Sahra Wagenknecht wird eine eigene Partei gründen. Das erfuhr das ZDF-Hauptstadtstudio übereinstimmend mit einem Bericht des "Spiegel". Am Montag werde sie dies in einer Pressekonferenz in Berlin verkünden, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf mehrere Quellen in ihrem Umfeld.
Wagenknecht hatte sich in der Vergangenheit immer wieder offen für die Gründung einer neuen politischen Bewegung gezeigt. Ende September wurde als mögliche Vorstufe dazu am Amtsgericht Mannheim ein Verein namens "BSW - für Vernunft und Gerechtigkeit" angemeldet - das Kürzel soll für "Bündnis Sahra Wagenknecht" stehen.
Wagenknecht mit Ambitionen - Linke wütend
Bereits im März hatte Wagenknecht in einem ZDFheute-Interview erstmals angekündigt, bis Ende des Jahres über eine Parteigründung entscheiden zu wollen. Dies soll nun am Montag geschehen. Ihren Austritt aus der Linken wolle Wagenknecht nach jetzigem Stand dort aber nicht bekannt geben - auch nicht ihren Austritt aus der Bundestagsfraktion, berichtet der Spiegel.
Programmideen für mögliches Bündnis
Im September nannte Wagenknecht
Programm-Ideen für eine mögliche politische Bewegung. Es gebe keine Partei, "die einerseits für wirtschaftliche Vernunft steht, aber gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit, die für eine Außenpolitik wirbt, wo wir wieder viel, viel stärker auf Diplomatie setzen, auf zivile Konfliktlösung und nicht auf Waffen".
Wagenknecht attestierte dem politischen Spektrum eine "Leerstelle", eine "Repräsentationslücke" - viele Menschen, die sich von keiner Partei mehr vertreten fühlten.
Sahra Wagenknecht wünscht sich eine neue Oppositionspartei, zu der sie "etwas beitragen" will. Ihre Vorschläge: Unternehmen mit Marktmacht "entflechten", Migration "eindämmen".
von Felix Rappsilber
Wissler wirft Wagenknecht "Ego-Trip" vor
Linken-Chefin Janine Wissler hat Sahra Wagenknecht wegen der Pläne für eine Parteineugründung verantwortungsloses Handeln vorgeworfen. "Angesichts der verheerenden Politik der Ampel" müsse eine linke Bundestagsabgeordnete Opposition gegen die Bundesregierung machen und Alternativen vorlegen, sagte Wissler in den ARD-"Tagesthemen". Das Vorgehen Wagenknechts sei hingegen ein "Egotrip".
Wissler beklagte, dass die Linke seit Jahren von innen heraus demontiert worden sei: "Dass demokratische Beschlüsse missachtet werden, dass unsere Partei öffentlich schlechtgeredet wird, das ist tatsächlich ein Problem", sagte sie in der ARD. Nun müsse es zu einer Klärung der Situation kommen.
Bartsch: Linke nicht am Ende
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nannte Wagenknechts Vorgehen "unverantwortlich angesichts der gesellschaftlichen Situation und der Lage der Linken". Dass Wagenknecht und ihre Mitstreiter über die Linkspartei erworbene Mandate mitnehmen wollten, sei "höchstproblematisch" und "unmoralisch", sagte Bartsch der "Rheinischen Post" vom Donnerstag.
Wagenknechts Schritt führe dazu, "dass es dann keine Fraktion mehr gibt". Dies bedeute "aber nicht, dass die Linke am Ende wäre", betonte Bartsch. Er werde weiter um eine einflussreiche Linke kämpfen. Seine Partei sei nach wie vor die "soziale Opposition". Wagenknechts Partei "ist dann ein Mitbewerber. Nicht mehr und nicht weniger".
Quelle: ZDF, dpa