Chronologie des Ampel-Streits:Der steinige Weg zum Heizungsgesetz
von Jana Nieskes
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Das Heizungsgesetz sollte noch vor der Sommerpause durch den Bundestag sein. Nun hat das Verfassungsgericht es - nach langem Streit in der Ampel - vorerst gestoppt. Ein Rückblick.
Bis zur Einigung dürfte es noch ein langer Weg werden. Monatelang haben die Ampel-Parteien über das Heizungsgesetz gestritten.
Quelle: dpa, Archvibild
Die Grundidee für das sogenannte Heizungsgesetz steht schon lange fest. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Parteien vorgenommen, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu ändern. "Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden", heißt es darin. Das Ziel dahinter war klar: mehr Klimaschutz im Gebäudebereich. Details blieben damals offen - und die sollten für eine Menge Streit in der Koalition sorgen.
Ukraine-Krieg erhöht Tempo
Einige Monate blieb es still um das Heizungsgesetz. Doch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine machte es schnell wieder zum Thema. Wegen hoher Abhängigkeit von russischem Gas stand Deutschland vor der Energiekrise. Und so verfolgte die Regierung mit ihren Heizungsplänen fortan ein weiteres Ziel: Neben dem Klimaschutz sollte der Austausch von Gas- und Ölheizungen nun auch der Energiesicherheit dienen.
Im März 2022 beschließen die Koalitionspartner, das Heizungsgesetz vorzuziehen. Damit sollten bereits ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu 65 mit erneuerbaren Energien laufen - ein Jahr früher als geplant.
Gesetzentwurf entfacht Streit
Ein knappes Jahr später dringt ein Gesetzentwurf durch. Er entfacht eine Diskussion, die Monate andauern wird. In dem geleakten Entwurf heißt es, der Einbau von Heizungsanlagen auf Basis ausschließlich fossiler Energieträger - vor allem Gas- und Ölheizungen - sei ab dem Jahr 2024 nicht mehr gestattet. Aus der Opposition hagelt es Kritik. Aber auch die FDP zeigt sich empört und pocht auf Technologieoffenheit:
Das Bundeswirtschaftsministerium versucht, zu beschwichtigen: Die Entwürfe, die kursierten, entsprächen nicht dem aktuellen Stand, heißt es. Doch die Kritik ebbt nicht ab. So entwickelt sich das Heizungsgesetz von einem einzigen Satz im Koalitionsvertrag zu einem der größten Streitthemen der Ampel.
Der Gesetzentwurf des Wirtschaftsministerium, der Ende Februar publik wurde, sorgte für heftige Kritik. 28.02.2023 | 1:53 min
Eine Einigung - oder doch nicht?
Nach wochenlangen Diskussionen heißt es Ende März zum ersten Mal: Einigung beim Heizungsgesetz. Die Koalitionspartner einigen sich über Ausnahmeregelungen. So soll die Pflicht, die beim Neueinbau einer Heizung greifen soll, etwa nicht für über 80-Jährige gelten. Außerdem wird eine dreijährige Übergangspflicht beschlossen. Mitte April billigt das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf.
Freie Fahrt für das Heizungsgesetz? Fehlanzeige. Schon bei Verabschiedung des Entwurfs fordert die FDP Nachbesserungen. Das Finanzministerium stimme im Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Bundestages im parlamentarischen Verfahren den Entwurf intensiv beraten und auch "weitere notwendige Änderungen" vornehmen werden, heißt es - so gehen die Diskussionen weiter.
Ampel-Streit spitzt sich zu
Als Grüne und SPD das Heizungsgesetz in den Bundestag einbringen wollen, um es noch vor der Sommerpause zu verabschieden, blockiert die FDP das Vorhaben. Der Koalitionsstreit spitzt sich zu. Wirtschaftsminister Habeck wirft den Liberalen Wortbruch vor:
Von Seiten der FDP heißt es, es bestehe noch Klärungsbedarf. "Als Koalition müssen wir uns im Vorfeld im Klaren sein, was die zentralen Punkte sind", sagt Fraktionschef Dürr. Erst dann mache es Sinn, das parlamentarische Verfahren anzustoßen.
Ende Mai reicht die FDP 77 Fragen beim Wirtschaftsministerium ein. Dabei geht es um Details zum Gesetzentwurf. Bei einem Treffen mit Vertretern der Koalitionsfraktionen beantwortet Habeck die Fragen. Nach den erneuten Gesprächen zeigen sich die Ampel-Parteien zuversichtlich. "Wir nähern uns jetzt wirklich der Zielgeraden", sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.
Erneute Einigung – diesmal wirklich
Tatsächlich: Mitte Juni heißt es erneut "Einigung beim Heizungsgesetz". Nach tagelangen Verhandlungen der Ampel-Fraktionen hatten sich Bundeskanzler Scholz, Vizekanzler Habeck und Finanzminister Lindner eingeschaltet – mit Erfolg. Es habe ein wenig geruckelt in der Koalition, sagt Scholz anschließend.
Der Kompromiss bezieht die Länder und Kommunen mit ein. Demnach sollen die Regelungen beim Heizungstausch nicht gelten, solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Eine solche Planung solle es deutschlandweit bis spätestens 2028 geben. Insgesamt also mehr Zeit für Hausbesitzer beim Heizungstausch.
Bei der Einigung handelt es sich zunächst um "Leitplanken", viele Fragen bleiben offen. Um diese zu klären, braucht es wieder Verhandlungen bis tief in die Nacht. Nach langem Hin und Her einigt sich die Ampel-Koalition Ende Juni schließlich auf die letzten Details.
Dieses Mal zeigen sich alle drei Parteien zufrieden.
teilen die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, der Grünen und der FDP mit.
Karlsruhe stoppt überraschend Heiz-Gesetz
Nach dem monatelangen Streit und einer eilig anberaumten Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Klimaschutz und Energie sollte dann Anfang Juli das Heizungsgesetz im Bundestag verabschiedet werden. Dann aber stoppte das Bundesverfassungsgericht überraschend das Vorhaben im Eilverfahren - nicht wegen inhaltlicher Bedenken, sondern wegen der "maximal verkürzten" Beratungen im Parlament.
Ob das Gesetz nun, wie geplant, am 1. Januar 2024 in Kraft treten kann, ist nicht mehr ganz gesichert. Die Ampel-Koalition will es erst in einer regulären Sitzungswoche des Bundestages Anfang September verabschieden. Damit verzichtet sie auf eine parlamentarische Sondersitzung in der Sommerpause.
Quelle: mit Material von dpa, epd, Reuters und AFP