Paus blockiert Lindner:"Erpressung": Nächste Runde im Ampel-Zoff
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Mehr Harmonie hatte sich die Ampel auferlegt und weniger Zoff. Doch nach der Sommerpause gibt's den nächsten grün-gelben Eklat: Es geht um Geld, von "Erpressung" ist die Rede.
Nach der Sommerpause sollte alles besser werden, das hatte sich die Ampel-Koalition vorgenommen. Weniger Streit, weniger Hickhack, mehr Geschlossenheit. Oder "weniger laut, aber weiter mit Ergebnissen", wie Kanzler Olaf Scholz es ausdrückte.
Gehalten hat der Vorsatz nur kurz, gleich in der ersten Kabinettssitzung kam der Rückfall: Familienministerin Lisa Paus (Grüne) blockiert ein Gesetz mit Steuererleichterungen für Unternehmen und fordert mehr Geld für die Kindergrundsicherung.
Das sogenannte Wachstumschancengesetz mit rund 50 Steuererleichterungen für Firmen sollte die ins Stocken geratene Konjunktur ankurbeln. Sechs Milliarden Euro Entlastung für die Wirtschaft, so der Plan von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzte noch eine Ergänzung durch und stimmte zu. Es gebe "große Einigkeit", sagte seine Sprecherin am Mittwoch.
Paus blockiert in letzter Sekunde
Doch in letzter Sekunde blockierte Grünen-Ministerin Paus das Vorhaben. Man könne nicht so viel Geld in die Wirtschaft stecken, aber nicht mehr in die Kindergrundsicherung zur Unterstützung von Familien mit wenig Geld, argumentierte Paus nach Angaben aus Regierungskreisen.
Erpressungsvorwürfe der FDP wies Paus jedoch zurück: "Ich halte nichts davon, wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen oder höhere Verteidigungsausgaben gegen mehr Mittel für armutsbedrohte Familien auszuspielen", sagte die Grünen-Politikerin der "Welt".
FDP-Vize-Chef Wolfgang Kubicki hatte zuvor dem "Tagesspiegel" gesagt: "Sie hat ihrem Anliegen einen schlechten Dienst erwiesen, denn Erpressungen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes massiv beeinträchtigen, können in der Fortschrittskoalition keine Zukunft haben."
Kanzler will Wogen glätten
Die FDP wiederum hat bei den Koalitionskrachs der vergangenen Monate selbst keine weiße Weste. Auch der Streit um die Finanzierung der Kindergrundsicherung schwelt in der Ampel schon lange. Die Bundesregierung will sie noch in dieser Legislaturperiode einführen. Familien sollen so leichter an staatliche Leistungen kommen.
Doch vor allem die Grünen wollen durchsetzen, dass Leistungen auch erhöht werden, um mehr gegen Kinderarmut im Land zu tun. Dafür reicht das von Lindner bewilligte Geld lange nicht aus.
Der Kanzler will den Streit rasch beenden. Das Wachstumschancengesetz werde bei der Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen werden, versicherte Olaf Scholz am Nachmittag auf dem NRW-Unternehmertag in Düsseldorf. Die wenigen Tage bis dahin werde man nutzen, um das Gesetz "noch ein bisschen schöner zu machen".
Faeser: Kein Streit in der Koalition
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bestritt sogar, dass es überhaupt einen Konflikt in der Koalition gibt: "Ich stelle keinen Ärger in der Bundesregierung fest", sagte sie bei einem Besuch in Hessen. Zuletzt hatte Scholz mit Blick auf die Kindergrundsicherung ein schriftliches Machtwort gesprochen und Paus aufgefordert, bis Ende August einen in der Regierung geeinten Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser sei "in den letzten Zügen", sagte Paus Anfang der Woche.
Was im Finanzministerium aufstößt, ist auch, dass die Grünen offenkundig nicht mit einer Stimme sprechen. Immer wieder wird betont, dass man sich mit Habecks Wirtschaftsministerium einig gewesen sei. "Insbesondere der grüne Koalitionspartner ist nun gebeten, intern seine Prioritäten zu klären und eine gemeinsame grüne Position in die Koalition einzubringen", so der Appell.
Lindner-Ministerium: Selbst Finanzierungs-Vorschläge machen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte: "Die innere Zerstrittenheit der Grünen verhindert essenzielle wirtschaftliche Impulse, die Deutschland in der derzeitig schwierigen Lage dringend nötig hat." Paus spiele Soziales gegen die Wirtschaftskraft aus.
Wenn die Familienministerin mehr als die eingeplanten zwei Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung haben wolle, müsse sie selbst Vorschläge zur Gegenfinanzierung machen, hieß es in Lindners Ministerium.
Wirtschaft: Paus schießt Eigentor
Auch Vertreter der Wirtschaft äußerten sich entsetzt. "Damit hat Familienministerin Lisa Paus der grünen Regierungsbeteiligung ein unglaubliches Eigentor geschossen", erklärte der Verband der Familienunternehmer. "Und das auch noch als Blutgrätsche gegenüber dem Finanzminister - vor allem aber gegenüber dem eigenen Vizekanzler Habeck."
Quelle: Theresa Münch, Stella Venohr, dpa