Wagenknecht-Partei:Warum die Neuwahl für das BSW ein Dilemma ist
von Christiane Hübscher
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Sahra Wagenknecht hat mit am lautesten nach Neuwahlen gerufen. Doch nun steht sie mit ihrer jungen Partei vor einer riesigen Herausforderung.
Die Neuwahlen stellen das BSW vor große Herausforderungen.
Quelle: imago images
Die Umfragen können ihr nicht gefallen. Seit Wochen bewegt sich das BSW in der Sonntagsfrage gefährlich nahe an der Fünf-Prozent-Hürde, neulich erstmals sogar darunter.
Schwierige Koalitions-Verhandlungen in den Ländern
Sahra Wagenknecht weiß: Schafft ihre Partei den Einzug in den Bundestag nicht, ist das BSW-Projekt als Ganzes in Gefahr. Natürlich könne es sein, so die Parteichefin am Dienstag im Bundestag, dass zuletzt beides nicht geholfen habe: Dass man in Sachsen nicht mitregiere, in Thüringen und Brandenburg hingegen schon. Dadurch sei "bei Wählerinnen und Wählern teilweise vielleicht nicht das eingelöst, was sie erwartet hatten", so Wagenknecht.
Gestern wurde der Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW beschlossen. Beide Parteien konnten sich nach langen Verhandlungen einigen.28.11.2024 | 1:58 min
In der Partei gibt es durchaus die Befürchtung, dass vor allem das Drama, das das BSW in Thüringen und Sachsen aufgeführt hat, Wähler verprellen könnte. In Dresden stiegen die BSW-Vertreter Anfang November aus den Verhandlungen mit CDU und SPD aus, weil man sich nicht auf eine von Wagenknecht gewünschte Friedensformel einigen konnte.
In Thüringen kommt es zwar nun zu einer solchen "Brombeer-Koalition", aber der Preis dafür war hoch: Ein öffentlich ausgetragener Machtkampf zwischen Sahra Wagenknecht und der BSW-Landeschefin Katja Wolf, der gerade noch so befriedet werden konnte. Vergleichsweise geräuschlos verständigte sich in Brandenburg gerade BSW-Chef Robert Crumbach mit SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke auf eine Zweier-Koalition.
Konkurrenz durch "Friedenskanzler" Scholz?
Inhaltlich muss Wagenknecht um ihre politischen Bestseller fürchten: Den Ruf nach Frieden bedient die SPD mittlerweile selbst. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zielt im Wahlkampf offensichtlich auch auf die Kriegsangst vieler Deutschen - und damit auch auf BSW-Wähler.
Wagenknecht spielt das herunter. Scholz habe schließlich mit seiner Kiew-Reise gerade erst wieder dokumentiert, dass ihm weitere Waffenlieferungen wichtiger seien als ein schneller Waffenstillstand und Friedensverhandlungen.
Doch was, wenn mit Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus am 20. Januar tatsächlich zügig Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland beginnen würden? Dann verlöre das BSW kurz vor der Bundestagswahl sein Megathema.
BSW-Wahlkampf auf dem Drahtseil
Sowieso droht der Wahlkampf zum Balanceakt für Wagenknecht zu werden: Denn wie passt es zusammen, dass sie auf Marktplätzen, in Talkshows und auf Social Media weiter Friedrich Merz (CDU) und Scholz beschimpft, mit deren CDU und SPD sie sich in den Ländern gerade anschickt, zu regieren?
Hier die Attacke, da die Erwartung, konstruktiv zu sein - das dürfte kommunikativ herausfordernd werden.
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Wagenknecht-Partei fehlt es an Geld
Zudem fehlt dem BSW massiv Geld für den Wahlkampf, die Neuwahl kommt für die junge Partei finanziell zu früh. Erst ab Ende Februar kann das BSW mit Geldern aus der staatlichen Parteienfinanzierung rechnen, da ist der Wahlkampf bereits gelaufen.
Schatzmeister Ralph Suikat plant deshalb nur mit vier statt sechs Millionen Euro Wahlkampfbudget und ist auf der Suche nach frischem Geld. Suikat sagt im Gespräch mit ZDFheute:
In den nächsten Tagen will das BSW auch Spendenvideos veröffentlichen.
Bündnis Sahra Wagenknecht wolle eine links-konservative Repräsentationslücke schließen, so Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer. Für die Landtagswahlen fehlten noch Kandidaten.08.01.2024 | 6:52 min
BSW fehlt auch Personal
Doch mit wem will das BSW eigentlich in den Bundestag einziehen? In drei Bundesländern - Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern - muss die Partei bis zum Jahresende noch schnell die letzten Landesverbände gründen. Bundesweit gibt es bis heute gerade einmal um die 1.000 Mitglieder.
Spätestens jetzt fällt dem BSW sein rigider Aufnahmekurs auf die Füße. So werden bis heute zum Beispiel in Sachsen pro Monat nur fünf neue Parteimitglieder aufgenommen. Der Landesverband darf dafür Vorschläge machen, entschieden wird darüber nach wie vor in Berlin. Wagenknecht bittet die Länder nun um Kandidatenlisten für den Bundestag, auf Direktkandidaten verzichtet das BSW.