Grenzkontrollen: Illegale Einreisen aus Westen und Norden

    Streit um Grenzkontrollen:Illegale Einreisen auch aus Westen und Norden

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Grenzkontrollen überall und immer, das fordern die Union-Parteichefs Merz und Söder. Denn: Während der EM kam ein Drittel der Menschen illegal über den Westen und Norden.

    Beamte der Bundespolizei stoppen am frühen Morgen an der deutsch-polnischen Grenze in Forst (Lausitz) einen Pkw bei der Einreise.
    Quelle: Patrick Pleul/dpa

    Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) freuen sich über den Ablauf der Fußball-Europameisterschaft. Alles sei sicher abgelaufen. Dass alles weitgehend friedlich blieb, habe auch mit den Kontrollen an den Staatsgrenzen in den vergangenen Wochen zu tun. Und das, schreiben die beiden in einem Gastbeitrag für die "Bild", müsse auch nach dem Finale so bleiben.

    Wir fordern die Bundesregierung auf: Die Kontrollen an allen deutschen Staatsgrenzen müssen fortgesetzt werden.

    Friedrich Merz und Markus Söder

    Auch im ZDF-Sommerinterview hatte Söder die Beibehaltung der Grenzkontrollen verlangt und Kanzler Olaf Scholz Wortbruch vorgeworfen. Schließlich habe er mehr Sicherheit zugesagt.
    Ohne Verlängerung der Kontrollen, sind sich Merz und Söder sicher, werde sich die Sicherheitslage im Land "massiv verschlechtern".
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    Westen und Norden sind Migrationsrouten

    Die Gewerkschaft der Bundespolizei hat am Dienstag Zahlen genannt. Demnach sind in den rund fünf Wochen der EM:
    • 7.700 Menschen an der unerlaubten Einreisen gehindert worden.
    • 70 Prozent dieser Menschen wurden gar nicht erst ins Land gelassen, weil zum Beispiel ihr Asylantrag schon vorher abgelehnt wurde.
    • Ein Drittel dieser Menschen kam über die West- und Nordgrenze, also Frankreich, Niederlande, Beneluxstaaten und Dänemark. Zwei Drittel über die Ost- und Südgrenze, also Polen, Tschechien, Österreich und Schweiz.
    • 230 Schleuser wurden festgenommen.
    • 110 politisch motivierte Kriminelle gefasst.
    Auch das Bundesinnenministerium veröffentlichte diese Woche Zahlen. Und zwar zur Süd- und Ostgrenze, wo seit Mitte Oktober Grenzkontrollen zur Eindämmung der illegalen Migration und der Schleuserkriminalität wieder möglich sind.
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    Nimmt man die durchschnittlichen Werte der vergangenen Monate bis zum 14. Juli, wurden dort seit Oktober:
    • Pro Monat knapp 5.000 unerlaubte Einreisen registriert,
    • Etwas mehr als 3.000 Menschen abgewiesen,
    • Etwa 128 Schleuser festgesetzt.
    Die Verteilung unter den Länder ist nicht gleich. Über Österreich etwa kommen überdurchschnittlich viele Schleuser, die meisten illegalen Einreisen über Polen.
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    Ab Freitag Grenzkontrollen aufgehoben

    Der Vergleich zum Zeitraum der EM lässt aber den Schluss zu: Auch der Westen und der Norden sind Migrationsrouten. Doch ab kommenden Freitag werden die Grenzkontrollen aufgehoben. Sie gelten nur noch für eine begrenzte Zeit zu Frankreich, um die Olympischen Spiele in Paris zu sichern. Eine Verlängerung für alle Grenzen sei europarechtlich "nicht erforderlich und nicht gerechtfertigt", so Faesers Sprecher am Montag.
    Die Hauptmigrationsrouten lägen im Osten und Süden, deswegen seien Kontrollen und damit eine Ausnahme vom Schengen-Abkommen dort zur "Bekämpfung der illegalen Migration und der Schleuserkriminalität" möglich. Kontrollen immer und überall hätten negative Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Grenzverkehr, den Tourismus, die Pendler.

    Polizeigewerkschaft: Grenzkontrollen sind derzeit nötig

    Manuel Ostermann, Vize-Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, kann das nicht verstehen. Angesichts dieser Zahlen sei es fatal, die Grenzkontrollen auch im Westen nicht zu verlängern. Es spreche nichts dagegen:

    Warum sollten wir das nicht machen?

    Manuel Ostermann, stellvertretender Bundesvorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft

    Man dürfe sich, so Ostermann, die Kontrollen nicht statisch auf der Grenzlinie vorstellen, die für Staus sorgen könnten. Viel mehr gehe es wie an der Grenze zu Polen und Tschechien um Schleierfahndung, Fahndung per Drohnen zum Beispiel.
    Und: Erst wenn die Ausnahmegenehmigung vom Schengener Abkommen gelte, könne die Bundespolizei rechtlich als Grenzbehörde handeln. Das bedeutet: Die Menschen direkt zurückschicken, statt sie in Deutschland erst ein Asylverfahren durchlaufen zu lassen. Wobei sie am Ende möglicherweise wieder abgelehnt werden, so Ostermann.
    Jederzeit könne die Politik die Kontrollen wieder abschaffen, wenn sie nicht mehr nötig seien. Jetzt seien sie aber nötig. "Und zwar 365 Tage im Jahr."
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