Angela Merkel bei "Illner": Blick auf 16 Jahre Regieren
Exklusives Interview bei illner:Wie gut haben Sie regiert, Frau Merkel?
von Torben Schröder
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Ob Investitionsstau, Russland-Politik, Atomausstieg oder Migration: Nennenswerte Fehler in ihrer Amtszeit will die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel nicht erkennen.
Sehen Sie hier die Sendung "maybrit illner" vom 28. November 2024.28.11.2024 | 62:15 min
Dem Titel fehlt es nicht an Ironie. "Wie gut haben Sie regiert, Frau Merkel?", ist die ZDF-Sendung "maybrit illner" mit der Altkanzlerin überschrieben. Und anderes als verschiedene Stufen von "gut" lässt sich Angela Merkel auch nicht entlocken, egal wie viele kritische Stimmen die Moderatorin auch ins Feld führt.
In Sachen Klima, sagt Merkel, sei das Gefühl geblieben, dass eigentlich mehr hätte gemacht werden müssen - aber in ganz Europa.
Und der Kernkraft-Ausstieg? Nach Fukushima sei ein möglicher Reaktorunfall nicht länger zu verantworten gewesen. Außerdem sei es gut gewesen, andere Länder nicht zur Atomenergie zu verleiten. Daher halte sie den Ausstieg weiter für richtig.
Die frühere Kanzlerin Angela Merkel hat am Dienstag ihre Memoiren „Freiheit“ vorgestellt. Auf über 700 Seiten zieht sie Bilanz über ihr bisheriges Leben und ihre politische Karriere.27.11.2024 | 2:20 min
Merkel spricht über Abhängigkeit von russischem Gas
Und doch hält Merkel fest, ihre Nachfolgeregierung habe "sehr, sehr große Probleme zu lösen gehabt". Ein Lob für die Ampel gibt es dafür, wie schnell sie die Abhängigkeit von russischem Gas beseitigt habe - zum Preis steigender Energiepreise. Genau diese, mit ihren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft, habe sie vermeiden wollen.
Die Abhängigkeit von Putins Gas? "Eine Frage zwischen wertegebundener Politik und Realpolitik." Jetzt gelte es, alles daran zu setzen, Energie zu sparen und die Erneuerbaren auszubauen.
"35 Jahre im Osten, 35 Jahre im Westen gelebt, sie ist heute 70 Jahre alt. Genau deswegen hat sie zu dem Zeitpunkt jetzt dieses Buch schreiben wollen", so Wulf Schmiese, stellv. Leiter ZDF-Hauptstadtstudio.27.11.2024 | 4:53 min
Merkel räumt ein: Abschreckung kam zu kurz
Auch hinter der Entscheidung, sich 2008 gegen die Aussicht auf einen schnellen Nato-Beitritt der Ukraine ausgesprochen zu haben, steht Merkel. Putin hätte das damals kaum unbeantwortet gelassen, ohne dass die Ukraine schon einen Schutzstatus gehabt hätte.
Zum Krieg sagt Merkel:
Zum aktuellen Regierungshandeln gebe es "gar keine vernünftige Alternative". In ihrer Amtszeit sei "die Abschreckungskomponente zu kurz gekommen". Denn: Der Koalitionspartner SPD habe gebremst, die Grünen hätten massiv opponiert. "Was damals nicht schnell genug ging, muss nun besonders schnell nachgeholt werden."
Eine "fatale Rolle" auf dem Weg zum Angriff Russlands auf die Ukraine habe die Corona-Pandemie gespielt, weil der persönliche Kontakt zum russischen Präsidenten abgerissen sei.
Eine falsche Russland-Politik ihrerseits? "Ich kann das nicht erkennen."
Die frühere Kanzlerin Angela Merkel zieht in ihrer Autobiografie "Freiheit" eine wenig selbstkritische Bilanz ihres Lebens und ihrer Politik.26.11.2024 | 3:05 min
Merkel fordert Reform der Schuldenbremse
Die Schuldenbremse habe es nach der Weltfinanzkrise gebraucht. Nun plädiert Merkel für eine Reform. Denn: "Wir stehen unter einem großen Investitionszwang." Dabei denkt sie an Verteidigung, Transformation und Digitalisierung. Und spricht sogar von "Riesen-Rückständen". Selbstkritik? Gegenrede! "Wir haben natürlich auch in die Zukunft investiert."
Aber: "Es ist vielleicht von der deutschen Wirtschaft an einigen Stellen nicht klug genug in die Zukunft investiert worden."
Muss Deutschland mehr Geld ausgeben, um Straßen und Schulen zu sanieren? Auch auf Pump? ZDF-Korrespondentin Britta Spiekermann erklärt, was dafür spricht. Und was dagegen.26.11.2024 | 1:33 min
Schutz der EU-Außengrenzen und Abkommen mit Herkunftsländern
"Nicht so schlecht gemacht" lautet das Eigen-Etikett in Sachen Familienpolitik und Gleichberechtigung. Und die illegale Migration?
Es brauche, was schon damals ihr Kurs gewesen sei, den Schutz der EU-Außengrenzen sowie Abkommen mit den Herkunfts- und Transitländern. Beispiel: der viel diskutierte Erdogan-Deal.
Zum Erstarken der AfD sagt sie, es habe "uns, den demokratischen Parteien", nicht gut getan, so sehr über das Flüchtlingsthema zu streiten. Daher hoffe sie auf "Maß und Mitte" im kommenden Wahlkampf. Und schließt mit einem Bekenntnis zur CDU als Partei der Sozialen Marktwirtschaft.