Vorwurf der Wahlfälschung: Venezuela zieht Diplomaten ab

    Umstrittenes Wahlergebnis:Venezuela zieht Diplomaten ab, viele Proteste

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    Das Ergebnis der Präsidentenwahl in Venezuela wird kritisch aufgenommen. Die Regierung unter Maduro reagiert mit dem Abzug von Diplomaten. Die Menschen im Land protestieren.

    Gegner des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro nehmen an einer Kundgebung teil, zu der Präsidentschaftskandidat Edmundo Gonzalez Urrutia und Oppositionsführerin Maria Corina Machado am 30. Juli 2024 vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in Caracas aufgerufen hatten.
    Nach der Präsidentenwahl in Venezuela sind Tausende Regierungsgegner auf die Straßen gegangen. Die Opposition beansprucht den Sieg für sich und wirft Maduro Wahlmanipulation vor.31.07.2024 | 0:22 min
    Venezuela hat wegen Kritik an der mit Fälschungsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl angekündigt, sein gesamtes diplomatisches Personal aus mehreren lateinamerikanischen Ländern abzuziehen. Venezuela weise "die Einmischung und die Erklärungen einer Gruppe rechter Regierungen" auf das Schärfste zurück, teilte Venezuelas Außenminister Yvan Gil auf der Plattform X mit.
    Bei den Ländern handelt es sich um Argentinien, Chile, Costa Rica, Peru, Panama, die Dominikanischen Republik und Uruguay. Dies sind größtenteils die Staaten, die zuvor eine Dringlichkeitssitzung des Ständigen Rates der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beantragt haben, um eine Resolution zu erreichen. Venezuela verlangt außerdem von diesen Regierungen den Abzug ihrer Vertreter auf venezolanischem Staatsgebiet.
    Zussamenstöße zwischen Demonstranten und der Nationalgarde in Venezuelas Hauptstadt Caracas
    Nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Venezuela ist es bei Protesten gegen Staatschef Maduro zu Ausschreitungen gekommen. Die Opposition reklamiert den Wahlsieg für sich.30.07.2024 | 1:24 min

    Opposition: Können Sieg "beweisen"

    Die weitgehend regierungstreue Wahlbehörde hatte Amtsinhaber Maduro offiziell zum Wahlsieger erklärt. Nach offiziellen Angaben kam Maduro bei der Abstimmung am Sonntag auf 51,2 Prozent der Stimmen. Der Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia erhielt demnach 44,2 Prozent.
    Aber: Die Opposition erkannte das offizielle Ergebnis nicht an und reklamierte den Sieg für ihren Kandidaten Edmundo González Urrutia. Sie warf der Regierung Wahlbetrug vor. Nach eigenen Angaben kann sie den Sieg ihres Kandidaten "beweisen", da sie Zugriff auf mehr als 70 Prozent der Ergebnislisten aus den Wahllokalen habe, so Oppositionsführerin María Corina Machado.
    Christoph Wiesel im Schaltgespräch mit Christoph Röckerath.
    Der Druck auf Maduro "dürfte steigen", erklärt ZDF-Korrespondent Christoph Röckerath.29.07.2024 | 2:14 min

    Biden, EU und da Silva: Zweifel am fairen Ablauf der Wahl

    González Urrutia habe demnach 6,27 Millionen Stimmen erhalten, Maduro sei auf 2,7 Millionen Stimmen gekommen. Auch die US-Regierung, die EU und weitere Staaten erhoben Zweifel am fairen Ablauf der Wahl und dem Ergebnis. US-Präsident Joe Biden und sein brasilianischer Amtskollege Luiz Inácio Lula da Silva forderten die venezolanische Regierung auf, detaillierte Daten zur Wahl zu veröffentlichen.
    Vor der Wahl am Sonntag hatten mehrere Umfragen einen Sieg der Opposition prognostiziert. Beobachter gingen allerdings schon vor der Abstimmung nicht davon aus, dass die Wahl frei und fair ablaufen würde.
    Venezuelas Präsident Nicolas Maduro
    Nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela gibt es Uneinigkeit über den Ausgang der Wahl. 29.07.2024 | 1:28 min

    Heftige Proteste in weiten Teilen des Landes

    Seit der Bekanntgabe des vermeintlichen Wahlergebnisses gingen in der Hauptstadt Caracas mehrere Tausend Menschen auf die Straße. Auch in anderen Städten kam es zu Unruhen, gegen die teilweise mit Tränengas und Gewalt vorgegangen wurde.
    Laut ZDF-Korrespondent Christoph Röckerath gibt es Berichte, dass einige Demonstranten zum Präsidentenpalast gehen wollen. Dort hätten sich bereits Sicherheitskräfte und Paramilitärs auf mögliche Proteste vorbereitet.

    Menschen verbrennen Wahlplakate von Maduro

    In Petaré im Osten von Caracas riefen die Menschen "Freiheit, Freiheit" und "Diese Regierung wird stürzen". Zudem rissen sie Wahlplakate von Maduro ab und verbrannten sie. "Wir haben unsere Geschäfte geschlossen, um uns dem Protest anzuschließen. Wir waren enttäuscht", sagt etwa die 21-jährige Carolina Rojas.
    Das Ergebnis spiegele nicht die Realität wider. Zahlreiche Demonstranten schlugen auf Töpfe und Pfannen. Mindestens zwei Statuen des verstorbenen früheren linksnationalistischen Präsidenten Hugo Chavez wurden umgestoßen.
    29.07.2024, Caracas, Venezuela: Der autoritäre Staatschef Madúro wurde offiziell zum Sieger der Präsidentschafttswahlen in Venezuela ausgerufen. Das Ergebnis sorgt jedoch für Diskussionen.
    Beide Lager beanspruchen nach der Präsidentenwahl in Venezuela den Sieg für sich. Amtsinhaber Maduro wird zum offiziellen Sieger ernannt, die Opposition wirft ihm Wahlbetrug vor.29.07.2024 | 1:38 min

    ZDF-Korrespondent: Viele Protestler aus armen Stadtvierteln

    ZDF-Korrespondent Röckerath und Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, dass die spontanen Proteste vor allem in ärmeren Teilen der Stadt stattfinden. "Das ist in soweit wichtig, dass gerade die Ärmsten von der sozialistischen Regierung das Versprechen bekommen haben, dass sie eben ihre Lebenssiutation verbessern wird", so Röckerath.

    Das passiert aber seit Jahren nicht. Die Frustration wächst. Und wenn man eben gar nichts mehr zu verlieren hat, dann gehen die Menschen demonstrieren.

    Christoph Röckerath, ZDF-Korrespondent

    ZDF-Korrespondent Christoph Röckerath aus Rio de Janeiro
    Nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela beanspruchen Amtsinhaber und Opposition den Wahlsieg für sich. ZDF-Korrespondent Christoph Röckerath ordnet die Lage vor Ort ein.29.07.2024 | 1:00 min

    Wie weiter in Venezuela?

    Die Opposition hat noch am Abend die Menschen dazu aufgerufen, "nur gewaltfrei zu protestieren", so Röckerath. Der Opposition bleibe jedoch auch nicht viel anderes übrig, als auf der Straße Druck auszuüben. Aber: Auch für die "Maduro-Regierung dürfte es nicht einfacher werden, zu regieren", erklärt Röckerath.

    Der Druck von außen, aber vor allem von innen, dürfte steigen.

    Christoph Röckerath, ZDF-Korrespondent

    Ein Grund sei, dass viele Venezuelaner trotz aller Probleme "noch ein gewisses Vertrauen, ja sogar einen bisschen Stolz in das Funktionieren dieser Demokratie hatten".

    Und wenn die Regierung jetzt keine Beweise vorbringt, dass dieses Wahlergebnis rechtmäßig ist, dann dürfte dieser Traum und dieser Glaube eben auch endgültig zerstört werden.

    Christoph Röckerath, ZDF-Korrespondent

    Das gepaart mit wachsender Armut und wachsender Frustration sei "eine durchaus auch gefährliche Mischung für die Regierung".

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: dpa, AFP, ZDF, Reuters, AP

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