EU-Aktionsplan für Stahl: "Ohne Stahl keine Verteidigung"

    Aktionsplan für die Industrie:EU-Plan: "Ohne Stahl keine Verteidigung"

    von Lara Wiedeking und Anna Pettini
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    Ohne Stahl keine Panzer - und ohne Panzer steht die EU-Verteidigungsfähigkeit auf der Kippe. Deshalb hat die EU jetzt einen Aktionsplan Stahl initiiert. An dem gibt es aber Kritik.

    Der EU-Kommissar für Verteidigung und Weltraum, Andrius Kubilius, spricht während einer Pressekonferenz zum Papier zur Zukunft der europäischen Verteidigung und dem REARM-Europa-Plan.
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    Das Fazit ist dramatisch: Während in großen Teilen der Welt die Stahlproduktion wächst - wie in Indien oder China - sinkt sie in Europa, und das drastisch: allein in den vergangenen 20 Jahren um über 30 Prozent. Es ist ein Problem, das sich seit Jahren anbahnt. Umso überraschender wirkt es, dass die EU-Kommission innerhalb von wenigen Wochen dafür einen "Aktionsplan" vorgestellt hat. Wenn die Lösung doch so einfach ist - woran hat es dann gehapert?

    EU-Aktionsplan für Stahl: Kritik am Inhalt

    Vielleicht ist es gar nicht so einfach: Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen, kritisiert: "Die Kommission hat sich nicht genügend Zeit genommen, sie macht jetzt extrem schnell und trotzdem gibt es keine konkreten Handlungen und Gesetze, die daraus folgen." Er fasst zusammen:

    Es sind viele Ankündigungen, viele Worte, aber wenig Taten und das ist genau das Problem.

    Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen

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    Ein Teil des Plans sieht vor, dass Mitgliedsstaaten leichter Steuern auf Energie senken können sollen, und so mehr günstige und saubere Energie bereitstellen. Das wirkt natürlich nur, wenn die EU-Länder das auch abrufen.

    Die Stahlindustrie, die braucht jetzt ganz konkrete Hilfen, ganz konkrete Unterstützung, auch dass sie langfristig wettbewerbsfähig werden.

    Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen

    Auch beim Schutz vor Dumping aus dem Ausland fehlt es an konkreten Ideen, es sind viele Absichtserklärungen. Ein Punkt: Bisher versuchen Stahl-Produzenten EU-Einfuhrbestimmungen zu umgehen, indem sie Teile der Produktion in andere Drittstaaten verlegen, dieses Schlupfloch soll künftig geschlossen werden. Alt-Metall wird derzeit in großen Mengen in Drittstaaten verkauft, dabei ist es viel energieeffizienter, diese Alt-Metalle erneut zu bearbeiten. Darum soll es mehr Recycling innerhalb der EU geben.
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    China drängt mit Macht in den Markt

    Auch Axel Eggert von der Europäischen Stahlgemeinschaft hätte sich gewünscht, dass die EU-Kommission früher reagiert, aber: "Es kommt zu einem Zeitpunkt, wo wir durch die Maßnahmen der USA - ihren eigenen Stahlmarkt komplett abzuschotten - damit rechnen müssen, dass andere Länder noch weitere Millionen Tonnen nach Europa schicken."

    Da kommt das doch tatsächlich jetzt auch endlich zu einem Zeitpunkt, wo man noch gegensteuern kann.

    Axel Eggert, European Steel Association (Eurofer)

    Hat die Europäische Union im Jahr 2003 noch rund 190 Millionen Tonnen Rohstahl produziert, waren es 20 Jahre später nur noch 126 Millionen Tonnen. Vor allem China drückt mit billigen, heruntersubventionierten Stahlerzeugnissen in den Markt.
    Besonders dagegen wolle die EU-Kommission vorgehen, betont der zuständige EU-Kommissar Stéphane Séjourné im Gespräch mit ZDFheute: "Wenn es in anderen Ländern Subventionen für Strom, Arbeit und Exporte gibt und diese dann auf den europäischen Markt drängen, muss unser Markt natürlich geschützt werden." Er kündigt an:

    Ab dem 1. April werden wir darum bestehende Maßnahmen stärken – so wird fünfzehn Prozent weniger Stahl in den europäischen Markt gelangen.

    Stéphane Séjourné, EU-Kommissar

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    Stahl als wichtiges Mittel für Verteidigungsfähigkeit

    Das sei auch ein Sicherheitsrisiko, besonders jetzt, wo die EU aufrüsten möchte: "Ohne Stahl wird es auch keine Verteidigung geben, das ist ganz klar. Es wird zum Beispiel für U-Boote oder für den Strombereich keine Transformatoren geben, wenn wir diesen Stahl dafür nicht herstellen."

    Wenn Europa abhängig werden sollte, dann wären wir natürlich auch in der Verteidigung abhängig, und das sollte nicht passieren.

    Axel Eggert, European Steel Association (Eurofer)

    Ein Problem wird bleiben: die globale Überproduktion. Es wird mehr Stahl hergestellt, als gebraucht wird. Doch vielleicht wird auch mit den Investitionen in die deutsche Infrastruktur und in die europäische Aufrüstung die Nachfrage nach "Steel made in Europe" steigen.
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