Nach "Wolfsgruß": Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

    Nach Kritik an "Wolfsgruß":Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

    |

    Nach Kritik aus Berlin am umstrittenen "Wolfsgruß"-Jubel des türkischen Nationalspielers Merih Demiral bei der Fußball-EM hat die Türkei den deutschen Botschafter einbestellt.

    Die deutsche Botschaft in Ankara
    Die Türkei hat den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt.
    Quelle: dpa

    Nach der scharfen Kritik am Torjubel des türkischen Fußball-Nationalspielers Merih Demiral bei der EM hat die Türkei den deutschen Botschafter einbestellt.

    "Wolfsgruß": Scharfe Kritik und UEFA-Untersuchung

    Demiral hatte am Dienstag beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Tor in Leipzig den sogenannten Wolfsgruß gezeigt, der einer rechtsextremistischen Bewegung zugeordnet wird. Unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) kritisierte dies scharf.
    Demiral zeigt Wolfsgruß
    Der türkische Torschütze Demiral zeigte beim Torjubel den sogenannten Wolfsgruß. Die UEFA ermittelt nun. Demiral verteidigt die Geste als Ausdruck seiner Freude.03.07.2024 | 2:03 min
    Der 26 Jahre alte Demiral hatte mit beiden Händen das Zeichen und Symbol der "Grauen Wölfe" geformt. Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
    Die Europäische Fußball-Union UEFA leitete ein Untersuchungsverfahren gegen Demiral ein. Bundesinnenministerin Faeser hatte unter anderem gesagt: "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen."
    Euro 2024: Türkische Fans feiern in Duisburg
    Autokorsos und Jubel bis tief in die Nacht: So haben tausende türkische Fußballfans in vielen deutschen Städten den Einzug ihrer Nationalmannschaft ins Viertelfinale der EM gefeiert.03.07.2024 | 2:23 min

    Türkisches Außenministerium verteidigt Demiral

    Aus seinem Heimatland erhielt Demiral dagegen auch Rückendeckung. Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, bezeichnete die Einleitung eines Verfahrens der UEFA gegen den Spieler als "Provokation". Der Schritt sei "äußerst voreingenommen und falsch". Die UEFA springe damit auf "den Zug des Übels" derer auf, "die den Türken und der Türkei offensichtlich feindlich gesinnt sind".
    Das türkische Außenministerium bezeichnete die Untersuchung als inakzeptabel. Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden, hieß es. Der "Wolfsgruß" sei in Deutschland zudem nicht verboten und die Reaktionen der deutschen Behörden "ausländerfeindlich".
    Kaan Ayhan von der Türkei feiert den Sieg.
    Bereits in der ersten Minute kassiert Österreich gegen die Türkei das erste Tor. Zwar haben die Österreicher mehr Chancen, doch der türkische Keeper rettet sein Team ins Viertelfinale. 02.07.2024 | 7:12 min

    Kritik in den sozialen Medien

    Der Torjubel erhielt aber nicht nur Zuspruch. So kritisierten Nutzer in den sozialen Medien, dass Demiral den "Wolfsgruß" ausgerechnet am Jahrestag des Sivas-Massakers zeigte. Vor 30 Jahren hatte ein von religiösen Extremisten aufgehetzter islamistischer Mob ein Hotel im Stadtzentrum von Sivas in Brand gesteckt, in dem sich alevitische Schriftsteller, Sänger und Intellektuelle aufhielten. In den Flammen kamen 37 Menschen ums Leben, die meisten Opfer waren Aleviten - eine religiöse Minderheit in der Türkei.

    Das Alevitentum ist ein Glaube, der seinen Ursprung in Anatolien hat und sich von den traditionellen monotheistischen Religionen unterscheidet. Es handelt sich um einen pantheistischen Glauben, der das Göttliche in allem sieht und den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Im Alevitentum geht es darum, "ein guter und vollkommener Mensch" zu sein.

    Etwa 95 Prozent aller Aleviten stammen aus der Türkei, wo sie rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen und nach den sunnitischen Muslimen die zweitgrößte Religionsgemeinschaft bilden. Trotzdem ist das Alevitentum in der Türkei bis heute nicht als eigenständige Religion anerkannt.

    In Deutschland leben zwischen 500.000 und 800.000 Menschen mit alevitischen Wurzeln, wobei die genaue Zahl schwer zu bestimmen ist. Die alevitische Gemeinde in Deutschland ist jedoch als rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaft etabliert.

    Quelle: Bund der alevitischen Jugendlichen in Deutschland e.V.

    Der prominente Exiljournalist Can Dündar schrieb auf X, Demiral habe mit seiner Aktion die Freude über den 2:1-Sieg gegen Österreich zunichte gemacht.
    Quelle: dpa, AFP
    Thema

    Mehr zum Thema