FAQ
Bundesweiter Protesttag:Klinikmitarbeiter fordern bessere Bedingungen
von S. Ritter, B. Spiekermann
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Bei einem bundesweiten Protesttag fordern Krankenhäuser finanzielle Hilfen. Auf einer Demonstration in Berlin beklagen Klinikmitarbeiter aber auch ihre jetzigen Arbeitsbedingungen.
Vertreter von Krankenhäusern warnen bei einem bundesweiten Protesttag vor einem Klinik-Sterben in Deutschland. In Berlin fordern sie unter anderem bessere Arbeitsbedingungen.20.09.2023 | 0:54 min
Ann-Christin Reimer geht es nicht ums Geld. Jedenfalls nicht nur. Die Pflegedirektorin im Berliner Krankenhaus Hedwigshöhe steht am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor und protestiert zusammen mit 800 anderen Teilnehmern. Reimer sagt ZDFheute:
Wenn Krankenhäuser marode seien, weil sie keine Gelder mehr für Investitionen bekämen, dann seien das Arbeitsbedingungen, unter denen Menschen nicht arbeiten wollten, sagt sie.
Bundesweiter Protest: Kliniken fordern Finanzhilfen
So wie Reimer protestieren sie heute bundesweit. Vertreter von Krankenhäusern, Pflege und Gewerkschaften fordern ein Sofortprogramm und Finanzhilfen vom Bund, um ein ungeordnetes Klinik-Sterben zu verhindern. Die Branche beklagt stark steigende Personal- und Energiekosten sowie eine hohe Inflation.
Laut Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, ist die Verunsicherung in vielen Krankenhäusern groß. Er fordert einen Inflationsausgleich noch vor einer geplanten Reform der Krankenhauslandschaft. Sonst würden viele Häuser die Reform nicht mehr erleben.
Lauterbach gibt Ländern Mitschuld
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verweist auf umfassende Hilfen des Bundes. Sowohl bei den Energie- als auch bei den Personalkosten in der Pflege helfe der Bund mit Milliardenbeträgen, anders als die Bundesländer, kritisiert Lauterbach im ZDF:
"Wir müssen Krankenhäuser abbauen, gerade in den großen Städten, aber es trifft jetzt die falschen", so Gesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD, zu den aktuellen Krankenhaus-Pleiten.20.09.2023 | 5:14 min
Lauterbach verweist unter anderem auf bereits ausgezahlte Hilfen für gestiegene Energiekosten. Noch bis zum Frühjahr 2024 würden weitere 2,5 Milliarden Euro ausgezahlt werden. Auch werde die Bundesregierung die Bezahlung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern per Gesetz beschleunigen.
Zeitgleich gebe es aber in Deutschland zu viele Krankenhäuser. Insolvenzen seien allerdings nicht das richtige Mittel, um eine funktionsfähige Krankenhauslandschaft zu schaffen. Die Defizite der Krankenhäuser liegen aus Sicht des Ministers in erster Linie daran, dass die Fallzahlen nach Corona deutlich gesunken sind. Dieser Trend werde anhalten, weil ein immer größerer Anteil von Behandlungen ambulant gemacht werden könne.
Mehrheit der Krankenhäuser ist pessimistisch
Nach einer in der "Rheinischen Post" veröffentlichten Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft bewerten mittlerweile 68 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als schlecht oder sehr schlecht. Fast die Hälfte der Häuser sieht ihre Liquidität bis Ende 2024 gefährdet.
Der Deutsche Städtetag schließt sich den Forderungen der Krankenhäuser an. Nötig seien nun Sofortmaßnahmen und schnelles Geld, so Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU). Neben dem Inflationsausgleich sei auch eine "vollständige Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen im Jahr 2024 von rund zehn Prozent" nötig. Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund unterstützte den Protest der Krankenhäuser.
Quelle: ZDF, AFP, KNA
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