Scholz trifft Erdogan: "Teils sehr verschiedene Sichtweisen"
Erdogan zu Gast in Berlin:Scholz: Teils sehr verschiedene Sichtweisen
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Kanzler Scholz und der türkische Präsident Erdogan haben vor einem gemeinsamen Gespräch eine Pressekonferenz gegeben. Dabei wurden die Differenzen zum Nahost-Konflikt deutlich.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan haben bei einem Treffen im Kanzleramt ihre Differenzen im Nahost-Konflikt betont. "Wir sprechen von 13.000 Kindern, Frauen, alte Menschen, die getötet worden sind", sagte der türkische Präsident am Freitagabend vor einem Gespräch mit dem Kanzler. Eine ähnliche Zahl nennt die Hamas. Unabhängig ist sie aber nicht überprüfbar.
Scholz bezeichnete die Angriffe der Hamas auf Israel vom 7. Oktober mit mehr 1.200 Toten als "barbarisch". Mit Erdogan wolle er darüber sprechen, wie man eine weitere Eskalation in der Region verhindern könne. Scholz betonte angesichts unterschiedlicher Ansichten über den Nahost-Konflikt die Wichtigkeit des direkten Austauschs: "Gerade in schwierigen Augenblicken brauchen wir das direkte Gespräch untereinander."
Erdogan kritisiert Israel erneut deutlich
Weiter sagte Scholz: "Die Bundesregierung verurteilt den Terror der Hamas aufs Schärfste." Er und Erdogan seien sich in der Sorge um einen Flächenbrand in der Region einig. Scholz betonte:
Erdogan hingegen hob das Leid und die Toten auf palästinensischer Seite hervor. Die militärischen Mittel der Hamas seien nicht vergleichbar mit denen von Israel. Er forderte Hilfen für Palästinenser und warf Israel vor, palästinensische "Geiseln" inhaftiert zu haben. Diese Aussage belegte er aber nicht.
Scholz betonte, Israel habe das Recht, sich gegen die Angriffe der Hamas zu verteidigen.
ZDF-Redakteur: "Man sieht einen sehr deutlichen Dissenz"
Nach Einschätzung von Dominik Rzepka aus dem ZDF-Hauptstadtstudio habe Erdogan die Bühne sichtlich genossen und Dinge gesagt, die Scholz deutlicher hätte zurückweisen müssen. Die Frage, ob er zum Existenzrechts Israels stehe, habe Erdogan nicht klar mit Ja beantwortet. Allerdings sprach sich Erdogan auch für eine Zwei-Staaten-Lösung uas.
Während Scholz vor allem über die Opfer in Israel gesprochen habe, habe sich Erdogan auf die palästinensischen Opfer konzentriert. "Man sieht einen sehr deutlichen Dissenz zwischen Olaf Scholz und Recep Tayyip Erdogan in Sachen Hamas, Israel und Nahost-Konflikt."
In Berlin wird heute der türkische Präsident Erdogan von Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier empfangen. 17.11.2023 | 4:08 min
Im Vorfeld zum Treffen mit Scholz hatte Erdogan die terroristische Hamas als "Befreiungsorganisation" bezeichnet, Israel einen "Genozid" (Völkermord) im Gazastreifen vorgeworfen und das Israels Existenzrecht infrage gestellt.
Erdogan fordert Waffenstillstand in Nahost
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz forderte Erdogan zudem einen humanitären Waffenstillstand. Wenn Deutschland und die Türkei gemeinsam einen solchen Waffenstillstand erreichen könnten, habe man die Chance, die Region aus diesem "Feuerring" zu retten, sagte der türkische Präsident.
Weitere Gesprächsthemen mit Erdogan
Bei der Pressekonferenz ging es auch um den Ukraine-Krieg. Scholz sagte, er und Erdogan seien sich darin einig, dass dieser so schnell wie möglich beendet werden müsse. Er dankte Erdogan für dessen Engagement bei Vermittlungsbemühungen um ein Abkommen zwischen der Ukraine und Russland zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide.
Die Türkei wolle in Zukunft weiterhin dabei helfen, Getreide und Mehl aus der Ukraine in die Welt zu bringen, betonte Erdogan.
Scholz sagte außerdem, dass er mit Erdogan auch über die Aufnahme Schwedens in die Nato sowie über Flucht und Migration sprechen wolle. Scholz sprach sich für eine Fortsetzung der Flüchtlingsvereinbarung zwischen Deutschland und der Türkei aus.