Ankunft Tausender Migranten:Welche Folgen hat der Notstand auf Lampedusa?
von Andreas Postel, Rom
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Auf Lampedusa kommen binnen weniger Tage Tausende Flüchtlinge an, mehr als die kleine Insel Einwohner zählt. Jetzt ruft sie den Notstand aus - aber schafft das Abhilfe?
Tausende neue Migranten in nur wenigen Tagen, das Erstaufnahmelager völlig überfüllt. Hunderte versuchen, Absperrungen zu durchbrechen und den Hafen der kleinen italienischen Insel zu verlassen. Jetzt hat Lampedusa den Notstand ausgerufen.
Das klingt dramatisch und das soll es wohl in erster Linie auch. Denn ob diese Erklärung tatsächlich geeignet ist, um Abhilfe zu schaffen ist mehr als fraglich. Zumal es wegen der hohen Zahl an Migranten bereits einen landesweiten Notstand in Italien gibt. Bereits im April hatte die Rechtsregierung unter Giorgia Meloni den "stato di emergenza" verhängt, da bereits zu diesem Zeitpunkt für das Jahr 2023 bis zu 300.000 Migranten in Italien erwartet wurden.
Sonderermittler soll für Entlastung sorgen
Als Reaktion auf die weiter ungebrochen anhaltenden Ankünfte von Migranten wurde sogar extra ein Sonderermittler für Lampedusa ernannt, um das kleine Aufnahme-Camp der Mittelmeer-Insel zu entlasten.
Dieser kann in verkürzten und vereinfachten Vergabeverfahren zum Beispiel Schiffe und Flugzeuge bereitstellten, um Flüchtlinge von Lampedusa aufs italienische Festland zu bringen, er kann ohne Ausschreibung Unterkünfte anmieten und neue Abschiebezentren öffnen. Auch wurde Geld bereitgestellt, um die hygienischen Bedingungen im Hotspot zu verbessern.
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Flüchtlingsabkommen zeigt offenbar kaum Wirkung
Doch bei der Vielzahl an Bootsankünften in so kurzer Zeit, ist das offenbar leichter gesagt als getan. Während der schweren Unwetter in den vergangenen Wochen hatten viele Boote an den nordafrikanischen Küsten abgewartet und kamen jetzt bei ruhiger See umso zahlreicher. Durch die zusätzliche Notlage in den Überschwemmungsgebieten Libyens sind weitere Boote mit Schutzsuchenden zu erwarten.
Aber vor allem zeigt sich, dass das Flüchtlingsabkommen mit Tunesien, für das sich Regierungschefin Georgia Meloni stark gemacht hatte, nur sehr begrenzt zu funktionieren scheint. Die meisten Migranten gaben an, im tunesischen Sfax gestartet zu sein. Die Vereinbarung sollte eigentlich verhindern, dass die Migranten überhaupt in See stechen - im Gegenzug wurden dem nordafrikanischen Land Finanzhilfen in Aussicht gestellt.
Italiens rechte Regierung gerät wegen der Migration an seiner EU-Außengrenze immer stärker unter Druck und stößt mit der eigenen Einwanderungspolitik zunehmend selbst an Grenzen.
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Andreas Postel, Rom