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Gremium aus der Bevölkerung:Andere Sicht: Darum geht's beim Bürgerrat
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Ein Bürgerrat soll darüber debattieren, wie sich Deutschland gesünder und nachhaltiger ernähren kann. Heute wurden die 160 Teilnehmer final ausgelost - Fragen und Antworten.
Erstmals soll es in diesem Jahr einen Bürgerrat geben - und zwar zum Thema Ernährung. Am Freitag wurden die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgelost. Starten soll der Rat Ende September. Darum geht es:
Was ist das Ziel?
Die Ampel-Parteien hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, "neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte" zu nutzen. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sieht in ihnen ein Mittel, die "Kluft" zwischen Bevölkerung und Parlamentariern wieder etwas zu verkleinern. Auch könnten andere Sichtweisen Parlamentarier dazu anregen, festgefahrene Positionen zu überdenken.
Wie wurden die Mitglieder ausgewählt?
Bas hatte Mitte Juni knapp 20.000 zufällig ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus 82 ebenfalls per Zufall bestimmten Gemeinden zur Teilnahme eingeladen. Gut 2.000 zeigten Interesse. Ein Algorithmus ermittelte 1.000 mögliche Zusammensetzungen eines Bürgerrates gemäß vorgegebener Kriterien: geografische Herkunft, Geschlecht, Alter, Gemeindegröße und Bildungsstand.
ZDF-Reporterin Ines Trams mit einer Einschätzung zum Bürgerrat:
Unter den Mitgliedern des nun ausgelosten Bürgerrats sind nach Angaben der Organisatoren unter anderem auch 2,5 Prozent Veganer und 10 Prozent Vegetarier. Beim Bildungsstand seien zunächst mehr als 70 Prozent mit Hochschulabschluss unter den Interessenten gewesen - im ausgelosten Rat sind Akademiker nun mit rund 26 Prozent vertreten.
Warum wurde Ernährung als Thema gewählt?
Der Koalitionsvertrag hatte das Thema offengelassen. Die Regierungsfraktionen entschieden sich dann aber fürs Thema Ernährung, weil dies viele Menschen umtreibt und in ihrem Alltagsleben betrifft. Per Parlamentsbeschluss wurde der Rat entsprechend auf den Weg gebracht. Konkret soll er sich dazu äußern, was "zu einer transparenten Kennzeichnung von sozialen Bedingungen, von Umwelt- und Klimaverträglichkeit und von Tierwohlstandards" auf Lebensmitteln gehört. Erörtert werden soll auch, welchen "steuerlichen Rahmen" der Staat für die "Preisbildung von Lebensmitteln" setzen sollte. Auch Konzepte gegen Lebensmittelverschwendung stehen auf der Agenda.
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Was passiert mit den Ergebnissen?
Der Bürgerrat wird am 29. September feierlich eröffnet. Vorgesehen sind drei Wochenendsitzungen und sechs digitale Abendveranstaltungen. Der Rat soll seine Beratungen bis Ende Februar abschließen und konkrete Handlungsempfehlungen vorlegen. "Diese fließen in die parlamentarischen Beratungen ein", erklärt der Bundestag. Eine Pflicht zur Berücksichtigung gibt es aber nicht: "Was umgesetzt wird und was nicht, entscheiden am Ende aber allein die Mitglieder des Deutschen Bundestages."
Ist es der erste Bürgerrat?
Zumindest der erste, der durch das Parlament eingesetzt wurde. In der vergangenen Legislaturperiode hatte es bereits einen Bürgerrat zum Thema Außenpolitik unter Schirmherrschaft des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) gegeben. Dieses Projekt wurde aber von einem Verein organisiert.
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Was sagen Kritiker?
In der Union gibt es die Befürchtung, dass das Vorhaben "die Bedeutung von Parlamenten unterminiert", wie die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann im Mai sagte. Auch der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warnte diese Woche, legitime Bemühungen um mehr Bürgerbeteiligung dürften "nicht zu einer fortschreitenden Erosion des Konzepts der repräsentativen Demokratie führen".
Die AfD hält Bürgerräte für unnötig und fordert vielmehr "die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden". Die Linksfraktion fordert, dass die Empfehlungen des Bürgerrats "verbindlicher" für das Parlament sein sollten. Bas verteidigte in der ARD das Gremium: Es sei "eine Bereicherung und kein Nebenparlament".
Quelle: AFP, dpa
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