Wahljahr 2024: Die Angst vor dem AfD-Durchmarsch im Osten
Wahljahr 2024:Die Angst vor dem AfD-Durchmarsch im Osten
von Christiane Hübscher
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Ein AfD-Ministerpräsident namens Höcke - ein Szenario, das zumindest nicht mehr völlig undenkbar ist. ZDFheute spricht mit Politprofis über die AfD-Wahlchancen in diesem Jahr.
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Und plötzlich sind es nur noch acht Monate bis zur Landtagswahl in Thüringen am 1. September. Der dortige AfD-Chef Björn Höcke hat beim vergangenen Landesparteitag das Ziel klar benannt: Man wolle "die Machtfrage stellen". Und schiebt im MDR-Interview hinterher: "Wenn wir wirklich in Richtung vierzig Prozent gehen sollten, dann kann man so eine starke Fraktion nicht mehr von der Regierung fernhalten."
Dabei fehlt der Rechtsaußen-Partei nicht nur in Thüringen weiter jede echte Machtoption, will doch keine andere Partei mit der AfD zusammenarbeiten. Dennoch, das Gespenst ist im Raum: Ein Ministerpräsident Höcke, kann das passieren?
Szenarien für einen AfD-Ministerpräsidenten Höcke
Politikberater Johannes Hillje beschreibt gegenüber ZDFheute gleich mehrere Szenarien dafür. "Sollten FDP und Grüne an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, könnte die AfD eine absolute Mehrheit im Landtag erreichen. Aber auch ohne absolute Mehrheit könnte Höcke in einem dritten Wahlgang gewählt werden, sollten sich die anderen Parteien nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen."
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Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Uni Kassel hält einen Ministerpräsidenten Höcke für wenig realistisch. "Wäre Thüringen ein eigenes souveränes Land, so wäre dies vorstellbar - als Teil der Bundesrepublik gegenwärtig nicht."
AfD im Osten klar vorn
Nicht nur die Thüringen-Wahl dürfte extrem spannend werden, auch die Sachsen wählen am selben Tag einen neuen Landtag - hier ist die aktuelle Regierung unter CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer stark gefährdet. Ende September folgt Brandenburg, wo die AfD ebenso vorne liegt.
Im ganzen Osten hat die AfD seit Monaten einen Lauf. Laut einer Verian-Umfrage im Auftrag des "Spiegel" würden in Ostdeutschland 32 Prozent die AfD wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Der erste wichtige Urnengang des Jahres aber kommt schon mit der Europawahl am 9. Juni, am selben Sonntag finden auch in allen fünf ostdeutschen Bundesländern Kommunalwahlen statt. Dabei könnte die AfD ihre Erfolgsserie fortsetzen und in zahlreiche Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte einziehen.
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Ist das Rennen also schon gelaufen?
Trotzdem sei alles noch offen, sagt Johannes Hillje. Der Wahlkampf und die dynamische politische Lage könnten noch vieles verändern.
Gerade in Thüringen dürfte es auf den amtierenden Ministerpräsidenten der Linken ankommen: "Ramelow ist mit Abstand der beliebteste Kandidat. Je mehr die Menschen über den nächsten Ministerpräsidenten nachdenken werden, desto wichtiger werden solche Beliebtheitswerte".
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Wolfgang Schroeder sieht das ähnlich: "Die Stimmung scheint gefestigt, ist aber nicht wirklich zementiert."
Jagt Wagenknecht der AfD Wählerstimmen ab?
"Sollte Wagenknechts Partei antreten, werden die Karten neu gemischt", ist sich Politikberater Hillje sicher. Sahra Wagenknecht hat noch nicht entschieden, ob sie mit ihrer neuen Partei, die sie in wenigen Tagen auch formal gründen will, bei den Ost-Wahlen antreten will. Niemand aus den anderen Parteien spricht es laut aus, aber es gibt sie, die Hoffnung, dass Wagenknecht der AfD ein paar entscheidende Prozente abjagen könnte.
Sich nur darauf verlassen, sei jedoch keine gute Idee, so Politikprofessor Schroeder. Alle anderen Parteien bräuchten dringend eine eigene positive Erzählung, die die Vorbehalte der Unentschlossen nicht ignoriere. Das sei "mindestens so wichtig, wie gegen Höcke zu mobilisieren", so Schroeder.
Politikwissenschaftler sieht Hausaufgaben für die Union
Wenn es dann doch passiert, braucht es den Schulterschluss der Demokraten gegen Rechtsextreme, sagt Johannes Hillje. Doch besonders Thüringen könnte nach der Wahl leicht in ein "Unregierbar-Szenario" rutschen, wenn die Union daran festhält, dass sie weder mit der Linken noch der AfD zusammenarbeite.
"Vor der Wahl könnte es für die CDU aus taktischen Gründen sinnvoll sein, zur Linken zu schweigen", so Hillje. "Denn bei jeder öffentlichen Festlegung müssen potenzielle Wechselwähler zwischen CDU und AfD mitbedacht werden."
Wolfgang Schroeder kritisiert eine zu starke Vergangenheitsfixierung bei der CDU. "Sie muss ihre Hausaufgaben machen und die eigene Partei für die zentralen Herausforderungen der Gegenwart öffnen, statt daraufzusetzen, von der SED-Vergangenheit der Linken zu profitieren."
Christiane Hübscher ist Korrespondentin im ZDF Hauptstadtstudio Berlin.