Einreisen aus Afghanistan:Baerbocks Affären: Mal zu lax, mal zu streng
von Andreas Kynast
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Bei der Visa-Vergabe für Menschen aus Afghanistan ist Außenministerin Baerbock mit zwei gegensätzlichen Vorwürfen konfrontiert: Zu großzügig zu sein - und zu bürokratisch.
Außenministerin Annalena Baerbock steht wegen einer Visa-Affäre unter Druck.
Quelle: dpa
Drei Jahre nach der Rückkehr der Taliban hat Deutschland zwei Versprechen gebrochen. Das eine war an die Ortskräfte gerichtet, die den Deutschen unter gefährlichen Umständen geholfen haben. Es lautete: Wir lassen Euch nicht im Stich.
Das andere Versprechen hat die Bundesregierung der deutschen Bevölkerung gegeben: Sicherheit hat oberste Priorität. In beiden Fällen haben Oppositionsparteien nicht nur Wortbruch, sondern vor allem eine Schuldige ausgemacht: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
"Frau Außenministerin Baerbock scheut offensichtlich nicht davor zurück, Abstriche bei der Sicherheit zu machen, wenn es um die Verfolgung ihrer politischen Agenda geht", sagt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm, dem ZDF. Gemeint ist der Verdacht, dass Baerbock Botschaftsangestellte anweisen ließ, bei der Visa-Erteilung für Menschen aus Afghanistan nicht so genau hinzusehen.
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Visumvergabe trotz gefälschter Papiere
Die Magazine "Cicero" und "Focus" berichten über Fälle, in denen Antragstellern trotz fehlender oder gefälschter Papiere die Einreise nach Deutschland erlaubt wurde. Mahnungen von Diplomaten seien überhört oder gar bestraft worden. "Mauscheleien und politisch motivierte Personalschiebereien" wirft Unionspolitiker Throm der Führungsebene im Auswärtigen Amt vor.
Baerbock weist die Vorwürfe zurück. Wenn ein Antragsteller nicht die Wahrheit sage, erhalte er kein Visum, sagte die Grünen-Politikerin. Allerdings haben die Vorwürfe dazu geführt, dass das Auswärtige Amt die Bearbeitung von Aufnahmeanträgen vergangenes Jahr vorübergehend aussetzte, um zusätzliche Sicherheitsroutinen zu etablieren. In drei Fällen, in denen es Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Visumvergabe gibt, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
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Gegenteilige Kritik aus der Zivilgesellschaft
"Hier wird ein Popanz aufgebaut", sagt Thomas Ruttig, Mitbegründer des unabhängigen Think Tanks Afghanistan Analysts Network dem ZDF. Auch er ist wütend auf die Bundesregierung - aber aus dem gegenteiligen Grund. "Es gab das Versprechen, wir lassen Euch nicht im Stich, aber dann hat die Bundesregierung sehr hohe Hürden aufgestellt."
Die Bundesregierung hatte am 17. Oktober 2022 ein großes Evakuierungsprogramm für Afghanistan verkündet: das Bundesaufnahmeprogramm. Was ist daraus geworden?17.10.2023 | 9:33 min
Die Ortskräfte, die zusammen mit den Deutschen ihre Leben riskiert haben, seien bereits überprüft worden. Aber auch die Behandlung der anderen, besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen, denen Deutschland im Rahmen eines Bundesaufnahmeprogramms Zuflucht gewähren wollte, sei zu bürokratisch, kritisiert Ruttig, der mehr als 13 Jahre in Afghanistan gelebt hat.
Auch aus der Linkspartei und aus Hilfsorganisationen wird der Bundesregierung vorgeworfen, schutzbedürftige Menschen zu verraten. Zusagen würden reihenweise zurückgenommen, Verfahren verzögert, Antragsteller über Monate im Unklaren gelassen. Dazu kommt, dass Innenministerin Faeser laut einem ARD-Bericht plant, die Finanzierung des Aufnahmeprogramms um 90 Prozent zu kürzen.
Seit drei Jahren sind die Taliban in Afghanistan an der Macht. Der Alltag der Bevölkerung ist geprägt von Versorgungskrisen, Unterdrückung und Hunger. 13.08.2024 | 5:59 min
CDU verteidigt Bundesregierung
"Deutschland lässt seine ehemaligen Ortskräfte nicht im Stich", sagt dagegen CDU-Innenpolitiker Throm - und verteidigt in diesem Fall die Bundesregierung. Von allen westlichen Ländern habe Deutschland bei weitem die meisten gefährdeten Menschen aus Afghanistan aufgenommen.
Von der Regierung verlangt die Union, Einreisen aus Afghanistan nur noch im Ausnahmefall zu genehmigen: "Deutschland kann nicht ganz Afghanistan retten - zumal in den letzten Jahren auch überwiegend junge Männer zu uns gekommen sind und eben nicht unterdrückte Frauen." Alle, über das Ortskräfteverfahren hinausgehenden Aufnahmen müssten sofort beendet werden.
Den Druck auf Außenministerin Baerbock wollen ihre unterschiedlichen Kritiker erhöhen. In der Visa-Affäre fordert die AfD einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Die Union schließt ein solches Mittel nicht aus.
Geheime Akten, die dem ZDF vorliegen, zeigen: Als die Taliban Afghanistan eroberten, handelte die Regierung Merkel fahrlässig - trotz besserem Wissen. Und bat dann Putin um Hilfe.