Neue Trump-Anklage erwartet: Darum geht es in Georgia
Wahlfälschung in Georgia?:Neue Trump-Anklage erwartet: Darum geht es
|
Zwei strafrechtliche Anklagen laufen gegen ihn bereits, jetzt droht Ex-US-Präsident Trump auch ein Verfahren in Georgia. Der Vorwurf: mögliche Wahlfälschung.
Alles ist vorbereitet: Schon jetzt säumen Absperrungen den Bürgersteig vor dem Lewis R. Slaton Courthouse, wo Donald Trump angeklagt werden soll.
Quelle: AFP
Alles deutet darauf hin, dass der ehemalige US-Präsident Donald Trump in Kürze im Bundesstaat Georgia angeklagt wird - in diesem Fall im Zusammenhang mit Vorwürfen einer versuchten Verfälschung des Wahlergebnisses von 2020.
Ermittlungen vor zwei Jahren begonnen
Bezirksstaatsanwältin Fani Willis, zuständig für Fulton County, hatte ihre Ermittlungen vor mehr als zwei Jahren aufgenommen, kurz nachdem die Aufzeichnung eines Telefonanrufes von Trump bei Georgias Wahlbeauftragtem vom Januar 2021 publik gemacht worden war.
Willis hat durchblicken lassen, dass eine Anklage durch eine Grand Jury bis zum 18. August zu erwarten ist.
04.01.2021 | 2:30 min
Die Ermittlungen wurden durch einen Trump-Anruf am 2. Januar 2021 bei Brad Raffensperger ausgelöst, dessen Job als Secretary of State dem eines Innenministers gleicht. Darin deutete der Ex-Präsident an, dass Raffensperger helfen könne, die Stimmen zu "finden", die er benötigte, um in Georgia den Demokraten Joe Biden zu schlagen. "Alles, was ich tun möchte, ist das: Ich will 11.780 Stimmen finden, das ist eine mehr als wir haben... Denn wir haben den Staat gewonnen", ist Trump in der Medien zugespielten Aufnahme zu hören. Er beharrt darauf, nichts Falsches getan zu haben.
Trump hat in seinem Bestreben, das Wahlergebnis zu kippen, auch andere ranghohe Vertreter des Bundesstaates angerufen, so Gouverneur Brian Kemp, den damaligen Vorsitzenden des staatlichen Repräsentantenhauses, David Ralston, und Justizminister Chris Carr. Auch der republikanische US-Senator Lindsey Graham aus South Carolina hat sich kurz nach der Wahl im November 2020 an Raffensperger gewandt. Nach dessen Angaben fragte Graham ihn, ob er die Befugnis habe, bestimmte Briefwahlstimmen abzulehnen, was er - Raffensperger - als Wink verstanden habe, rechtmäßig abgegebene Stimmen zu verwerfen.
In den USA wird das Staatsoberhaupt nicht direkt gewählt, sondern durch ein Electoral College. Das ist ein Gremium von Wahlleuten, die jeweils einen bestimmten Bundesstaat repräsentieren und ihre Stimme in der Regel gemäß dem dortigen Wahlausgang abgeben. Wie viele Stimmen ein Staat hat, hängt jeweils von der Bevölkerungsgröße ab. Biden gewann in Georgia mit einem Vorsprung von weniger als 12.000 Stimmen. Rund einen Monat nach der Wahl, am 14. Dezember 2020, traf sich eine Gruppe von 16 rechtmäßigen demokratischen Wahlleuten, um offiziell jene Stimmen abzugeben, über die dieser Bundesstaat im Electoral College verfügt. Am selben Tag kamen an einem anderen Ort 16 prominente Republikaner aus dem Bundesstaat zusammen, die ein Zertifikat unterzeichneten, dem zufolge Trump die Wahl gewann. Sie erklärten sich selbst zu "rechtmäßig gewählten und qualifizierten" Wahlleuten und schickten ihr Zertifikat an den US-Senat.
Derartige Vorgänge gab es in insgesamt sieben Swing States, in denen Trump verloren hatte. Trump-Verbündete im Washingtoner Repräsentantenhaus und Senat wollten diese falschen Dokumente benutzen, um eine offizielle Beglaubigung des Wahlergebnisses in einer gemeinsamen Sitzung beider Kongresskammern am 6. Januar 2021 zu blockieren.Aber das gelang ihnen nicht. Trotz öffentlichen Druckes von Trump und Verbündeten weigerte sich der damalige Vizepräsident Mike Pence in seiner Funktion als Senatsvorsitzender, auf die inoffiziellen Pro-Trump-Wahlleute einzugehen. Nach einer Verzögerung auf Grund des Sturmes auf das Kapitol wurde Bidens Sieg offiziell beglaubigt.
Republikanische staatliche Parlamentarier hielten im Dezember 2020 mehrere Anhörungen im Kapitol in Atlanta ab, um angebliche Probleme bei der Wahl zu untersuchen. Während dieser Treffen äußerten der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani und andere Trump-Verbündete Vorwürfe verbreiteter Wahlbetrügereien. Unter anderem behaupteten sie, dass Wahlhelfer, die in der State Farm Arena in Atlanta Briefwahlstimmen auszählten, außenstehende Wahlbeobachter weggeschickt und dann "Koffer" mit falschen Stimmen geöffnet und diese Wahlzettel dann gescannt hätten.
Trump-Verbündete veröffentlichten Clips aus einem Überwachungsvideo aus der Arena, um ihre - grundlosen - Vorwürfe zu untermauern. Auch sollen Tausende von Leuten, die nicht wahlberechtigt gewesen seien, in Georgia mit abgestimmt haben. Bei Untersuchungen wurden in keinem dieser Fälle Beweise für Betrug gefunden.
Zwei Wahllhelferinnen in der State Farm Arena, die im Überwachungsvideo zu sehen waren, berichteten, dass sie als Folge der Vorwürfe Trumps und Verbündeter online und in Person unablässig belästigt und beschimpft worden seien. Laut Gerichtspapieren hat eine Frau sogar versucht, direkt Druck auf eine der Helferinnen auszuüben, um sie zu einem - falschen - Betrugseingeständnis zu bringen. Giuliani hat mittlerweile eingeräumt, dass Behauptungen, die er über die Helferinnen gemacht hatte, falsch gewesen seien.
Die mit Trump verbündete Anwältin Sidney Powell und andere heuerten ein auf Computer spezialisiertes kriminaltechnisches Team an, um Daten und Software in elektronischer Wahlausrüstung im Bezirk Coffee zu kopieren, wie aus E-Mails, Überwachungsvideos und Zeugenaussagen hervorgeht. Demnach wurde das Team bei seiner Ankunft im örtlichen Wahlbüro am 7. Januar 2021 vom damaligen Vorsitzenden der Republikanischen Partei in dem Bezirk, der auch zu den falschen Wahlleuten zählte, in Empfang genommen. Der Besuch dauerte einen ganzen Tag. (Quelle: AP)
Dritte Anklage gegen Trump
Kommt es dazu, wäre es die dritte Anklage gegen Trump, der sich erneut um die Präsidentschaft bewirbt:
Im März kommenden Jahres soll ein Prozess ebenfalls auf staatlicher Ebene in New York beginnen, bei dem es um den Vorwurf von Schweigegeldzahlungenwährend Trumps Wahlkampf 2016 geht.
Außerdem ist - vorläufig - für den nächsten Mai ein Bundesverfahren im Zusammenhang mit Trumps Umgang mit Geheimdokumenten nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt angesetzt.
In beiden Fällen hat Trump sich "nicht schuldig" bekannt.
Zudem untersucht das Justizministerium Trumps Rolle bei Versuchen, die Beglaubigung der Wahlergebnisse von 2020 im Vorfeld des Sturmes auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zu stoppen.
Es gilt als wahrscheinlich, dass auch in diesem Fall, der sich teilweise mit dem in Georgia überschneidet, eine Anklage bevorsteht.
Strafverfolgung wegen organisierter Verbrechen?
Publik gewordene Details über die Ermittlungen in Georgia haben Spekulationen genährt, dass Willis, eine Demokratin, eine Anklage unter dem sogenannten RICO-Gesetz anstrebt, das sich auf die Strafverfolgung organisierter Verbrechen und krimineller Organisationen bezieht.
Das würde es der Staatsanwältin ermöglichen, gleich einer Reihe von Personen wegen einer potenziell weitreichenden Verschwörung - in diesem Fall Trump und Verbündeten - den Prozess zu machen.
Wahlkampf oder gar Regieren aus dem Gefängnis - geht das überhaupt? Sollte Donald Trump zu einer Haftstrafe verurteilt werden, wäre er nicht der erste Präsidentschaftskandidat.