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Kanzler mit Appell:Scholz fordert Disziplin der Ampel-Koalition
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Die Ampel streitet wieder. Das kann dem Kanzler nicht gefallen. In einem Interview fordert er, die Konflikte nicht öffentlich auszutragen.
Interview mit Olaf Scholz: Der Kanzler mahnt die Koalitionäre zur Disziplin.
Quelle: ZDF/ prosieben
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Ampel-Koalitionäre gemahnt, über strittige Projekte nicht mehr öffentlich zu debattieren. Am Sonntagabend sagte er im Interview mit den TV-Sendern ProSieben/Sat1:
Mehrfach äußerte er in dem Interview sein Unverständnis, dass man bereits vor einer Einigung den Streit nach außen trage. "Alle wären klug beraten", das zu beherzigen.
Paus contra Lindner
Hintergrund ist der Streit um Entlastungen für die Wirtschaft und die Kindergrundsicherung.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte am Mittwoch die Umsetzung des von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgelegten Wachstumschancengesetz verhindert, um höhere Summen für die Kindergrundsicherung durchzusetzen.
Die Blockade der Familienministerin war Auslöser eines Richtungsstreits bei den Grünen:
SPD-Co-Chef hat wenig Verständnis für Ampel-Streit
Zuvor hatte SPD-Co-Chef Lars Klingbeil die Bundesregierung zu einer schnellen Einigung bei beiden Projekten aufgefordert. "Ich erwarte, dass dies sehr schnell in der Regierung umgesetzt wird", sagte er am Sonntag im ZDF-Sommerinterview.
Alle Kabinettsmitglieder müssten sich zusammenreißen. Die Ampel-Regierung habe die Menschen bereits bei der Debatte über das Heizungsgesetz verunsichert.
Er könne nicht nachvollziehen, wieso vergangenen Mittwoch das Kabinett das Wachstumschancengesetz nicht habe beschließen können.
Im ZDF-Sommerinterview fordert Klingbeil Verbesserungen - und einen Industriestrompreis:
Alle betonen: Abstimmungen laufen
Klingbeil verwies darauf, dass es zuvor eine Abstimmung zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD), Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gegeben habe. Scholz könne nicht andauernd "auf den Tisch hauen und rumbrüllen". Man habe sich einen anderen Regierungsstil vorgenommen.
Am Sonntag betonten sowohl der Regierungssprecher als auch die Sprecher des Finanz- und Familienministeriums, es liefen noch regierungsinterne Abstimmungen. Sie wollten nicht bestätigen, dass Paus in ihrem Gesetzentwurf mit Kosten von 3,5 Milliarden Euro für das Jahr 2025 rechnet.
Lindner hat in der mittelfristigen Finanzplanung der Regierung zwei Milliarden Euro vorgesehen. Dieser Betrag solle insbesondere dafür genutzt werden, die Zugangsvoraussetzungen für die Leistungen zu erleichtern, so ein Sprecher des Finanzministeriums.
Kindergrundsicherung soll Förderungen bündeln
Die Kindergrundsicherung soll mehrere Förderungen bündeln, die Grünen wollen die Leistungen auch ausweiten. Vor allem sollen die Mittel des seit 1. Januar 2023 eingeführten Kinderzuschlags von 250 Euro besser abgerufen werden.
Bisher stellen nur rund 35 Prozent der Berechtigten einen Antrag. Scholz hatte Paus vor der Sommerpause aufgefordert, Berechnungsvarianten für die Kindergrundsicherung vorzulegen.
Nouripour: Keine Blockade
Die Familienministerin hatte ursprünglich zusätzliche Mittel von bis zu zwölf Milliarden Euro gefordert, dann aber von Kosten zwischen zwei und sieben Milliarden Euro geredet. Die Kosten hängen erheblich davon ab, wie viele Personen den Kinderzuschlag tatsächlich abrufen werden. "Die Zeit" berichtete zuletzt, dass der Gesetzentwurf Kosten von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2025 vorsehe.
Der Streit über Steuerentlastungen für Firmen soll spätestens bei der Kabinettsklausur Ende August in Meseberg geklärt werden. Grünen-Co-Chef Omid Nouripour sagte in der "Bild am Sonntag", es gebe keine Blockade, es gebe noch ein "paar Details" zu klären. Unternehmen sollen vor allem mit besseren Abschreibungsmöglichkeiten gefördert werden.
Lindner sagte in Berlin, die Kinderarmut bei deutschen Familien und solchen, die schon lange hier lebten, sei spürbar zurückgegangen. Sie sei aber weiterhin indiskutabel hoch.
Es gebe zudem einen klaren Zusammenhang zwischen der Migration seit 2015 und Kinderarmut. Hier müsse angesetzt werden.
Quelle: Reuters