Präsident Erdogans AKP hat die Kommunalwahlen in der Türkei unerwartet deutlich verloren. Die sozialdemokratische CHP behält zudem die Bürgermeisterposten in Istanbul und Ankara.01.04.2024 | 1:31 min
Bei den Kommunalwahlen in der
Türkei ist die Oppositionspartei CHP stärkste Kraft geworden. Die Wahlbehörde bestätigte am Montag den überraschenden Wahlausgang, der sich in der Nacht abgezeichnet hatte.
Der türkische Präsident
Recep Tayyip Erdogan sprach bereits am Sonntag von einem "Wendepunkt" für sein Lager und räumte den historischen Sieg der Opposition ein. Seine islamisch-konservative AKP wurde erstmals seit ihrer Gründung 2002 nur zweitstärkste Kraft. Ein amtliches Endergebnis steht noch aus.
Letztes Jahr haben Erdogan und seine AKP die Präsidentschaftswahl klar gewonnen. Bröckelt nach der Niederlage jetzt die Macht des türkischen Präsidenten? Phoebe Gaa in Istanbul.01.04.2024 | 1:09 min
Opposition siegt auch in Ankara
"Leider haben wir nicht die Ergebnisse erzielt, die wir uns gewünscht haben", sagte Erdogan am AKP-Sitz in Ankara vor einer ungewöhnlich stillen Menschenmenge. Er werde "die Entscheidung der Nation respektieren". Kurz zuvor verkündete der amtierende Bürgermeister der größten türkischen Stadt Istanbul, Ekrem Imamoglu, seine Wiederwahl.
In Ankara erklärte sich der amtierende Bürgermeister Mansur Yavas von der CHP ebenfalls zum Wahlsieger. Vor einer jubelnden Menge sagte er, dass "diejenigen, die ignoriert wurden, eine klare Botschaft an diejenigen gesendet haben, die dieses Land regieren".
Neben Izmir, CHP-Hochburg und drittgrößte Stadt des Landes, und Antalya im Süden der Türkei, wo Anhänger der Opposition auf den Straßen feierten, zeichnete sich auch in Anatolien ein spektakulärer Erfolg der CHP ab. Bereits fast endgültigen Ergebnissen zufolge lag die Oppositionspartei auch in einigen Provinzhauptstädten vorne, die lange von der AKP dominiert wurden.
Seit der Gründung der Republik Türkei vor etwa 100 Jahren prägen ethnische, politische und religiöse Konflikte ihre Geschichte.17.10.2023 | 29:07 min
AKP verpasst erklärtes Wahlziel
Erdogan, der seit 21 Jahren an der Macht ist, hatte die Rückeroberung des Bürgermeisteramts von Istanbul für seine AKP
zu einem Hauptziel der Kommunalwahlen erklärt. Vor Imamoglus Wahlsieg 2019 war Istanbul 25 Jahre lang in der Hand der AKP und deren Vorgängerparteien gewesen.
Der Verlust des Rathauses in Istanbul gilt als eine von Erdogans schlimmsten Wahlniederlagen. Er war selber in den 90er Jahren Bürgermeister der Millionenstadt, bevor er 2003 auf nationaler Ebene an die Macht kam, zunächst als Ministerpräsident und seit 2014 als Präsident. Im vergangenen Jahr wurde Erdogan für ein drittes und nach aktuellem Recht letztes Mandat im Amt bestätigt.
Vor fünf Jahren verlor die AKP Istanbul an die Oppositionspartei CHP. Bei den anstehenden Kommunalwahlen macht es sich die Partei zum Ziel, die Metropole zurückzuerobern.30.03.2024 | 1:47 min
Erdogans Partei vorne in Anatolien
In mehreren Großstädten in Anatolien wie Konya oder Erzurum und an der Schwarzmeerküste - Hochburgen von Erdogan - blieben die AKP-Kandidaten jedoch vorne. In mehreren großen Städten im kurdisch geprägten Südosten der Türkei erzielte die pro-kurdische Partei DEM einen komfortablen Vorsprung, darunter in Diyarbakir.
Insgesamt könnte die Niederlage bei den Kommunalwahlen in der Türkei für Erdogans AKP - insbesondere in Istanbul - weitreichende Folgen haben. Bürgermeister Imamoglu gilt zunehmend als größter AKP-Rivale vor der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2028.
Quelle: AFP, dpa, Reuters