Wärmewende in Deutschland:Heizungsgesetz beschlossen: Was das bedeutet
von Jan Schneider
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Nach monatelangem Ringen wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Bundestag beschlossen. Ein Überblick, wie in Zukunft in Deutschland geheizt werden soll.
Neu eingebaute Heizungen sollen ab 1. Januar 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden können.
Die Regelung gilt vorerst nur für Neubaugebiete.
Für Bestandsbauten soll erst eine kommunale Wärmeplanung erarbeitet werden.
Es gibt keine sofortige Austauschpflicht für bestehende Heizungen.
Defekte Gas- oder Ölheizungen dürfen repariert werden, bei Havarien gibt es Übergangsfristen von bis zu 13 Jahren.
Der Staat kann 30 bis 70 Prozent der Kosten durch Förderung übernehmen.
Holzheizungen bleiben weiterhin erlaubt.
Vermieter können die Kosten für eine neue Heizung anteilig über Mieterhöhungen umlegen.
Die heftig diskutierte Reform des Gebäudeenergiegesetzes ist vom Bundestag verabschiedet worden. Im parlamentarischen Verfahren wurden die strengen Vorgaben beim künftigen Heizungstausch mittlerweile entschärft.
Viele Hausbesitzer treiben trotzdem die Frage um, ob sie nun sofort am 1. Januar 2024 ihre Heizung tauschen müssen und was passiert, wenn sie sich eine Wärmepumpe nicht leisten können. Viele dieser Sorgen sind weiterhin nicht nötig, meint Heizungsexpertin Sandra Duy:
Mit dem Heizungsgesetz will die Bundesregierung den Austausch von Öl- und Gasheizungen vorantreiben. Es gibt ständige Änderungen von gesetzlichen Rahmenbedingungen: Wie wird diese Aufgabe gemeistert?08.09.2023 | 3:36 min
Doch was genau steht in den Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD)? Ein Überblick, was auf den einzelnen zukommen kann:
Wie viele Menschen sind von dem Gesetzentwurf betroffen?
Die "Novelle des Gebäudeenergiegesetzes" betrifft nahezu jeden Menschen in Deutschland. Lediglich drei Prozent der knapp 41 Millionen Haushalte heizen bisher mit einer Wärmepumpe oder einer Stromdirektheizung. Mehr als 80 Prozent der Wärme wird aktuell noch durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern erzeugt. All diese Haushalte müssen sich in Zukunft überlegen, wie sie weg von Öl und Erdgas kommen wollen.
Was steht im Gesetzentwurf?
Mit der Reform soll der schrittweise Ausstieg aus Gas und Öl beim Heizen festgeschrieben werden, damit die Energiewende im Gebäudebereich bis 2045 gelingt. Im Kern besagt der Gesetzentwurf folgendes:
Wer ab 2024 eine neue Heizung einbaut, muss einen Weg finden, seinen Wärmebedarf zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien abzudecken. Klassische Öl- und Gasheizungen können dies im Regelfall nicht leisten. Die Vorgabe kann durch eine Wärmepumpe erreicht werden, durch Solarthermie, aber auch durch eine Gasheizung, die grüne Gase wie Biomethan oder Wasserstoff nutzt. Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen nach Ansicht der Bundesregierung ebenfalls die 65-Prozent-Vorgabe und dürfen ausnahmslos weiter betrieben werden.
Die Vorgaben sollen aber für die meisten Gebäude sehr viel später greifen als zunächst geplant. Außerdem gibt es zahlreiche Ausnahmen. Der Einbau von Gas- und sogar Ölheizungen bleibt so in vielen Fällen noch einige Zeit möglich.
Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden. Es gibt also keine sofortige Austauschpflicht. Geht etwas an der Heizung kaputt, darf es repariert werden.
Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung nicht mehr repariert werden kann (Heizungshavarie), haben die Besitzer*innen drei Jahre Zeit, eine klimafreundlichere Alternative einzubauen. In der Übergangszeit kann nochmal eine gebrauchte Heizung mit fossilen Brennstoffen genutzt werden. Im Bundeswirtschaftsministerium hofft man, dass sich ein Markt mit gebrauchten Heizungen oder Mietmodellen rasch entwickeln wird.
Welche Sonderregelungen gibt es?
Der Gesetzentwurf sieht diverse Ausnahmen und Sonderregelungen vor:
Sollte in absehbarer Zeit der Anschluss an ein Wärmenetz möglich sein, darf noch zehn Jahre lang eine Heizung genutzt werden, die die "Heizen mit Erneuerbaren"-Vorgabe nicht erfüllt. Zur Planung soll eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung erarbeitet werden. Großstädte ab 100.000 Einwohnern sollen eine verpflichtende Wärmeplanung bis Juli 2026 vorlegen, kleinere Städte bis Juli 2028. Solange die noch nicht vorliegt, gelten die Regeln des GEG auch noch nicht und es dürfen auch nach dem 1. Januar 2024 noch Gasheizungen eingebaut werden, wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind.
Wer nach dem 1. Januar 2024, aber bevor die neuen GEG-Regeln gelten, eine Gasheizung einbaut, muss diese ab 2029 zu anteilig 15 Prozent mit klimaneutralem Gas etwa aus Biomasse oder Wasserstoff betreiben. Dieser Pflichtanteil steigt 2035 auf 30 Prozent und 2040 auf 60 Prozent. Wenn die GEG-Regeln bereits gelten, ist der Einbau einer Gasheizung noch erlaubt, wenn sie auf Wasserstoff umgestellt werden kann und die Wärmeplanung der Kommune ein entsprechendes Versorgungsnetz vorsieht.
Auch in Mehrfamilienhäusern gelten längere Fristen: Hier haben die Eigentümer drei Jahre Zeit, um zu entscheiden, wie in Zukunft geheizt werden soll. Beim Umbau von etwa Gasetagenheizung auf Zentralheizung sind dann nochmal zehn Jahre Zeit.
Befreit von der Pflicht zum Umbau sind Menschen, die Sozialleistungen beziehen und Hausbesitzer*innen, bei denen die Kosten für den Umbau den Wert der Immobilie übersteigen. Ursprünglich sollten auch Menschen, die älter als 80 Jahre alt sind, befreit sein. Dieser Teil wurde aus dem Gesetzesentwurf aber gestrichen.
Was wird gemacht, um den Umstieg zu beschleunigen?
Um Menschen vor Fehlinvestitionen zu schützen, sollen verpflichtende Beratungsgespräche vor dem Verkauf von Öl- oder Gasheizungen eingeführt werden. Gerade beim Gaspreis rechnen Experten in den kommenden Jahren mit einem starken Anstieg, da die Abgabe für die CO2-Emissionen steigen wird. Außerdem soll es eine "Aufklärungskampagne" zu eben jener CO2-Bepreisung und dem Klimaschutzgesetz geben.
Ab kommendem Jahr dürfen nur noch neue Heizungen eingebaut werden, die mit 65% erneuerbaren Energien zu betreiben sind. So hat es die Ampelkoalition letzte Woche beschlossen. Doch viele Details sind noch unklar.03.04.2023 | 2:03 min
Gibt es Fördergelder für den Umbau?
Die vom Bund geplante Wärmewende wird eine enorme finanzielle Herausforderung: Laut einer Studie der paritätischen Forschungsstelle und des BUND könnte die Investition rund 17 Millionen Eigentümer*innen, die im eigenen Haus leben und keine weiteren Immobilien besitzen, finanziell überfordern.
Die Regeln zur finanziellen Förderung sind zwar nicht im GEG enthalten, die Ampel-Fraktionen haben sich aber in einer begleitenden Entschließung darauf verständigt, den maximalen Fördersatz auf 70 Prozent aufzustocken und um eine soziale Komponente zu ergänzen. Grundsätzlich sollen Hausbesitzer beim Umrüsten auf eine klimafreundlichere Heizung demnach mit 30 Prozent der Kosten unterstützt werden.
Wer im Eigenheim wohnt, soll außerdem noch 20 Prozent "Klima-Geschwindigkeitsbonus" beantragen können, der sich ab 2028 alle zwei Jahre um drei Prozentpunkte reduziert. Wer über weniger als 40.000 Euro zu versteuerndes Haushaltseinkommen verfügt, soll weitere 30 Prozent Förderung erhalten können.
Die drei Förderkomponenten können kombiniert werden, sind zusammengenommen aber bei 70 Prozent sowie einer maximalen Fördersumme gedeckelt. Für Einfamilienhäuser sind Kosten bis 30.000 Euro förderwürdig, die maximale Fördersumme liegt also bei 21.000 Euro. Bei neuen Gasheizungen kommen lediglich die zusätzlichen Kosten für die potenzielle Umrüstung auf Wasserstoff für die Förderung infrage.
Wärmepumpen in Haus oder Wohnung sollen bei der Energiewende helfen. Für den privaten Umstieg gibt’s vom Bund Zuschüsse. Weitere Zuschüsse bieten auch die Länder - nur nicht alle.
von Mario Shabaviz
Ein gewisser finanzieller Anreiz wird sich auch über den Preis für fossile Brennstoffe entwickeln: Heizöl, Diesel, Benzin und Erdgas werden ab 2027 stetig teurer werden durch den neuen Emissionshandel der EU. Der Umstieg wird dann von Jahr zu Jahr rentabler.
Was kommt auf Mieter und Vermieter zu?
Vermieter können die Kosten für eine neue Heizung anteilig über Mieterhöhungen umlegen. Diese Möglichkeit soll aber begrenzt werden auf zehn Prozent der Kosten. Dafür müssen Vermieter staatliche Förderung in Anspruch nehmen und diese vom Kostenanteil der Mieter abziehen. Wer auf staatliche Förderung verzichtet, soll maximal acht Prozent der Kosten umlegen können.
In beiden Fällen darf die Miete beim Heizungstausch um maximal 50 Cent pro Quadratmeter steigen - bislang lag dieser Grenzwert bei drei Euro. Bei weiteren Modernisierungsarbeiten - etwa neue Fenster oder Isolierung - darf die Miete auch stärker steigen: um maximal drei Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen Härtefallregelungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen.