Auflösung im Bundestag: Linksfraktion vor der Liquidation

    Datum beschlossen:Linksfraktion löst sich zum 6. Dezember auf

    Bernd Benthin
    von Bernd Benthin
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    Die Linksfraktion wird sich zum 6. Dezember auflösen. Wie geht es jetzt weiter für Mitarbeiter und Abgeordnete?

    Otto Fricke sagt das Wort nicht gern, aber es beschreibe den Job eben am besten: "Beschissen war's" - die Arbeit als Liquidator. 2013 flog die FDP aus dem Bundestag und Fricke musste seine Fraktion abwickeln.
    Arbeitsverträge kündigen, Möbel verkaufen, den Fraktions-Nachlass verwalten. Ein Vollzeit-Job mit enormer Verantwortung und ohne jede Anleitung:

    Das juristische Hauptproblem ist, dass die ganze Frage einer Fraktions-Liquidation eigentlich nur in einem kleinen Paragraphen im Grundgesetz geregelt ist. Der Rest ist gar nicht klar. Ist das eine zivilrechtliche Insolvenz? Ist es überhaupt Zivilrecht oder geht es hier um öffentliches Recht?

    Otto Fricke, FDP-Bundestagsabgeordneter

    Diese Schwierigkeiten warten jetzt auch auf die zwei Liquidatoren, die die Linksfraktion heute benannt hat. Diese sind Thomas Westphal, der bisherige Leiter des Vorstandsbüros der Fraktionsvorsitzenden, sowie der stellvertretende Fraktionsgeschäftsführer Uwe Hobler. Klar ist jetzt auch: Am 6. Dezember ist Schluss - an diesem Datum löst sich die Linksfraktion auf.

    Was darf eine Gruppe?

    Sahra Wagenknecht und neun weitere Abgeordnete haben "Die Linke" verlassen und planen die Gründung einer Konkurrenzpartei. Die verbliebenen Abgeordneten sind zu wenige für den Status als Fraktion. Deshalb wird liquidiert.
    Etwa 100 Menschen sind bei der Linksfraktion angestellt und von der Auflösung direkt betroffen. Der Noch-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch im ZDFheute-Interview:

    Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das natürlich ein schwerer Tag, unbestritten. Sie werden alle erstmal gekündigt werden. Aber wenn wir dann zeitnah den Gruppenstatus erreichen, werden wir schauen, wie wir uns neu aufstellen. Und da werden unsere guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dringend gebraucht.

    Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion

    Wenn es zur Fraktion nicht mehr reicht, können sich Abgeordnete im Bundestag zu einer Gruppe zusammenschließen.
    Mindestens zwei werden wohl aus der Linksfraktion hervorgehen:
    • Die Gruppe gegen Wagenknecht
    • und die Gruppe um Wagenknecht.
    Der Gruppen-Status sichert Geldmittel und Einflussmöglichkeiten im Parlament. Aber: Wie schon bei der Liquidation ist auch hier konkret nur wenig geregelt. Die künftigen Parlamentsrechte der Gruppe(n) sind Verhandlungssache.

    Der Ältestenrat entscheidet

    Maßgeblich ist in dieser Frage der so genannte "Ältestenrat". Ein Gremium aus 30 Abgeordneten aller Fraktionen, das den Parlamentsbetrieb managt. Hier wird jetzt verhandelt, was die neuen Gruppen dürfen und bekommen.
    Als Richtschnur wird dabei wohl herhalten, wie historisch mit früheren Gruppen im Bundestag umgegangen wurde. Diese durften zum Beispiel Mitglieder in den Ältestenrat und in Ausschüsse entsenden, aber keine namentlichen Abstimmungen beantragen und auch kein Regierungsmitglied in den Bundestag zitieren.
    Redezeiten wurden entsprechend der Gruppen-Größe zugeteilt. Am Ende des Aushandlungsprozesses im Ältestenrat dürfte dann eine Abstimmung im Bundestag stehen – über die neuen Regeln für die neuen Gruppierungen links im Parlament.
    Presseschau mit Anna Lehmann
    Durch die Auflösung der Linksfraktion sei die linke Politik insgesamt geschwächt, so Anna Lehmann von der taz. Als Folge würden die "Oppositionen von rechts und ganz rechts lauter".15.11.2023 | 3:23 min

    Pau bleibt Bundestags-Vizepräsidentin

    Klar ist heute schon: Der Wagenknecht-Vertraute Klaus Ernst verliert seinen Vorsitz im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Denn den hatte er als Mitglied der Linksfraktion erhalten.
    Die CDU/CSU-Fraktion hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas deshalb schon einen Brief geschrieben. Botschaft: Der Vorsitz solle doch aber bitte wieder an eine Oppositionskraft gehen.
    Petra Pau, die Bundestags-Vizepräsidentin der (Noch-)Linksfraktion dagegen wird ihr Amt wohl behalten dürfen. Sie sei für die volle Legislaturperiode gewählt – ob mit Fraktion oder ohne. 

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