JU-Chef Winkel bei Lanz: Politik für alte Menschen gemacht

    JU-Chef Winkel bei "Lanz":Wird Politik für alte Menschen gemacht?

    von Pierre Winkler
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    Johannes Winkel, Chef der Jungen Union, warnt: Wenn sich die Politik nicht endlich um junge Menschen kümmere, werde das demografische Problem zu einem demokratischen Problem.

    Markus Lanz vom 21. Dezember 2023: Markus Lanz, Johannes Winkel, Vanessa Vu, Stefan Schulz, Rainer Hank
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 21. Dezember 2023.21.12.2023 | 75:28 min
    Die deutsche Bundespolitik habe in den vergangenen Jahrzehnten junge Menschen systematisch benachteiligt, lautet die Kritik von Johannes Winkel. "Natürlich" werde heute Politik für alte Menschen gemacht, kritisierte der Vorsitzende der Jungen Union am Donnerstagabend bei Markus Lanz.

    Man muss aufpassen, dass das demografische Problem nicht irgendwann zum demokratischen Problem wird.

    Johannes Winkel, JU-Chef

    "Offensichtlich ist es eine Frage für die Politik: Wie setze ich die Prioritäten? Und ich habe das Gefühl, dass die Prioritäten jedenfalls nicht bei der jungen Generation gelegt werden. Und das ist ein Riesenproblem."

    Winkel: Generationenvertrag zulasten der Jungen aufgekündigt

    Der demografische Wandel sei zwar gut vorhersehbar gewesen, die Politik habe aber genau falsch darauf reagiert. "Wir hatten ursprünglich mal einen Generationenvertrag, der sah so aus, dass die jungen Beitragszahler die alten Rentner finanzieren in der Umlage", sagte Winkel. "Die Politik hat irgendwann gesehen: Die Demografie in unserem Land kippt weg."
    Daraufhin habe die Politik den Generationenvertrag "einseitig zulasten der jungen Generation aufgekündigt" und darüber hinaus "keine wirklichen Maßnahmen getroffen".

    Rente aus Bundeshaushalt finanziert

    Man habe entschieden, das Geld für die steigende Zahl der Rentenempfänger aus dem allgemeinen Steuertopf zu holen, "der dafür überhaupt null vorgesehen war". Heute sei die Rente der "mit Abstand größte Posten" im Bundeshaushalt.
    Der ursprüngliche Gedanke des Generationenvertrags mit seinem Umlagesystem sei jedoch gewesen, "dass gar kein einziger Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rente geht".
    Aus Sicht des Soziologen Stefan Schulz war das jedoch eine zu simple Schlussfolgerung. In den 1980er-Jahren habe die Politik nur darum eine neue Rentenquelle gebraucht, weil die allgemeine Lohnentwicklung nicht mehr habe Schritt halten können.
    Schulz forderte, die Unternehmen in Deutschland bei der Altersvorsorge mehr in die Pflicht zu nehmen: "Seit 30 Jahren reicht es nicht, was die Rentenkassen selber aus der Produktivität der Unternehmen schöpfen, wo die Menschen arbeiten, die dann Rente bekommen."

    JU-Chef kritisiert Verfehlungen auch seiner CDU

    Winkel bemängelte die Entscheidungen der Vergangenheit, "und zwar unabhängig von der Parteipolitik, da nehme ich meine Partei wie jede andere genau mit in die Haftung".
    So sei etwa die 2014 von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung eingeführte Rente mit 63 "jenseits jeder Rationalität". "In einer Gesellschaft, wo wir zu wenige Beitragszahler haben, ist das natürlich ein absoluter Wahnsinn", sagte Winkel.
    Statt jedes Jahr mehrere Milliarden Euro dafür auszugeben, Menschen die Möglichkeit zu geben, mit 63 Jahren in Rente zu gehen, solle der Staat die gleiche Summe lieber in Digitalisierung investieren, "um unser Land fit für die Zukunft zu machen".

    Familiensplitting als Modell?

    Als Mittel gegen den demografischen Wandel warb Winkel für das sogenannte Familiensplitting. Anders als beim Ehegattensplitting wird dabei das zu versteuernde Einkommen nicht nur durch die zwei Ehepartner geteilt, sondern auch durch die Anzahl der Kinder.
    "Das würde sowohl Anreize setzen, ein stärkeres Einkommen zu erzielen, weil die Einkommensteuer einfach geringer ist, und natürlich einen klaren Anreiz setzen, Kinder zu bekommen", sagte Winkel. "So jedenfalls machen es die Franzosen, wenn wir über verschiedene Modelle reden."
    Frankreich lag im Jahr 2022 mit 10,6 Geburten pro 1.000 Einwohner deutlich vor Deutschland (8,8 Geburten).

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