Frankreich: Krawalle lassen nach, Macron plant Gespräch

    Krawalle lassen allmählich nach:Frankreich: Macron lädt zu Krisengespräch

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    Tausende brennende Autos und Häuser, viele Verletzte: die Bilanz der Krawallnächte in Frankreich. Doch sie lassen nach. Präsident Macron will nun ein Krisengespräch einberufen.

    Präsident Emmanuel Macron will in dieser Woche mit den Parlamentspräsidenten und den Bürgermeistern betroffener Gemeinden beraten. Das teilte der Elysée-Palast nach einem Krisentreffen mit.
    Nach Angaben des Elysée-Palasts wollte Macron am Montag die Präsidentin der Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet, und den Präsidenten des Senats, Gérard Larcher, empfangen. Am Dienstag sei dann ein Treffen mit den Bürgermeistern von mehr als 220 Gemeinden geplant, in denen es Ausschreitungen gegeben habe. Macron habe zudem Premierministerin Elisabeth Borne gebeten, am Montag die Vorsitzenden der Fraktionen im Parlament zu empfangen.
    Macron wolle mit einer "sorgfältigen und längerfristigen Arbeit beginnen, um die Gründe, die zu diesen Ereignissen geführt haben, gründlich zu verstehen", erklärte das Präsidialamt. Die Regierung wolle erst die Ereignisse analysieren und dann Schlussfolgerungen ziehen.

    Solidaritätsbekundungen vor Rathäusern

    Zahlreiche Menschen versammelten sich am Montag vor Rathäusern, um ihre Solidarität mit Lokalregierungen zu zeigen, die Ziel der Unruhen geworden sind. Insgesamt sind 99 Rathäuser in Frankreich angegriffen worden, wie das Innenministerium mitteilte.
    Bisheriger schlimmer Höhepunkt und Anlass für die Solidaritätskundgebungen war der Angriff mit einem brennenden Auto auf das Wohnhaus des Bürgermeisters von L'Haÿ-les-Roses im Großraum Paris.

    Angriff auf Bürgermeister-Haus: Ermittlungen wegen "Mordversuch"

    Nach Angaben des zuständigen Staatsanwalts Stéphane Hardouin drang ein brennendes Fahrzeug auf das Grundstück vor. Offenbar sollte es das Haus in Brand setzen, doch es wurde laut dem Staatsanwalt von einer kleinen Mauer gestoppt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen "Mordversuchs".
    Zu dem Zeitpunkt hielt sich Jeanbrun wegen der anhaltenden nächtlichen Unruhen im Rathaus auf, doch seine Frau und seine beiden fünf und sieben Jahre alten Kinder schliefen in dem Haus. Sie flüchteten in Panik.
    Zuvor hatte in dem Ort bereits die Markthalle gebrannt, die Eingangshalle des Rathauses war zerstört worden. Bürgermeister Vincent Jeanbrun ließ das Rathaus mit Stacheldraht schützen und forderte, den nationalen Ausnahmezustand auszurufen.
    Die jungen Randalierer hätten keine politischen Forderungen - hier sei vor allem Wut im Spiel, sagt Politikwissenschaftlerin Claire Demesmay:

    Krawalle ebben allmählich ab

    Nach tagelangen Unruhen schien die Welle der Gewalt auf Frankreichs Straßen in der Nacht zu Montag langsam abzuebben. Nach Angaben des Innenministeriums gab es bis Mitternacht 49 Festnahmen - deutlich weniger als in den vorherigen Nächten zu diesem Zeitpunkt.
    Laut Quellen des Fernsehsenders BFMTV kamen bis 1:30 Uhr weitere 29 Festnahmen hinzu. Zwar gab es auch diesmal wieder einige Krawalle, etwa in Lyon, wo die Polizei gegen eine rechtsextreme Gruppe Tränengas einsetzte. Gemessen an den heftigen Unruhen der vergangenen Tage mit Bildern Hunderter brennender Autos und Gebäude sowie teils mehr als 1.000 Festnahmen während der Nachtstunden blieb es aber relativ ruhig.
    Auf Anordnung von Innenminister Gérald Darmanin waren wieder 45.000 Sicherheitskräfte im ganzen Land im Einsatz. Seine Bilanz der fünf vorhergehenden Nächte:
    • 5.000 brennende Autos
    • 10.000 brennende Mülleimer
    • fast 1.000 in Brand gesetzte oder beschädigte Gebäude
    • 250 Angriffe auf Polizeiwachen
    • mehr als 700 verletzte Sicherheitskräfte.
    Auch wenn die Gewalt nachgelassen habe, hätten die Wogen sich noch lange nicht geglättet, hieß es am Montag von der Regierung.
    Die Regierung in Paris hat bislang "keine angemessene Strategie" gefunden, sagte zuletzt ZDF-Korrespondent Thomas Walde:

    Staatsbesuch in Deutschland abgesagt

    Die anhaltenden Unruhen haben Macrons Regierung nach den Protesten der Gelbwesten und gegen seine Rentenreform in eine weitere schwere Krise gestürzt. Am Samstag sah sich der Präsident gezwungen, seinen ab Sonntag geplanten Staatsbesuch in Deutschland abzusagen. Stattdessen setzte er für Sonntagabend eine Krisensitzung an. Zudem wurde ein ständiger Krisenstab eingerichtet.
    Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, wurde am Samstag in seiner Heimatstadt Nanterre beigesetzt. Seine Großmutter rief dazu auf, die Randalen zu beenden.
    Der mutmaßliche Schütze befindet sich in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags gegen ihn.
    Quelle: AFP, dpa

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