Krise der Linkspartei: Das Ende ist nah

    Krise der Linkspartei:Das Ende ist nah

    von Andrea Maurer
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    Die linke Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali will nicht mehr antreten. Warum das für eine Wagenknecht-Partei spricht und ein Ende der Linksfraktion nun schnell kommen könnte.

    Linken-Vorsitzende Janine Wissler und Martin Schirdewan
    Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler (r.) und Martin Schirdewan stehen mit ihrer Partei am Scheideweg.
    Quelle: dpa

    In der Linkspartei geht in den letzten Wochen einiges zu Ende. "Inhaltliche Klärung" nennt das die Parteispitze: keine Kompromisse mehr mit Sahra Wagenknecht, die öffentlich über die Gründung einer neuen Partei nachdenkt.
    Zur "inhaltlichen Klärung" gehört wohl auch, dass die bisherige Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehen will.

    "Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht"

    Mohamed Ali hätte wohl ohnehin kaum Chancen auf Wiederwahl am 4. September an die Fraktionsspitze gehabt. Und doch scheint ihr Rückzug die Fraktion dem Ende nochmal ein Stück näher zu bringen. Oder wie Klaus Ernst, ein Wagenknecht-Vertrauter mit großen Sympathien für eine Parteineugründung, sagt:

    Die permanenten Versuche des Parteivorstands, den neuen Kurs der Fraktion aufzuzwingen, führt letztlich auch zum Rückzug von Menschen aus Führungspositionen. Er wird den Niedergang der Linken wohl beschleunigen.

    Klaus Ernst (Linke), Bundestagsabgeordneter

    Ein anderer Vertrauter, der Abgeordnete Alexander Ulrich, fügt hinzu: "Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht".
    Durchaus vorstellbar, dass nun auch Amira Mohamed Ali sich mit ihrem Schritt frei macht, um bei einem neuen Parteiprojekt dabei zu sein. Von Wagenknechts Parteigründungs-Gedankenspielen hat sie sich nie distanziert.
    Hätte sie als Fraktionsvorsitzende aber müssen, sagt der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger:

    Klar muss auch sein, dass eine Fraktionsvorsitzende nicht akzeptieren darf, dass aus der eigenen Partei heraus eine Konkurrenzpartei gegründet wird.

    Bernd Riexinger (Linke), ehemaliger Parteichef

    Linken-Abgeordneter: "Die Hoffnung stirbt zuletzt"

    Deutlich auf Distanz zur Parteispitze war Mohamed Ali zuletzt gegangen, als der Parteivorstand im Juni beschloss: "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht." Den Beschluss nannte Mohamed Ali damals "einen großen Fehler".
    Sie habe sich mit dieser Positionierung ins Abseits gestellt, heißt es nun in der Parteispitze, die das Vorschlagsrecht für die neue Fraktionsspitze hat. Und doch bekommt Mohamed Ali für ihre Entscheidung auch Zustimmung, und zwar nicht nur vom harten Kern des so genannten "Wagenknecht-Lagers".
    Die gesundheitspolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl und der Leipziger Direktkandidat Sören Pellmann erklären, sie hätten Verständnis für Mohamed Alis Entscheidung.
    Pellmann hofft, so schreibt er auf Twitter, dass ihr Schritt "nun endlich zum Nachdenken bei den Mitgliedern des Parteivorstandes führt." Und endet bitter: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
    Amira Mohamed Ali
    Amira Mohamed Alis Entscheidung gegen eine erneute Kandidatur für den Fraktionsvorsitz ist nur ein Teil der Linken-Krise.
    Quelle: dpa

    "Radikaler als die Grünen" - Wasser auf die Mühlen

    Am 10. Juni hatte die Parteispitze den Bruch mit Wagenknecht vollzogen. Mohamed Ali sieht darin "den Wunsch und das Ziel, einen Teil der Mitgliedschaft bewusst aus der Partei zu drängen."
    Es war ein Bruch, von dem aus die Parteiführung die "inhaltliche Klärung" weiter betrieben hat. Zuletzt mit der Entscheidung, die parteilose Klima- und Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete zur Kandidatin für die Europawahl aufzustellen.
    Oder mit der klaren Positionierung als Klimaschutzpartei. Seine Partei sei beim Klimaschutz "radikaler als die Grünen", hatte Parteichef Martin Martin Schirdewan im ZDF-Sommerinterview gesagt. Für die, die vor einer "Grünisierung" der Linken warnen, war das Wasser auf die Mühlen.

    Wagenknecht: Linke bald nur noch bedeutungslose Splitterpartei

    Sahra Wagenknecht selbst nimmt die Entscheidung Mohamed Alis heute zum Anlass, um gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio noch einmal nachzulegen:

    Der Kurs der Parteiführung, vor allem um junge Klimaaktivisten zu werben und die Vernachlässigung der Probleme normaler Bürger, die angesichts der desaströsen Politik der Ampel Angst um ihre Zukunft haben, wird zu weiteren Wahlniederlagen führen und macht die Linke perspektivisch zu einer bedeutungslosen Splitterpartei.

    Sahra Wagenknecht

    Wie geht es bei der Linken nun weiter?

    Kurz nach Amira Mohamed Alis Entscheidung haben die Parteichefs Janine Wissler und Martin Schirdewan eine dürre Erklärung abgegeben:

    Wir nehmen die Ankündigung von Amira Mohamed Ali, nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, mit Respekt zur Kenntnis.

    Erklärung der Linken-Parteispitze

    Für weitere Interviews standen sie erstmal nicht zur Verfügung.
    Vor die Presse tritt heute der linke Klimapolitiker und stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin. Auch er klingt ganz nach Abschied und Ende:

    Wir werden darum kämpfen, so viele Menschen wie möglich in unserer Partei zu halten. Mag sein, dass eine Minderheit in dieser Partei einen anderen Weg geht, in ein anderes Projekt. Das können wir dann an diesem Punkt nicht verhindern.

    Lorenz Gösta Beutin (Linke), stellv. Parteivorsitzender

    Der Rückzug von Amira Mohamed Ali hat einmal mehr "inhaltlich geklärt": es passt nicht mehr zusammen, was - noch - per Parteibuch zusammen gehört. Das Ende kann sehr schnell gehen.
    Andrea Maurer ist Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio.

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