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Armut und politische Machtkämpfe:Syrien - ein zersplittertes Land
von Florence-Anne Kälble
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Die Lage in Syrien ist kritisch: Vier Mächte kontrollieren verschiedenen Regionen des Landes. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind arm. Eine Bestandsaufnahme.
In Idlib im Norden Syriens nahe der türkischen Grenze leben viele Menschen in Flüchtlingslagern.
Quelle: dpa/Anas Alkharboutli, Archivbild
"Syrien ist zersplittert. Das Regime kontrolliert etwa die Hälfte des Landes territorial und die städtischen Zentren", erklärt Salim Cevik von der Stiftung Wissenschaft und Politik und vom CATS (Centrum für angewandte Türkei-Studien). Die zweitgrößte Gruppe sind die kurdischen Kräfte, die im Nordosten ansässig sind. Sie werden von der Türkei als verlängerter Arm der PKK angesehen, die die türkische Regierung als Terror-Organisation ansieht.
"Um die feindliche Haltung der Türkei gegenüber dem Nordosten nicht weiter zu schüren, bezeichnet sich die Gruppe selbst als autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, kurdisch Rojava", so der Wissenschaftler. Weitere Teile werden von der Freien Syrischen Armee sowie dem Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front kontrolliert.
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Syriens Regime finanziert sich durch Drogenhandel
Laut dem Wissenschaftler ist das Land wirtschaftlich am Boden: "Es gibt wenige legale Aktivitäten; bekannt ist, dass das Regime im Drogenhandel im übrigen Nahen Osten tätig ist und sich darüber auch finanziert." Das hat massive Auswirkungen auf die Bevölkerung.
Aktuellen Zahlen zufolge leben 19 der 22 Millionen Syrer unterhalb der Armutsgrenze.
Die kurdischen Regionen erscheinen Salim Cevic stabiler. "Hier gibt es eine größere politische Stabilität, auch, weil die Regionen von den amerikanischen Sanktionen ausgenommen sind." Der von der Türkei geführte Drohnenkrieg stelle aber eine Bedrohung dar: "Wurde zunächst versucht, die Angriffe auf militärische Ziele zu beschränken, wird seit Oktober 2023 die Infrastruktur angegriffen."
Experte: Türkei ahmt Israels Vorgehen in Gaza nach
Gerade der Anschlag der PKK am Innenministerium im türkischen Ankara im Oktober 2023 sei für die Türkei eine Art Legitimation für ihren Krieg gegen die nordsyrischen Gebiete:
Für Cevic ahmt die Türkei das, was Israel im Gazastreifen macht, nach. "Ich denke, die türkischen Angriffe werden mutiger, da sie in gewisser Weise versuchen, Israels Haltung als Rechtfertigung für diese zu nutzen. Wenn also jemand sagen würde, dass das, was sie tun, gegen internationales Recht verstößt, würde die Türkei fragen, was mit ihren Rechten sei." Diese für ihn "blinde" Unterstützung, die Israel erhalte, untergrabe die Glaubwürdigkeit des Westens, sollte dieser versuchen, die türkischen Aktionen in Nordsyrien zu begrenzen.
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3.000 Syrer in medizinischer Ambulanz in Kobane registriert
Am ersten Weihnachtsfeiertag 2023 wurde eine medizinische Ambulanz in Kobane mutmaßlich von türkischen Drohnen zerstört. Die Einrichtung richtet sich vorwiegend an Patienten mit Diabetes und wurde 2018 vom Verein "Armut und Gesundheit e.V." des Mainzer Mediziners Gerhard Trabert gegründet. "Wegen des Feiertages, sind keine Menschen verletzt oder getötet worden", erklärt Ali Basrawi, Orthopäde und Leiter der Ambulanz.
Zerstörte Diabetes-Ambulanz in Kobane.
Quelle: Ali Nihad / Armut und Gesundheit e.V.
Täglich kümmerte er sich mit seinem Team um chronisch-kranke Patienten: "3.000 Syrer sind bei uns registriert; die Menschen leben unter der Armutsgrenze, sie haben kein Geld für reguläre medizinische Versorgung."
Der Arzt weiß nicht nur durch seine Arbeit im Land, wovon er spricht: Basrawi stammt aus Kobane und ist aufgrund der Krisen 2015 mit seiner Familie nach Deutschland geflüchtet. "Ich arbeite in Syrien, weil da der Bedarf am größten ist und das ist in keiner anderen Region, in der wir sonst tätig sind, aktuell der Fall", so der Orthopäde.
Lebensmittelknappheit, Zerstörung, kein sauberes Wasser
In den regimekontrollierten Regionen des Landes ist die christliche Hilfsorganisation Medair e.V. im Einsatz. "Die Sicherheitslage im Land ist komplex und durch die Geschehnisse in Gaza ist sie noch schwieriger geworden", erklärt Raija-Liisa Schmidt-Teigen, Country Director - Syrien.
Medair verteilt in Syrien Hygienepakete an Bedürftige.
Quelle: Medair
Lebensmittelknappheit, von Erdbeben zerstörte Häuser sowie kaum Zugang zu sauberem Wasser sind nur einige der Probleme.
Neben Wiederaufbau-Hilfe in Erdbebengebieten unterstützt Medair das Sanieren des Wassernetzes, des Pumpensystems und rehabilitiert Zentren für die medizinische Grundversorgung.
Armut und Gesundheit e.V. ist ein vom Mainzer Arzt Gerhard Trabert 1997 gegründeter Verein mit Sitz in Mainz. Ziel des Vereins ist die Verbesserung der Gesundheitsversorgung für finanziell benachteiligte Menschen - weltweit.
Medair ist eine international tätige Not- und Katastrophenhilfsorganisation. Der deutsche Zweig hat seinen Hauptsitz in Wiesbaden. Die Organisation ist in Syrien in den Gebieten rundum Idlib, Damaskus und Aleppo im Einsatz.
Bürokratie erschwert Arbeit von Medair
Dass sie so erfolgreich wirken, liegt auch daran, dass Medair in Syrien einen guten Ruf hat: "Alle Organisationen, die in den Regierungsgebieten tätig sind, müssen sich unter einer Dachorganisation zusammenschließen wie dem Syrischen Arabischen Roten Halbmond. Über sie erhalten wir unsere Genehmigungen."
Medair versorgt die Menschen in Syrien mit sauberem Trinkwasser.
Quelle: Medair
Kontakte und Vereinbarungen mit den Fachministerien ermöglichen, den Bedürftigen direkt Hilfe zukommen zu lassen. Problematisch sei nur die Bürokratie: "Bei Genehmigungen gibt es Zeitverzögerungen und wir sind viel am Warten - aber das war bereits zu stabileren Zeiten so; es ist ein kultureller Aspekt, dass die Führung sehr von oben nach unten geht und Kontrolle stets gegeben sein muss", fügt Schmidt-Teigen abschließend hinzu.
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