Neue Krawalle in Frankreich:Paris: Nacht ruhiger - Hunderte Festnahmen
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Wieder Krawalle in Frankreich mit zahlreichen Polizisten im Einsatz: Doch Paris spricht von einer ruhigeren Nacht. Trotzdem seien mindestens 719 Personen festgenommen worden.
In Frankreich ist es nach dem Tod eines 17-Jährigen bei einem Polizeieinsatz zur fünften Krawallnacht in Folge gekommen - mindestens 719 Menschen wurden laut Innenministerium festgenommen. 45 Polizisten und Gendarmen seien bei den Ausschreitungen verletzt worden, hieß es weiter.
Zunächst hatte Innenminister Gérald Darmanin auf Twitter von mindestens 427 Festnahmen berichtet. Trotz alledem sei die Nacht "dank des entschlossenen Vorgehens der Ordnungskräfte" eine ruhigere gewesen.
Tweet von Innenminister Darmanin
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Premierministerin Élisabeth Borne lobte die Einsatzkräfte: Angesichts der Gewalttätigkeiten zeigten sie beispielhaften Mut, schrieb sie auf Twitter. 45.000 Polizisten und Tausende Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen, um die Ordnung zu schützen. Allerdings kam es vor allem in Paris, Marseille und Lyon erneut zu Krawallen, Plünderungen und Sachbeschädigungen.
Starke Kontrollen in Frankreich
Örtliche Behörden im gesamten Land hatten Demonstrationen verboten, Veranstaltungen und öffentliche Feiern wurden abgesagt. Außerdem ordneten sie an, dass die öffentlichen Verkehrsmittel am Abend nicht mehr fahren durften. In Paris wurde der Place de la Concorde geräumt, nachdem es in sozialen Medien einen Aufruf zu Protesten auf dem größten Platz der Hauptstadt gegeben hatte.
Auf der Prachtstraße Champs Elysees, normalerweise voller Touristen, zeigte die Polizei eine starke Präsenz und führte Kontrollen durch. Kleine Gruppen von in Schwarz gekleideten jungen Männern liefen unter den Augen der Polizisten an den Geschäften entlang, die durch Gitter und Holzplanken vor Plünderungen geschützt waren. Gegen 1.30 Uhr begannen die Sicherheitskräfte damit, die letzten verbliebenen Gruppen von Protestierenden aufzulösen.
Proteste auch in die Schweiz übergegriffen
Nun erreichten die Proteste auch die Schweiz. Die Polizei nahm am Samstagabend in der Stadt Lausanne nahe der Grenze zu Frankreich sieben Menschen fest, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete. Nach Angaben der Polizei hatten sich mehr als 100 Jugendliche als Reaktion auf die Krawalle in Frankreich versammelt.
Es kam zu Sachbeschädigungen an Geschäften. Die sieben Festgenommenen seien auf eine Polizeistation gebracht worden, hieß es in einer Mitteilung der Polizei weiter. Es handle sich um sechs Minderjährige im Alter von 15 bis 17 Jahren und einen 24-Jährigen.
Macron sagt Deutschlandbesuch ab
Wegen der Ausschreitungen sagte Präsident Emmanuel Macron seinen geplanten Deutschlandbesuch ab. ZDF-Korrespondent Thomas Walde wertete diese Entscheidung als "Eingeständnis, dass der Élysée selbst mit weiteren Krawallen und Ausschreitungen" rechne und dass man "mehr unternehmen" müsse.
Daran aber hapere es, sagt Walde. Es werde nur reagiert, statt aktiv etwas zu unternehmen. Walde nennt beispielhaft die Entscheidung, aufs Neue Zehntausende Polizisten einzusetzen oder auch die Drohung an die Eltern straffälliger Jugendlicher.
ZDF-Korrespondent: Paris hat keine Strategie
Wovor sich die Regierung dagegen offenbar scheue, sei es, einen Notstand auszurufen. Dieser würde den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse geben. "Das wäre ein Eingeständnis aber des bisherigen Scheiterns", analysiert der langjährige Leiter des ZDF-Studios in Paris.
Sehen Sie hier das ganze Gespräch von heute-journal-Moderatorin Mariette Slomka mit ZDF-Korrespondent Thomas Walde:
Bei den seit Tagen andauernden Krawallen in Frankreich ist erheblicher Sachschaden entstanden. Finanzminister Bruno Le Maire gab bekannt, dass seit Dienstag mehr als 700 Läden, Supermärkte, Restaurants und Bankfilialen geplündert oder sogar zerstört worden seien. Mehr als 1.300 Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge am Vortag festgenommen.
Tödliche Polizeikontrolle entfacht Proteste
Ausgelöst wurden die Krawalle durch den Tod eines 17-Jährigen nordafrikanischer Abstammung, der am Dienstag von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden war.
Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris hatte den jungen Mann am Morgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als er plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der Dienstwaffe eines Polizisten, gegen den inzwischen wegen Totschlags ermittelt wird. Der Vorfall löste landesweit Bestürzung aus.
Quelle: ZDF, dpa, Reuters, AFP
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Lisa Louis, Paris