Nach ausgerufenem Notstand:Lampedusa: Flüchtlinge aufs Festland gebracht
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Auf der italienischen Insel Lampedusa kommen täglich Tausende Flüchtlinge an - dort wurde der Notstand ausgerufen. Nun werden Geflüchtete aufs Festland und nach Sizilien gebracht.
Nach der Ankunft Tausender Migranten auf der kleinen Mittelmeerinsel Lampedusa bringen die italienischen Behörden Flüchtlinge nach Sizilien und auf das Festland. Das Italienische Rote Kreuz erklärte am Freitag, 700 Menschen seien bereits von der Insel gebracht worden.
Im Laufe des Tages sollten demnach weitere 2.500 Menschen Lampedusa verlassen. Die Bundesregierung hält vorerst an der Aussetzung der freiwilligen Aufnahme von Migranten aus Italien fest.
Lampedusa: 7.000 Geflüchtete an einem Tag angekommen
Die italienischen Behörden stellten unter anderem eine Patrouillenboot der Marine und Fähren bereit, um die Flüchtlinge nach Sizilien oder auf das Festland zu bringen. Männer, Frauen und Kinder standen in langen Schlangen, um in Busse und Kleintransporter in Richtung des Hafens von Lampedusa zu steigen.
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Derzeit ist die Lage auf der Mittelmeerinsel so angespannt wie noch nie. Das gute Wetter der vergangenen Tage hatte dazu geführt, dass sich mehr Menschen als gewöhnlich von Nordafrika aus in Booten über das Mittelmeer auf den Weg machten. Die Zahl der Flüchtlinge erreichte am Mittwochabend mit 7.000 Menschen einen Höchststand - das entspricht der Bevölkerung der Insel. Der Stadtrat der Insel rief zuletzt den Notstand aus.
Flüchtlinge müssen auf der Straße schlafen
Das dortige Aufnahmezentrum ist für weniger als 400 Menschen ausgelegt. Hunderte Menschen, darunter auch sehr kleine Kinder, mussten angesichts fehlenden Platzes auf der Straße schlafen. Lampedusa liegt weniger als 150 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt. Die Insel ist einer der ersten Anlaufpunkte für Flüchtlinge, die das Mittelmeer in der Hoffnung überqueren, nach Europa zu gelangen.
Die Ankunft Tausender Flüchtlinge auf Lampedusa rief zahlreiche Reaktionen im Ausland hervor. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, die freiwillige Aufnahme von Migranten aus Italien bleibe weiterhin ausgesetzt. Das Ministerium hatte den Schritt mit einem "hohen Migrationsdruck nach Deutschland" und der "anhaltenden Aussetzung von Dublin-Überstellungen" durch Italien und andere Länder" begründet.
Hilfsorganisation kritisiert "verheerende Entscheidung" der Ampel-Regierung
Die Hilfsorganisation Sea Eye kritisierte die Aussetzung scharf und bezeichnete sie als "verheerende Entscheidung". Sie forderte die Bundesregierung auf, "sich aktiv an der Lösung der humanitären Krise auf Lampedusa zu beteiligen". Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, Deutschland habe sich auf europäischer Ebene immer wieder wieder solidarisch gezeigt und "wird das auch weiter tun".
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Frankreich gab noch nicht bekannt, ob es wie Deutschland die freiwillige Aufnahme von Migranten aus Italien aussetzen wird. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, Italien dürfe nicht alleine gelassen werden. Frankreich und Italien arbeiteten zusammen und es würden "Entscheidungen getroffen". Ob Frankreich Flüchtlinge aus Lampedusa aufnehmen wird, sagte Macron nicht.
IOM: Über 2.000 Menschen bei Mittelmeer-Überquerung gestorben
Italiens Innenminister Matteo Piantedosi sagte nach einem Gespräch mit seinem französischen Kollegen Gérald Darmanin, es sei vor allem eine schnelle Stärkung der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern nötig, um die Ankunft von Migranten zu verhindern. Darmanin erklärte, es müsse auf europäischer Ebene gehandelt werden, um die Prävention zu verstärken, damit sich Flüchtlinge erst gar nicht auf den Weg nach Europa machen, und gegen "Schleuser" vorzugehen.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen 2023 bislang mehr als 2.000 Menschen bei dem Versuch ums Leben, von Nordafrika aus über das Mittelmeer die Küsten der EU zu erreichen. Seit Jahresbeginn sind fast 126.000 Migranten an Italiens Küsten angekommen - 65.000 waren es im Vorjahreszeitraum.
Quelle: Alessandro Serrano, AFP