Per Dekret: Wie Trump die US-Geschichte neu definieren will
Analyse
Dekret aus dem Weißen Haus:Wie Trump die US-Geschichte neu definieren will
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Die Smithsonian-Museen als Schlachtfeld: Wie Trump die Geschichte Amerikas für seine politischen Zwecke umdeuten will. Ein gefährliches Spiel mit der Wahrheit.
Trump beauftragte Vance damit, in den Museen und im Zoo von Washington, Änderungen durchzusetzen.
Quelle: epa
In Washington D.C. blühen die Kirschbäume. Wie in jedem Frühling prägen Touristen das Bild der US-Hauptstadt, die ihren Besuch oft mit einem Ausflug zu den weltbekannten Museen verbinden - allen voran den kostenlosen Einrichtungen der "Smithsonian Institution".
Doch was die Touristen anlockt, ist US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Zwar hat er nichts gegen die Museen an sich, doch ihre "Ideologie", wie er es nennt, stößt ihm sauer auf.
Trump will US-Geschichte neu interpretieren
Im letzten Jahrzehnt seien "gezielte Versuche" unternommen worden, die Geschichte umzuschreiben, so Trump. Er macht eine "revisionistische Bewegung" verantwortlich, also eine Bewegung, die darauf abzielt, bestehende historische Darstellungen zu ändern. Diese soll seiner Ansicht nach von der demokratischen Vorgängerregierung unter Joe Biden unterstützt worden sein.
In einem Dekret, also einem präsidialen Erlass, mit dem der Republikaner die Geschichte der USA umdeuten will, schreibt Trump:
Das unvergleichliche Erbe unserer Nation, das Freiheit, Rechte des Einzelnen und das Glück der Menschen vorantreibt, wurde als rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch oder anderweitig unrettbar mit Makeln behaftet dargestellt.
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Donald Trump, US-Präsident
Trumps Vize J.D. Vance soll daher vor allem in Museen der "Smithsonian Institution" Darstellungen im Sinne der neuen Regierung ändern.
Jeffrey Goldberg, Chefredakteur der US-Zeitschrift "The Atlantic", hat mit uns über das Vorgehen der Trump-Regierung gegen die US-Presse gesprochen.06.03.2025 | 10:19 min
2020 gründet Trump 1776-Kommission
Der Schritt kommt nicht überraschend, was es nicht weniger bedeutend macht. Bereits 2020 gründete Trump die 1776-Kommission, die eine "patriotische Erziehung" fördern sollte. Ziel war es, die Geschichte Amerikas zu verherrlichen und ein Bild von Demokratie, Chancen und Güte zu zeichnen, das alle Schattenseiten der Vergangenheit ausblendet.
Diese Initiative war größtenteils eine Reaktion auf das 1619-Projekt der "New York Times", das die tiefgreifende Rolle von Sklaverei und Rassismus in der amerikanischen Geschichte seit dem 17. Jahrhundert aufzeigte.
In einer Zeit der rassistischen Aufarbeitung, ausgelöst durch wiederholte Polizeimorde an Schwarzen, gipfelnd im Mord an George Floyd, sollte das Projekt der "New York Times" die Amerikaner daran erinnern, dass die Vereinigten Staaten dem Rassismus nie wirklich entkommen sind. Trumps 1776-Kommission löste Biden im Jahr 2021 wieder auf.
Selbstgemalte Gemälde, Gedichte, Plakate: Im US-Bundesstaat Arizona wird aus Protest Kunst. Vier Jahre nach dem Tod von George Floyd halten Menschen in den USA die Erinnerung wach.26.05.2024 | 2:37 min
Rassismus als politisches Werkzeug: Trump und die weiße Arbeiterklasse
Rassismus sei die "Erbsünde der Nation", betont US-Historiker Donald Nieman gegenüber ZDFheute. Auch nach der Bürgerrechtsbewegung überlebte die Weltanschauung, nach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale ausgegrenzt werden, in Form von strukturellem Rassismus.
Nach dem aktuellen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor erleben 54 Prozent der Menschen in Deutschland, die sich Minderheiten zugehörig fühlen, mindestens einmal im Monat Rassismus.20.03.2025 | 1:35 min
Seit 2015 nutze Trump Ethnie, um weiße Arbeiter aus ländlichen Gebieten zu mobilisieren, die sich von der wachsenden Einkommensungleichheit benachteiligt fühlten, erklärt Nieman. "Trump schürt Unmut, indem er behauptet, Minderheiten und Einwanderer profitierten auf ihre Kosten."
Nach den Protesten 2020 verstärkte er seine rassistische Rhetorik und forderte "Recht und Ordnung", um Ängste zu schüren und sich Unterstützung zu sichern, so Nieman. Im Jahr 2020 fand Trumps "Projekt 1776" bei seiner Basis Unterstützung, doch er verlor die Wahl. 2024 griff er die Themen wieder auf, als er sich um die Wiederwahl bemühte.
Erstens kritisiert Trump DEI ("Diversity, Equity, and Inclusion", also "Diversität, Gleichberechtigung, Inklusion"), das seiner Meinung nach inkompetente Frauen und Minderheiten in Führungspositionen bringe, während es "würdigen weißen Männern" Chancen raube, so Nieman.
Zweitens schürt er Ressentiments gegen liberale Eliten, die seiner Ansicht nach Amerika durch ihren Fokus auf Rassismus und Sexismus verachten.
"Diese Ansichten stoßen bei seiner Basis gut an, die wenig von Geschichte versteht und eine einseitige, unkritische Erzählung bevorzugt", erklärt Nieman.
Warum Trumps Geschichtsrevision eine Bedrohung darstellt
Der Historiker erklärt, dass in den letzten fünfzig Jahren keine Regierung versucht habe, die Geschichte, die die Museen erzählen, zu beeinflussen. "Politiker haben zwar Exponate kritisiert, aber nie versucht, ihnen eine ideologische Agenda aufzuzwingen." Trump wolle jedoch die Geschichte umschreiben, um sie an sein eigenes Bild von Amerika anzupassen.
"Das ist gefährlich", sagt Nieman, da das Auslöschen von Ereignissen wie Sklaverei "uns daran hindere, aus der Vergangenheit zu lernen und die Gegenwart zu verstehen".
Trump und sein Vizepräsident wollen nicht, dass die Menschen sich gegen Ungerechtigkeit wehren und den Status quo in Frage stellen.
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Donald Nieman, Historiker
Stattdessen griffen sie die "Freiheit des Denkens und der Meinungsäußerung" an. "Die Kontrolle über die Darstellung der Vergangenheit ist ein Instrument, das autoritäre Regime einsetzen."
Die USA auf dem Weg zur Autokratie - darüber hat US-Korrespondent David Sauer berichtet.09.03.2025 | 3:23 min
2026: 250. Jahrestag der USA
Trump will das Projekt 1776 wieder aufgreifen, bilanziert Historiker Nieman. Sicherlich auch im Hinblick auf den 250. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit im Jahr 2026. Und welcher Ort wäre da besser geeignet als "Smithsonian", dessen Geschichtsmuseen jedes Jahr von Millionen von Amerikanern besucht werden?
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.
Quelle: dpa
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