Koalitionsvertrag: Was Schwarz-Rot für junge Menschen plant

Koalitionsvertrag:Was Schwarz-Rot für junge Menschen plant

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von Christian Hauser, Berlin
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Eine Garantie für WG-Zimmer, höheres Bafög, den Führerschein verbilligen: Das planen Union und SPD für junge Leute. Kritiker finden die Pläne allerdings ambitionslos.

 Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Saskia Esken
Laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer zweifeln rund zwei Drittel der Befragten an dem von CDU-Chef Merz versprochenen Politikwechsel. Die AfD erzielt einen neuen Rekordwert.11.04.2025 | 1:17 min
Es gehört zu den Ritualen eines Wahlabends, dass die Umfrageinstitute auch die Ergebnisse nach Altersgruppen veröffentlichen. Bei der Bundestagswahl im Februar erreichten nicht mehr wie im Jahr 2021 Grüne und FDP die meisten Stimmen bei den Jungen.
Dieses Mal wählten die 18- bis 24-Jährigen vor allem Linke und AfD. Laut Forschungsgruppe Wahlen kamen sie gemeinsam auf 47 Prozent der Stimmen. Union und SPD erreichten in dieser Altersgruppe zusammen gerade einmal noch 24 Prozent. Schwarz-Rot ist bei den Jungen weit von einer Mehrheit entfernt.
Grafik: Bundestagwahl 2025 - Junge Wähler
Grafik: Bundestagwahl 2025 - Junge Wähler
Quelle: ZDF/ Forschungsgruppe Wahlen

Bafög-Erhöhung, Mieten, Führerschein

In ihrem Koalitionsvertrag versprechen Union und SPD jungen Menschen nun finanzielle Entlastungen. So soll unter anderem das Bafög in zwei Schritten steigen. Die Wohnkostenpauschale soll auf 440 Euro erhöht werden, womit sie aber immer noch unter der deutschlandweiten Durchschnittsmiete eines WG-Zimmers läge.
Mehr bezahlbarer Wohnraum für Studierende und Auszubildende soll durch Investitionen in "Junges Wohnen" entstehen. So will die neue Koalition eine "WG-Garantie" gewährleisten. Diese war im Wahlkampf von den Jusos gefordert worden und sah für alle Studierende ein WG-Zimmer für unter 400 Euro im Monat vor.
Wohnungsbau im Koalitionsvertrag
Die Situation am Wohnungsmarkt ist katastrophal. Die neue Koalition verspricht einen Bau-Turbo. Wie kommt das auf dem Wohnungsbau-Tag 2025 heute in Berlin 10.04.2025 | 1:53 min
Zudem soll der Erwerb des Führerscheins günstiger werden. Dafür soll die Fahrausbildung reformiert werden. Konkreter werden Union und SPD an dieser Stelle nicht.

Freiwilliger Wehrdienst, Deutschlandticket

Ein "zunächst auf Freiwilligkeit" basierender Wehrdienst soll wieder eingeführt werden. CDU-Chef Friedrich Merz sagt, er hoffe, mit der Freiwilligkeit einen Aufwuchs der Bundeswehr zu erreichen.
Das Deutschlandticket bleibt erhalten, wird ab 2029 aber teurer.
Schweden steckt Milliarden ins Militär
Das schwedische Wehrpflicht-Modell soll Vorbild für Deutschland werden. Die Grundlage: Alle potentiell Wehrpflichtigen müssen sich registrieren, der Wehrdienst ist aber freiwillig.10.04.2025 | 1:51 min

Kritik bei Sozialpolitik und Klimaschutz

Der Ökonom Carl Mühlbach, Geschäftsführer der NGO FiscalFuture, die sich für eine Wirtschafts- und Finanzpolitik im Interesse junger Menschen einsetzt, kritisiert:

Der Koalitionsvertrag ist mit Blick auf junge Menschen nicht der große Wurf.

Carl Mühlbach, FiscalFuture

Positiv zu bewerten sei die geplante deutliche Ausweitung von Investitionen, so Mühlbach. "Es muss aber noch deutlich mehr getan werden, zum Beispiel beim Klimaschutz und bei der Frage gestiegener Lebenshaltungskosten, unter denen besonders junge Menschen leiden."
Koalitionäre in Berlin
Nach vier Wochen Verhandlungen haben Union und SPD sich nun auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Ab Anfang Mai soll Friedrich Merz dann die Regierung als neuer Kanzler anführen.09.04.2025 | 1:50 min
Ähnlich äußert sich auch Fabian Grischkat, der mit seinen Social-Media-Kanälen und öffentlichen Auftritten insbesondere die jüngere Generation erreicht:

Die zentralen Anliegen junger Menschen sind größtenteils unterrepräsentiert.

Fabian Grischkat, Moderator und Content-Creator

"Mit Blick auf sozial- und klimapolitische Themen könnte man die schwarz-roten Pläne allerdings ambitions-, wenn nicht sogar verantwortungslos nennen", so Grischkat.
sgs - grischkat hayali
Die Narrative gegen queere Menschen hätten sich sehr verfestigt, so der Influencer Fabian Grischkat. Das führe zu Hass und Gewalt. Mehr Aufklärung sei daher wichtig. 01.11.2024 | 5:18 min

Rente

Die Rentenpläne von Schwarz-Rot betreffen auch die junge Generation. Das Rentenniveau soll bis 2031 stabil bleiben.
"Die Stabilisierung des Rentenniveaus ist weder eindeutig gut noch schlecht", sagt Ökonom Mühlbach. "Als junger Mensch bin auch ich ein zukünftiger Rentner, der von einem höheren Rentenniveau profitiert. Gleichzeitig muss ich mich in den nächsten Jahren mit einem höheren Beitrag beteiligen."
Helfen würde seiner Ansicht nach eine größere Gerechtigkeit innerhalb des Rentensystems und Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigkeit.

Cannabis-Gesetz und Wahlalter

Die neue Koalition will außerdem prüfen, ob das Wahlalter bei der Bundestagswahl auf 16 Jahre gesenkt werden kann. Ebenso soll das Cannabis-Gesetz evaluiert werden. Eine Rücknahme des Gesetzes steht aber nicht im Vertrag.
Darüber hinaus soll eine Strategie zur mentalen Gesundheit von jungen Menschen zur Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen entwickelt werden.
"Es bräuchte mehr Mut und weniger Status-Quo", fasst Grischkat den Vertrag in Bezug auf die junge Generation zusammen.

Stillstand führt nicht selten zu Resignation und düngt den Nährboden der Extremisten.

Fabian Grischkat, Journalist und Content-Creator

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