In einem außergewöhnlichen Filmprojekt blickt das ZDF hinter die Fassade der scheinbar übermächtigen russischen Armee.27.02.2024 | 43:52 min
Wie tritt man einem russischen Überläufer gegenüber? Wie ist so ein kampfgewohnter Wagner-Söldner oder ein Bomber-Koordinator aus dem Syrien-Einsatz? Wie ist der Frontoffizier aus dem
Ukraine-Krieg im persönlichen Umgang, wie der Elitekämpfer einer berüchtigten Spezialeinheit? Es war schwer genug, sie aufzuspüren und ihr Vertrauen zu gewinnen. Das allein hat über Monate viel Annäherung und Vermittlung gebraucht, mit misstrauischen Korrespondenzen und Telefonaten.
Schließlich haben die vier sich bereit erklärt, mit dem ZDF vor der Kamera über ihre Offizierskarrieren in der russischen Armee zu sprechen und über ihre Motive, auszusteigen. Sie alle riskieren ihre Sicherheit und die ihrer Familien in Russland.
Igor kämpfte als Söldner und will nun über Kriegsverbrechen in der Ukraine aussagen - Teil 1 der Dokureihe.22.02.2024 | 36:10 min
Ehemalige Offiziere verstecken sich vor russischem Geheimdienst
Gemeinsam ist diesen Männern, dass sie gerade erst aus dem Militär und ihrer Heimat Russland geflohen sind. Ansonsten sind sie grundverschieden wie die Truppenteile, für die sie jahrelang in teils hohen Rängen Verantwortung getragen haben. Wo sie sich nach ihrer Flucht befinden, muss geheim bleiben, denn die Männer fürchten, vom russischen Geheimdienst aufgespürt zu werden.
Diese Atmosphäre prägt die Begegnungen mit ihnen. Witalij, der Ex-Major einer Spezialeinheit im russischen Gefängnissystem, kommt nach Mitternacht an eine Bushaltestelle irgendwo in Südosteuropa.
Vier Überläufer entzaubern den Mythos einer scheinbar übermächtigen russischen Armee. Einer von ihnen ist Nikolaj - Teil 2 der Dokureihe.22.02.2024 | 30:07 min
Igor, der Armee- und Söldnerveteran aus sechs Kriegen, spricht im Schatten eines verlassenen Neubauareals in Nordzypern mit dem ZDF. Andrej, der junge Funkoffizier aus dem Ukraine-Krieg, der in Wirklichkeit einen anderen Namen hat, berichtet in verregneten Hochhausschluchten in Kasachstans Hauptstadt Astana von seinen Erfahrungen. Der Luftwaffen-Offizier, der hier Nikolaj heißen soll, hält sich irgendwo am Rande von Europa auf. Er ist entschlossen und er ist hochnervös: Noch vor kurzem hat er in Russland den Ukrainern dabei geholfen, Überschallraketen auf ihrem Weg nach Kiew abzufangen.
Stolz und Begeisterung neben Demütigung und Kriegsverbrechen
Es sind diese existenziellen Umstände, die jenseits von Smalltalk sofort in eine hochintensive, mitunter atemlose Gesprächssituation versetzen. Jeder der vier erzählt nicht nur aus den Tiefen der Black Box russische Armee, sondern breitet sein ganzes Leben aus.
Vier Überläufer entzaubern den Mythos einer scheinbar übermächtigen russischen Armee. Einer von ihnen ist Andrej. Er entkommt der Hölle des Krieges in einer dramatischen Flucht - Teil 3 der Dokureihe.22.02.2024 | 30:05 min
Sie haben sich bewusst für die Militärkarriere entschieden, um dazu zu gehören - aus Stolz und Begeisterung für die Aufgabe oder aus dem Wunsch, endlich etwas zu werden. Sie berichten von Zweifeln und Sinnfragen, die sich in den Dienstalltag schleichen. Sie erleben Betrug und Demütigung. Sie sehen oder begehen Kriegsverbrechen, verlieren Kameraden, die getötet werden oder sich umbringen. So sitzen sie vor uns und reden viele Stunden. Und was man in den Gesprächen hört, ist manchmal tief berührend, manchmal tief verstörend.
Ehemalige russische Offiziere gebrandmarkt
Das ist es, was bis heute von diesen Treffen zurückbleibt: das Gefühl einer tiefen Widersprüchlichkeit. Man begegnet keinen Monstern, aber auch keinen Heiligen. Man erkennt den Mut, den sie aufbringen, um sich aufzulehnen und darüber öffentlich zu sprechen. Sie alle sind bereit, über Kriegsverbrechen ihrer Einheiten vor internationalen Staatsanwälten auszusagen.
Witalij war bei der Sondereinheit "Taifun" und hat selbst gefoltert. Irgendwann „hat es klick gemacht“ und er beschloss überzulaufen und auszusagen - Teil 4 der Dokureihe.22.02.2024 | 29:53 min
Erkennbar werden aber auch die Werte, an die sie geglaubt und die Gewaltkultur, die sie mitgetragen haben. Und es offenbaren Abgründe, in die sich jeder von ihnen begeben hat. Keiner kommt ohne ein Brandzeichen aus diesem Apparat heraus, so hat es einer von ihnen formuliert. Das war am Ende der bestimmende Eindruck bei den Begegnungen mit den vier russischen Armeeaussteigern.