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OB-Wahl in Nordhausen:Holt die AfD das nächste Amt?
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In Nordhausen in Thüringen könnte die AfD erneut ein kommunales Amt erobern - das erste Mal das eines Oberbürgermeisters. Ihr Kandidat fiel bereits dem Verfassungsschutz auf.
Vor der Oberbürgermeister-Stichwahl in Nordhausen (Archivfoto)
Quelle: dpa
Nach Erfolgen bei der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg und bei der Bürgermeisterwahl im sachsen-anhaltischen Raguhn-Jeßnitz peilt die AfD nun eine Kreisstadt an: Jörg Prophet will Oberbürgermeister von Nordhausen werden. Gewinnt er, wäre er der erste AfD-Oberbürgermeister in Deutschland. Es gehört zur Strategie der Partei, über Erfolge in den Kommunen auch Perspektiven für eine Regierungsbeteiligung zu erhalten. Das hatte der thüringische AfD-Fraktionschef Björn Höcke in diesem Jahr selbst als Ziel ausgegeben.
Die Thüringer AfD gilt als besonders weit rechts stehender Landesverband, er wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. Zugleich hat die AfD wohl in keinem anderen Bundesland so viel Macht. Erst vor etwa einer Woche hatte eine Abstimmung im Thüringer Landtag eine Kontroverse ausgelöst.
Bürger: "Landtag ist Landtag, Nordhausen ist Nordhausen"
Ein CDU-Entwurf für eine Steuersenkung wurde mit Hilfe von AfD-Stimmen beschlossen. Ist das schon Zusammenarbeit oder nicht? Ein Nordhäuser Bürger am Wahlkampf-Stand der AfD sagt: "Landtag ist Landtag, Nordhausen ist Nordhausen." Er sei entschlossen, Prophet zu wählen.
Der Unternehmer gilt als Favorit in der Stichwahl am Sonntag gegen den amtierenden Stadtchef Kai Buchmann. Im ersten Wahldurchgang erhielt Prophet 42,1 Prozent der Stimmen, der parteilose Amtsinhaber Buchmann 23,7 Prozent. Buchmann sagt, er wisse nicht, ob die Abstimmung im Landtag auf das Konto seines Kontrahenten einzahle. Der Höhenflug der AfD in Umfragen aber womöglich schon.
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Gegen Buchmann läuft ein Disziplinarverfahren wegen Mobbing-Vorwürfen, ein paar Monate lang war der Politiker, der früher ein Grünen-Parteibuch hatte, suspendiert. Ein Verwaltungsgericht machte die Suspendierung rückgängig, seit Anfang August ist Buchmann wieder im Amt, das Verhältnis zum SPD-Landrat gilt aber als zerrüttet.
Wahlkampfthema Flüchtlingsunterbringung
Er wolle eine weltoffene Stadt Nordhausen, sagt Buchmann. Man bemühe sich, Geflüchtete zu integrieren - in den Schulen und Kindergärten. Es sei gut, dass sie in der Stadt verstreut untergebracht seien und nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft, sagt er. Prophet dagegen will sich gegenüber dem Landkreis für eine Residenzpflicht für Geflüchtete einsetzen - sie sollen in den ihnen zugewiesenen Gemeinden bleiben und nicht in die Stadt Nordhausen kommen, so die Idee.
Die Zeit des Nationalsozialismus hat in der Stadt Spuren hinterlassen. Die Straße der Opfer des Faschismus führt zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Man werde aus Rücksicht vor den Überlebenden und ihren Angehörenden Jörg Prophet nicht zu Gedenkveranstaltungen einladen, sagte die kommissarische Leiterin der Gedenkstätte, Anett Dremel. Der AfD-Politiker sei mit geschichtsrevisionistischen Äußerungen aufgefallen.
Mit seinen Ansichten fiel Prophet auch dem Verfassungsschutz auf - vor allem mit einem Beitrag aus dem Jahr 2021 auf der Seite des Nordhäuser AfD-Kreisverbands. Darin geht es um die Bombardierung Dresdens und die Erinnerung daran. Prophet schreibt darin: "Schizophren wird es aber dann, wenn heute offen propagiert wird, dass Terror gegen Zivilbevölkerung immer dann zulässig ist, wenn es ein Tätervolk trifft." Der Verfassungsschutz führt Auszüge des Textes später als Beleg dafür an, dass die "geschichtsrevisionistische Agenda" der AfD "in die Breite des Landesverbandes" hineinwirke. Prophet distanzierte sich nicht von seinem Text.
Quelle: Stefan Hantzschmann, dpa
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