Anton Hofreiter und weitere Gäste bei Markus Lanz - die ganze Sendung. 23.08.2023 | 75:18 min
    Erst am Dienstag hatte Lars Klingbeil bei Markus Lanz sein Entsetzen über den Streit zwischen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Ausdruck gebracht. Nur einen Tag später nahm sich Anton Hofreiter bei Lanz den SPD-Vorsitzenden vor: Er finde Klingbeils Aussagen "ein bisschen bizarr", schließlich sei dieser "der Parteivorsitzende der Kanzlerpartei", sagte der Grünen-Politiker und ehemalige Vorsitzende der Bundestagsfraktion seiner Partei.

    Hofreiter: Hauptproblem ist der Kanzler selbst

    Grüne und FDP trügen in diesem Streit zwar Verantwortung, nach Hofreiters Analyse sei aber "das Hauptproblem im Kanzleramt und der Kanzler selber". Olaf Scholz dürfe in einer solchen Auseinandersetzung natürlich "ganz hart für seine eigene Position kämpfen". Das "Problem dieser Regierung" sei aber etwas anderes: Wenn sich das Kabinett auf etwas geeinigt habe, zähle diese Einigung am Ende nicht.
    Eine Standortbestimmung um die Ampel-Regierung:
    Scholz, Lindner sowie der grüne Vizekanzler Robert Habeck hatten einen Kompromiss ausgehandelt: Lindner bekommt das sogenannte Wachstumschancengesetz, das Steuersenkungen für Unternehmen vorsieht, und Paus bekommt die Kindergrundsicherung. Diese Einigung ließ die Familienministerin jedoch kurzfristig platzen.

    Hofreiter: Mangel an Vertrauen in der Koalition

    Laut Hofreiter aus gutem Grund. Ihm zufolge ist das Vertrauen der Kabinettsmitglieder in Scholz nachhaltig beschädigt. Er warf Scholz vor, dass jede Ministerin und jeder Minister "in dieser Koalition erlebt hat: Ich habe eine Zusage, aber ich brauche ein Druckmittel, um diese Zusage am Ende zu realisieren", sagte Hofreiter.

    Es gibt einfach einen Mangel von Vertrauen in dieser Koalition, in dem Kabinett: Dass wenn ich mein Druckmittel zu früh aus der Hand gebe, dass dann die Zusagen nicht eingehalten werden.

    Anton Hofreiter, Grünen-Politiker

    Lindners Gesetz zur Stärkung der Wirtschaft war im aktuellen Fall schon weiter als Paus' Entwurf. Beim Projekt der grünen Ministerin ging es noch ganz zentral um die Frage der Finanzierung. Paus wollte von Lindner erst noch eine Zusage für mehr Geld für ihr Gesetz, das dann in den kommenden Wochen fertiggestellt werden sollte.
    Familienministerin Paus blockiert Gesetz von Finanzminister Lindner:
    Dieser zeitliche Ablauf war laut Hofreiter auch ein Grund für die Blockade. "Es gibt gegenseitige Kompromisse. Und wenn du einen Zeitablauf hast, dass das, was dem einen zugestanden wird, heute beschlossen wird, und das, was man dafür bekommen hat, morgen beschlossen wird, du dich aber nicht drauf verlassen kannst, wenn du heute Ja sagst, dass morgen dein Partner auch Ja sagt, dann haben Sie einfach ein Problem".

    Grünen-Politiker: Leisten uns immer zu lange Debatten

    Auch beim Thema Waffenlieferungen an die Ukraine griff Hofreiter Scholz direkt an. "Ich glaube, dass wir uns immer viel zu lange Debatten leisten", sagte der Bundestagsabgeordnete. Das Problem sitze auch in diesem Punkt "überwiegend in der SPD" und "auch im Kanzleramt". Aktuell sei Scholz bei den Taurus-Marschflugkörpern zu zögerlich.
    Mit Blick auf Umfragen in Deutschland, die häufig etwa gleich hohe Werte für Zustimmung und Ablehnung brächten, was Waffenlieferungen betrifft, sagte er:

    Wenn ich mir die Debatten anschaue und die Unklarheit, die wir da auch in Teilen der Bundesregierung haben, bin ich eigentlich überrascht, wie eindeutig die Bevölkerung in der Unterstützung ist.

    Anton Hofreiter, Grünen-Politiker

    In Großbritannien etwa mache die Regierung zwar auch Fehler, aber dort sei "jeder, der politisch bis drei zählen kann", für Waffenlieferungen, sagte Hofreiter. Wenn es eine solche Einigkeit auch in der deutschen Politik gäbe, "also mal abgesehen von den Landesverrätern von der AfD", dann sei er sich sicher, "dass weit über 80 Prozent der Bevölkerung auch vollkommen klar stehen würden".

    Mehr zum Ampel-Streit