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Asylkompromiss:Polen und Ungarn fliehen aus der Solidarität
von Alexandra Biehl, Ulf Röller
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Victor Orban spricht von "Migrationskrieg", der Regierungschef Luxemburgs droht, künftig nicht mehr zu kommen. Beim Thema Migration brodelt es auf dem EU-Gipfel. Was das bedeutet.
Wer ein Sittengemälde dieses EU-Gipfels zeichnen will, sollte mit der berühmten Wasserglas-Frage beginnen. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Die Regierungschefs haben nach jahrelangen Verhandlungen einen Asylkompromiss, den die Innenminister mit Mehrheit beschlossen haben.
Damit gibt es eine Position des EU-Rats, um nun mit dem Europäischen Parlament zusammen einen endgültigen Kompromiss zu finden. Für die Pragmatiker in Europa ist dies ein Erfolg, also das Glas ist halb voll.
Der EU-Gipfel signalisiert volle Unterstützung für die Ukraine – Ungarn blockiert jedoch weitere 500 Millionen Euro Militärhilfe. Auch der Asylkompromiss steht auf der Kippe.30.06.2023 | 1:56 min
Einigung auf der Kippe? Wie Polen und Ungarn den Asylkompromiss boykottieren:
Orban sieht "Migrationskrieg" im Brüsseler Sitzungssaal
Die anderen, nennen wir sie die Träumer, weil sie von einer Europäischen Union träumen, die an ihre demokratischen Prinzipien glaubt, ist das Glas halb leer. Denn die Polen und Ungarn missachten den Mehrheitswillen des EU-Rates. Sie haben klargemacht, keinen Kompromiss mitzutragen oder umzusetzen. Egal, was die EU am Ende entscheidet, sie wollen boykottieren. Sie drohen bereits jetzt an, sich an mögliche Gesetze zur Migration nicht zu halten.
Der ungarische Regierungschef spricht von einem "Migrationskrieg" im Brüsseler Sitzungssaal. Ungarn und Polen bleiben bei ihrem Widerstand, weder Flüchtlinge aufzunehmen noch Strafzahlungen zu akzeptieren, wenn sie keine aufnehmen. Die drastische Sprache zeigt, wie brutal die Diskussion in Europa geführt wird.
ZDF-Korrespondent Ulf Röller berichtet von "viel Gift innerhalb der EU":
Scholz erträgt Widerstand Polens und Ungarns störrisch
Für die Fraktion, die das Glas als halb voll sieht, steht auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Er vermied in seiner Pressekonferenz jegliche Kritik an Polens und Ungarns Verhalten. Nur vorsichtig ließ er erkennen, dass die Solidarität in Europa funktionieren kann, wenn alle mitmachen. Aber am Ende handelt der Kanzler, wie wohl viele in der EU nach zwei sehr bekannten Devisen in der Politik: Mehrheit ist Mehrheit. Und: Entscheidend ist, was hinten rauskommt.
Beides stimmt für den Kanzler. Denn: Weder Polen noch Ungarn haben die Macht den Asylkompromiss in Europa zu verhindern.
Für einen Kompromiss werden Polen und Ungarn "nicht gebraucht", berichtet ZDF-Korrespondent Ulf Röller:
Die EU-Regierungschefs haben eine Mehrheit für ihren Asylkompromiss. Nun braucht man hoffentlich bis Ende des Jahres noch einen Erfolg bei den Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Und dann steht das Gesetz. Mit störrischer Ruhe erträgt Scholz die Angriffe Polens und Ungarns auf das europäische Rechtstaatsprinzip. Es ist nicht das erste Mal.
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Regierungschef droht: "… sonst komme ich nicht mehr"
Für die Fraktionen, die das Glas halb leer sehen, steht der luxemburgische Regierungschef Bettel. Bei ihm ist wohl heute das Fass übergelaufen. Er konnte die ständigen Tabubrüche Polens und Ungarns nicht mehr ertragen.
Vor laufenden Kameras macht er klar: Wenn sich die Staaten nicht mehr an Absprachen und Mehrheitsentscheidungen halten, dann kann jeder machen, was er will. Dann hat Europa ein Problem. Er sieht wohl im Verhalten Polens und Ungarns einen Angriff auf demokratische Prinzipien. Bettel wörtlich:
"Viele Länder sind nicht wirklich überzeugt von einem härteren Kurs gegenüber China. Man macht schließlich gute Geschäfte mit dem Land," sagt Florian Neuhann, ZDF-Korrespondent.30.06.2023 | 2:43 min
Auch die China-Politik der EU stand auf der Agenda des Gipfels. Warum "De-Risking" dabei ein Zauberwort ist:
Wird der Tabubruch zur Normalität in der EU?
Wer von beiden Fraktionen recht hat, wird die Zukunft zeigen. Ist die Aufregung über den Streit auf dem Gipfel über die Migration, um im Bild zu bleiben, nur ein Sturm im Wasserglas und am Ende zählt, dass es einen europäischen Migrationspakt gibt. Oder ist dieser Streit der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Haben Polen und Ungarn einmal zu viel den Tabubruch vollzogen und die demokratischen Spielregeln ignoriert? Werden sie jetzt machen, was sie wollen? Wird der Tabubruch zur Normalität? Dann wäre in Europa Land unter.
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