Wahlparteitag der FDP: Herzklopfen vor dem Foto-Finish

Analyse

Wahlparteitag der FDP:Herzklopfen vor dem liberalen Foto-Finish

ZDFheute Update - Frank Buchwald
von Frank Buchwald
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Nach dem Ampel-Aus und mit Umfragewerten unter den magischen fünf Prozent treffen sich die Liberalen heute zum Wahlparteitag: Krönungsmesse für Lindner.

Christian Lindner, FDP Bundesvorsitzender, steht nach seiner Rede beim außerordentliche Bundesparteitag der FDP vor der Bundestagswahl winkend auf der Bühne.
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat die FDP in Potsdam ihren Sonderparteitag abgehalten. Die Liberalen haben dort den Kurs für den Wahlkampfendspurt festgelegt.09.02.2025 | 1:47 min
Gute Nerven brauchten FDP-Politiker schon immer. Fünf Prozent: an dieser Zahl entscheidet sich traditionell das Schicksal der Freien Demokraten und diesmal dürfte es ein Foto-Finish werden. Noch liegen sie in fast allen Umfragen unter der magischen Marke und ob es den Liberalen im Endspurt gelingt, diese Hürde zu nehmen, weiß noch niemand so genau.
Herzklopfen also an diesem Sonntag in der Metropolishalle in Postdam-Babelsberg, wo die FDP zu ihrem Wahlparteitag zusammen kommt. Zumal die Partei auf den letzten Metern auch noch mit heftigem Gegenwind kämpfen muss: Vom Wunsch-Koalitionspartner Friedrich Merz (CDU) etwa, der in Zeitungsinterviews verkündet, vier Prozent für die FDP seien vier Prozent zu viel.
Diesen rechten Haken aber kontert FDP-Chef Christian Lindner: Es mache keinen Unterschied, ob die Union bei 31 oder 33 Prozent lande. Ob die FDP aber sechs Prozent erreiche oder eben nur vier, das verändere die Republik.
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Die FDP als Versicherung gegen Schwarz-Grün

Dabei spielt Lindner darauf an, die CDU könne nach der Wahl eben doch der Versuchung erliegen, eine Koalition mit den Grünen einzugehen. Ein Kanzler Merz sei dann gezwungen, Robert Habeck als Wirtschaftsminister am Kabinettstisch zu dulden, ihm möglicherweise sogar das mächtigere Finanzministerium zu überlassen.
Die einzige Versicherung gegen Schwarz-Grün und mehr Macht für Habeck sei deshalb ein liberales Korrektiv im Parlament, argumentiert Lindner und wirbt für Schwarz Gelb, bietet die FDP aber auch als Partner in einem Dreierbündnis mit der SPD an.
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Ein bindender Parteitagsbeschluss, sich nach der Wahl keinesfalls auf eine Koalition mit den Grünen einzulassen, soll diesem Versprechen zusätzliche Glaubwürdigkeit verleihen; eine Grundsatzentscheidung, hinter die kein FDP-Politiker zurück könnte. Zweifel, dass dieser Antrag eine Mehrheit erhält, bestehen nicht; gerade die Grünen gehen den Liberalen nach drei Jahren Ampel-Koalition gründlich auf die Nerven.
Wirtschaft, Steuern, Migration: Immer wieder, so heißt es in der FDP, seien Absprachen in Koalition oder Kabinett an hinhaltendem Widerstand der grünen Bundestagsfraktion gescheitert. Nicht wenige in der Partei hatten das Bündnis mit zwei linken Partnern, SPD und Grünen, von Anfang an mit Argwohn begleitet. Das Ampel-Aus und die demütigende Entlassung Lindners bestätigt ihre Vorbehalte.
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Rede von Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki auf dem außerordentlichen FDP-Parteitages in Potsdam am 09.02.2025.09.02.2025 | 22:59 min

Krönungsmesse für Lindner in Potsdam

Noch aber richtet sich ihr Ärger nicht gegen den FDP-Chef, er zeigt sich stattdessen bei der Aufstellung der Bundestagskandidaten. Viele der betont "progressiven" Bewerber, die sich für die Ampel eingesetzt hatten, wurden in ihren Landesverbänden abgestraft und schafften es nicht einmal mehr auf aussichtsreiche Listenplätze. Unter ihnen ist auch Lukas Köhler, immerhin stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
Machtkämpfe innerhalb der Freien Demokraten, die Lindner energisch dementiert, wären demnach längst entschieden. Murren über den Parteichef, sein Zögern und das unrühmliche Ende der Ampel ist allenfalls hinter vorgehaltener Hand zu hören. Bisher wagt sich jedenfalls kein parteiinterner Kritiker aus der Deckung.
Christian Lindner  FDP | Parteivorsitzender
Fehle "ein liberales Element" im Parlament, das sich für die Marktwirtschaft und Bürgerrechte einsetzt, verliere "unser Land" etwas, so FDP-Chef Christian Lindner.07.02.2025 | 8:43 min
Trotz schlechter Umfragewerte muss Christian Lindner deshalb an diesem Sonntag in Potsdam kaum mit einem Scherbengericht rechnen, stattdessen dürfte der Parteitag wie geplant zu einer Krönungsmesse für den Spitzenkandidaten werden.
Was aber mit der FDP geschieht, falls sie am 23. Februar den Wiedereinzug tatsächlich in den Bundestag verpasst, erscheint bisher kaum absehbar. Und die Lücke, die die Freien Demokraten zwischen 2013 und 2017 im Bundestag hinterließen, beklagten damals nicht nur Unionspolitiker, sondern auch viele aus der SPD .

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Warten auf bessere Umfragewerte

"Alles lässt sich ändern", so lautet 2025 die zentrale Losung der Liberalen im Bundestagswahlkampf. Viele der Delegierten in Potsdam wünschen sich gewiss, dass diese Wahrheit besonders für die eigenen Umfragewerte gelten möge. Auf nichts wartet die FDP so sehnsuchtsvoll, wie auf einen Silberstreif am Horizont. Viel Zeit aber bleibt nicht mehr und der Parteitag an diesem Sonntag, so hoffen viele, sollte dafür ein Startsignal setzen.
Frank Buchwald ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.

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Quelle: dpa

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