Tausende Arztpraxen bleiben aus Protest geschlossen

    Protest gegen Gesundheitspolitik:Tausende Arztpraxen bleiben heute zu

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    "Wir sind ausgeblutet": Heute wollen Tausende Arztpraxen in Deutschland schließen - aus Protest gegen die Gesundheitspolitik. Minister Lauterbach kritisiert die Forderungen.

    Tausende Haus- und Fachärzte wollen am heutigen Montag aus Protest gegen die Gesundheitspolitik ihre Praxen nicht öffnen. In verschiedenen Städten sind Protestaktionen geplant, in Berlin sollen etwa am Mittag Ärztekittel symbolisch in der Öffentlichkeit niedergelegt werden.

    Virchowbund: "Wir sind ausgeblutet"

    Der Virchowbund hatte zu der Aktion aufgerufen, weitere knapp 20 Ärzteverbände sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen hatten sich angeschlossen. Der Virchowbund rechnet damit, dass deutschlandweit eine fünfstellige Zahl von Arztpraxen geschlossen sein werden.
    "Wir sind ausgeblutet. Seit 30 Jahren zwingen Politik und Kassen die Arztpraxen zu schmerzhaften Sparmaßnahmen. Wir können nicht mehr", hieß es in dem Aufruf auf der Virchowbund-Homepage.
    Praxisstreik: Protest gegen "Sparmaßnahmen"
    Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, zu den Gründen für den Protest.02.10.2023 | 4:45 min

    Virchowbund: Termine in Praxen "immer rarer"

    Die Praxen könnten die Patientinnen und Patienten nicht mehr so versorgen, wie sie wollten, beklagte der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, im ZDF-Morgenmagazin. Durch Sparmaßnahmen und Leistungskürzungen würden Termine für Patientinnen und Patienten "immer rarer".
    Er verwies auf die Streichung der sogenannten Neupatientenregelung zu Jahresbeginn, die Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize bot, damit sie neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten. Dieser Schritt müsse zurückgenommen werden, forderte Heinrich.

    Kritik an Lauterbach: Umbau "Richtung Staatsmedizin"

    Der Protest richtet sich in erster Linie gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der die Belange der niedergelassenen Mediziner missachte und das Gesundheitssystem in "Richtung Staatsmedizin umbauen" wolle.
    Zudem seien viele Praxen durch Inflation, hohe Energiepreise oder auch Fachkräftemangel in Not.
    Zu den zentralen Forderungen der Ärzte zählen unter anderem:
    • die Wiedereinführung der Neupatientenregelung
    • das Ende der Budgetierung
    • mindestens 5.000 Medizinstudienplätze mehr pro Jahr

    Lauterbach weist Forderungen zurück

    Minister Lauterbach hat Forderungen nach mehr Geld indes infrage gestellt. "Am Brückentag schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld. Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr", schrieb der Sozialdemokrat auf der Internet-Plattform X (vormals Twitter).

    Post von Lauterbach

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    Und er fragte - offensichtlich rhetorisch gemeint:

    Soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer steigen, damit das Honorar weiter steigt?

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

    Der Virchowbund nennt andere Summen als Lauterbach und spricht von einem Praxisüberschuss von 172.903 Euro im Jahr und einem Nettoeinkommen - nach Abzug von Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Einkommenssteuer - von 85.555 Euro.

    Flächendeckender Not- und Bereitschaftsdienst

    Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung soll es einen flächendeckenden Not- und Bereitschaftsdienst geben. Patientinnen und Patienten sollten auf entsprechende Praxis-Aushänge und Angaben auf den Praxis-Anrufbeantwortern achten.

    Jeder Patient, der heute dringendsten Bedarf hat, Notfälle, werden natürlich versorgt.

    Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes

    Quelle: dpa, AFP, ZDF

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