Schulze zu Aiwanger-Verbleib: "Sehr bitterer Tag für Bayern"

    Grüne über Aiwanger-Verbleib:Schulze: "Ein sehr bitterer Tag für Bayern"

    |

    Bayerns Grünen-Chefin Schulze kritisiert die Entscheidung von Ministerpräsident Söder, an seinem Vize Aiwanger festzuhalten. "Machterhalt und Taktik" seien wichtiger als Haltung.

    Katharina Schulze, Grünen-Chefin und Oppositionsführerin in Bayern, sieht die Angelegenheit um Hubert Aiwanger und ein antisemitisches Flugblatt beileibe nicht als erledigt an. Im ZDF heute journal kritisiert sie die Entscheidung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Aiwanger als seinen Vize nicht abzusetzen, deutlich:

    Ich finde, heute war ein sehr bitterer Tag für Bayern. Allein der Anschein von Antisemitismus in der bayerischen Staatsregierung schadet dem Ansehen Bayerns.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Im Gespräch mit dem ZDF wirft sie Söder weiter vor:

    Markus Söder hätte heute für Klarheit sorgen können. Er hat sich aber für Machterhalt und Taktik statt Haltung entschieden.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Schulze bemängelt Aiwangers Umgang mit Anschuldigungen

    In ihren Augen geht es um "Grundsätzliches", konkret um den demokratischen Grundkonsens. Die Frage laute: "Wie halten wir es mit der Erinnerungskultur?"
    Schulze stellt den Umgang von Aiwanger mit den Vorwürfen in Frage. Erst habe er alles von sich geschoben, dann sei die Wahrheit scheibchenweise ans Licht gekommen. Dann - erst nach großem Druck - habe es eine Entschuldigung gegeben.

    Und kaum hat er sich entschuldigt, hat er gleich eine Kampagne getwittert und ist jetzt wieder in den Angriffsmodus gestartet. Das alles ist für mich kein glaubhafter Umgang mit Verfehlungen in der Jugendzeit.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Markus Söder
    Im ZDF kritisiert Bayerns Ministerpräsident Söder die Medien. Die Geschichte im Fall Aiwanger sei auch anderen Medien angeboten worden, die sie allerdings nicht gedruckt hätten.03.09.2023 | 1:01 min

    Bayerische Grünen-Chefin: Aiwangers Antworten lassen Fragen offen

    Auch die Entschuldigung von Aiwanger lässt in den Augen von Schulze an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln: Wenn man die 25 Antworten durchlese, die der Freie-Wähler-Chef an CSU-Chef Söder geschickt habe, dann frage man sich an einigen Stellen, wie alles zusammenpasse.

    Auf der einen Seite sagt er, erinnert er sich an nichts. Und auf der anderen Seite beantwortet er eine Frage damit, dass es für ihn ein einschneidendes Erlebnis war.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Schulze sagte weiter: "Ich persönlich glaube, dass die Lebensrealität von Schülerinnen und Schülern nicht die ist, dass man ständig vor einem Disziplinarausschuss steht und sich dann nicht mehr daran erinnern zu können. Das wirkt auf mich und auch auf viele andere Menschen nicht sehr glaubwürdig."
    Söder hält an Aiwanger fest
    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder behält seinen Vize, Hubert Aiwanger, im Amt. Sehen Sie hier einen ersten Auszug aus dem ZDF-Sommerinterview.03.09.2023 | 2:24 min

    Schulze: Kampf gegen Antisemitismus geschwächt

    Aus Sicht von Schulze wird mit dem Verbleib Aiwangers im Amt der Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus geschwächt. Sie kritisiert: "Jeder, der jetzt in Zukunft was Antisemitisches sagt, kann sich dann eigentlich im Endeffekt auf den stellvertretenden Ministerpräsidenten in Bayern beziehen." Ihr Fazit:

    Für mich ist da heute was verrutscht im Umgang mit der Erinnerungskultur. Und dafür trägt auch Markus Söder Verantwortung.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Auf dem Bild ist Aiwanger bei einer Rede zu sehen.
    Trotz seiner Entschuldigung zu möglichen antisemitischen Verfehlungen fordert die Opposition weiter den Rücktritt Hubert Aiwangers. So kurz vor der Landtagswahl kommt die Affäre ungünstig für die Koalitionspartner.02.09.2023 | 4:22 min

    Für Grüne noch kein Schlussstrich

    Auf die Frage, was sie dazu sage, dass es an der Freien-Wähler-Basis offenbar viel Zustimmung für Aiwanger gebe, antwortete Schulze, dass sie mit vielen Menschen im Land Kontakt habe, die große Angst vor einem Rechtsruck hätten. Sie fürchteten, dass sich diese Affäre weiterentwickeln könne. Schulze sagt: "Und ich bekomme zum Beispiel ganz viele Zuschriften, wo sich die Leute wirklich Sorgen um unsere Demokratie machen."

    Ich glaube, auch diese Stimmen sollte man hören, auch als Ministerpräsident und auch als stellvertretender Ministerpräsident.

    Katharina Schulze, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag

    Für die Grünen in Bayern jedenfalls sei klar: Die Angelegenheit Aiwanger werde noch ein Nachspiel haben. Für kommenden Donnerstag haben die Grünen eine Sondersitzung des Landtags einberufen. Schulze kündigt an: "Die Aufklärung und Kontrolle bringen wir also ins Parlament."
    Quelle: ZDF

    Mehr zur Flugblatt-Affäre