Wiese-Vorhaben:Soziale Pflichtzeit rechtlich zulässig?
von Charlotte Greipl und Birgit Franke
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Immer wieder wird die Einführung einer sozialen Pflichtzeit diskutiert, zuletzt angestoßen von SPD-Fraktionsvize Wiese. Aber wäre eine solche Dienstpflicht rechtlich zulässig?
Die soziale Dienstpflicht ist rechtlich und politisch umstritten.
Quelle: Friso Gentsch dpa/lnw
Eine soziale Pflichtzeit findet SPD-Fraktionsvize im Bundestag Dirk Wiese sehr wichtig. Denn, so sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post", diese sei eine gute Möglichkeit, um wieder mehr Respekt im Umgang und ein stärkeres Miteinander im Land zu stärken.
Beides schwinde, so Wiese, "im täglichen Umgang und digital, in Freibädern, beim Nichtbilden von Rettungsgassen, im Alltag oder bei AfD-Trollen im Internet".
Hürden für Umsetzung des Dienstjahres
Wiese verwies auf das Engagement von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für eine soziale Pflichtzeit - eines der großen Projekte vom Bundespräsidenten. Die Meinungen in der Bevölkerung hingegen gehen bei dem Thema weit auseinander.
Doch wie sieht es mit der Umsetzung aus? Eine allgemeine Dienstzeit kann nicht so einfach eingeführt werden. Zum einen dürfte es schwierig werden, die Dienstpflicht zu organisieren, also geeignete Leute an geeignete Stellen zu vermitteln und für beide Seiten einen Mehrwert zu schaffen.
Zum anderen steht die Verfassung einer Einführung im Wege: Denn das Grundgesetz schützt vor Arbeitszwang. Arbeitszwang? Darum geht es: Möglichkeiten, sich freiwillig für die Gesellschaft zu engagieren, gibt es zuhauf - nach Wieses Vorstellung aber soll ein verpflichtender Dienst eingeführt werden.
Dienstpflicht: Grundgesetz schützt vor Arbeitszwang
Nach Artikel 12 des Grundgesetzes darf niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer "herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht". Darunter fällt zum Beispiel die Feuerwehrpflicht, die zurzeit in Gemeinden, die keine freiwillige Feuerwehr haben, besteht. Die von Wiese vorgeschlagene allgemeine Dienstzeit zählt allerdings nicht dazu.
Verfassung müsste für Pflichtdienst geändert werden
Aber: Auch die Verfassung kann geändert werden. Das wäre dann allerdings eine politische Entscheidung. SPD-Fraktionsvize Wiese erklärte, dass er die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einem Jahr angestoßene Debatte über den sozialen Pflichtdienst nach der Sommerpause weiterführen wolle - eine Ankündigung, die in seiner eigenen Fraktion Verwunderung auslöste.
Steinmeier hingegen begrüßt eine Pflichtzeit zwischen sechs Monaten und einem Jahr, die in unterschiedlichen Phasen des Lebens absolviert werden könne. Die Einsatzstellen könnten dabei breit gefächert sein: Der Dienst könnte etwa in sozialen Einrichtungen, in der Flüchtlingshilfe, in der Umwelt- und Klimaarbeit, im Katastrophenschutz oder auch bei der Bundeswehr geleistet werden.
Auch die Bundesbürger sind laut einer Umfrage mehrheitlich für einen Pflichtdienst, denn sie sehen darin einen Nutzen für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Laut dem im Juni veröffentlichten Ehrenamtsmonitor der Malteser befürworten 62 Prozent der Befragten ab 25 Jahren einen verpflichtenden Gesellschaftsdienst; nur 26 Prozent sind gegen die Einführung.
Pflichtjahr politisch umstritten
Politisch hingegen ist die soziale Pflichtzeit sehr umstritten. Und auch die Kirchen sind sich nicht einig. Möglicherweise könnte die Debatte am Ende dazu führen, dass bestehende Angebote der Freiwilligenarbeit ausgebaut werden und diejenigen, die einen solchen Dienst leisten, mehr Geld erhalten als das derzeit übliche Taschengeld von monatlich 438 Euro. Das wäre zwar etwas anderes als eine allgemeine, verpflichtende Dienstzeit, aber SPD-Politiker Wiese und auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hätten zumindest etwas erreicht.
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