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"Haschheim" statt Aschheim?:Ein Spielplatz gegen den Cannabis-Anbau
von Alexandra Hawlin
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Im bayerischen Aschheim soll einer der ersten Cannabis-Clubs Deutschlands entstehen. Die Gemeinde wehrt sich - mit einem Kinderspielplatz.
Um zu vermeiden, dass aus Aschheim "Haschheim" wird, hat die bayerische Gemeinde in kürzester Zeit einen Spielplatz gebaut. Ziel: den Bau eines Cannabis-Clubs in unmittelbarer Nähe verhindern.25.03.2024 | 1:59 min
"Wir lagen uns in den Armen, es gab Gänsehaut und Tränen", erzählt Wenzel Cerveny von dem Moment, als der Bundesrat die Teil-Legalisierung von Cannabis billigte. Cerveny ist Gründer des Cannabis-Clubs in Aschheim bei München. Für seine Club-Mitglieder organisierte er am Freitag ein Public Viewing.
Seitdem erreichen ihn Telefonate und Nachrichten. Er hat schon jetzt weit mehr Anfragen als die erlaubte Anzahl von 500 Club-Mitgliedern für die Anbauvereinigung, die er in Aschheim plant.
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Knapp 100 zahlen bereits Beiträge, der Altersdurchschnitt liegt bei 50 Jahren. "Die sogenannten Boomer", sagt Cerveny. Eine Mitgliedschaft ist ab 25 Jahren möglich.
Warum ein Spielplatz Cerveny Probleme bereiten kann
Doch die Gemeinde will verhindern, dass das beschauliche Aschheim mit knapp 10.000 Einwohner nordöstlich von München zu "Haschheim" wird, wie Medien bereits titelten. So wurde in kürzester Zeit ein neuer Spielplatz aus dem Boden gestampft, keine 200 Meter von dem Gebäude entfernt, in dem Cerveny Cannabis anbauen will.
Zwei Wipptiere, ein hellblaues Spielhäuschen und eine Bank auf einer Fläche von etwa drei Parkplätzen stehen nun vor dem Rathaus. Klein und etwas trist, aber genug, um die Pläne von Cerveny womöglich zu verhindern. Denn laut Gesetz sind Anbauvereinigungen "im Bereich von 200 Metern um den Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Kinderspielplätzen" nicht geeignet.
Dieser kleine Spielplatz soll den Cannabisanbau von Wenzel Cerveny verhindern.
Quelle: ZDF
Sorge vor Drogenszene durch Cannabis-Club
Die Gründe der Gemeinde sind vor allem zwei, erklärt Christian Schürer, Geschäftsleiter der Gemeinde:
Zum anderen schränke ein Cannabis-Club auch die Planungshoheit der Gemeinde ein. "Stellen Sie sich vor, als Gemeinde planen Sie auf dem Grundstück X einen Kinderspielplatz, einen Kindergarten oder eine Schule. Auf dem danebenliegenden Grundstück Y befindet sich aber ein Anbauverein, das bedeutet, dass die Gemeinde diese Pläne dann nicht umsetzen kann", sagt Schürer.
Zum 1. Juli sollen auch sogenannte Anbauvereinigungen erlaubt werden - so etwas wie Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben dürfen.
An einem Tag sollen es aber höchstens 25 Gramm je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm sein. Für 18- bis 21-Jährige sind monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) zulässig, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung.
Die Clubs sind als nicht kommerzielle Vereine zu organisieren und brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Das Anbaugebäude darf keine Wohnung sein und keine auffälligen Schilder haben. Werbung ist tabu, auch Cannabis-Konsum direkt vor Ort. Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden, für Transporte sollen Regeln gelten.
An einem Tag sollen es aber höchstens 25 Gramm je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm sein. Für 18- bis 21-Jährige sind monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) zulässig, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung.
Die Clubs sind als nicht kommerzielle Vereine zu organisieren und brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Das Anbaugebäude darf keine Wohnung sein und keine auffälligen Schilder haben. Werbung ist tabu, auch Cannabis-Konsum direkt vor Ort. Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden, für Transporte sollen Regeln gelten.
Restriktiver Kurs in Bayern
Mit der Haltung liegt Aschheim auf Kurs mit der bayerischen Regierung und versucht auf kommunaler Ebene zu stoppen, was Ministerpräsident Markus Söder und die Union auf Bundesebene nicht aufhalten konnten.
Markus Söder auf X
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"Die Haltung steht in guter, plausibler Tradition der Politik innerer Sicherheit, die eher repressiv ist", beobachtet Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl. In der Frage der Cannabis-Legalisierung gehe es nicht primär darum, der Ampel eins auszuwischen. Das dominierende Motiv nach Riedl sei vielmehr die parteipolitische Position, die eine völlig andere ist als die der Ampel-Koalition im Bund.
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"Dass Drogen nicht legal zu sein haben, das ist ein Grundprogramm der CSU und bei der Drogenpolitik ist man stärker auf der repressiven Seite als auf der präventiven", so Riedl.
Man sei nicht zuständig für die große Politik, die in Berlin oder München gemacht wird, betont Christian Schürer von der Geschäftsleitung der Gemeinde Aschheim. "Wir haben uns den Gesetzesentwurf angeschaut und der Gemeinderat hatte entschieden, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Cannabisanbau in Aschheim zu unterbinden", so Schürer.
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Aschheim: Bundesweiter Präzedenzfall?
Cerveny steht seit Monaten in den Startlöchern. In einer ehemaligen Rewe-Filiale hat er im Februar einen Hanfladen eröffnet und nun will er auch einen Cannabis-Club hochziehen.
Seit November bezahlt er Miete für das Gebäude, in dem er anbauen will, hat laufende Kosten von 20.000 Euro pro Monat. "Ein Spielplatz ist eine tolle Sache, aber wenn man ihn baut, um etwas zu verhindern, dann ist das Missbrauch. Wir gehen natürlich davon aus, dass wir zuerst da waren", sagt er.
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Den Antrag für den Anbau-Club will er so schnell wie möglich stellen. Sollte dieser abgelehnt werden, will er die Sache gerichtlich klären lassen, weil dies bundesweit auch für andere Vereine klargestellt werden müsse, findet Cerveny. Er sieht in seinem Fall einen Präzedenzfall.
Noch sieht er die Sache gelassen, der Name seines Vereins "Chill Out" ist auch bei ihm Programm. Vielleicht auch deshalb, weil der Geschäftsmann schon einen Plan B hat. Er hat sich Container bestellt, in denen angebaut und ausgegeben werden könnte. Damit wäre er ortsunabhängig.
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