Winter und Infrastruktur-Schäden:UN: Rund 18 Millionen Ukrainer brauchen Hilfe
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Der Winter könnte die Menschen in der Ukraine wegen der gefährdeten Versorgung mit Strom oder Wasser hart treffen. Millionen brauchen laut UN Hilfe.
Der Bedarf an humanitärer Hilfe in der Ukraine ist nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA mehr als anderthalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs enorm. Derzeit benötigten rund 18 Millionen Menschen - 40 Prozent der ukrainischen Bevölkerung - irgendeine Form humanitärer Hilfe, sagte OCHA-Direktor Ramesh Rajasingham vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York.
Es sei angesichts des Kriegs zwischen Israel und der Hamas wichtig, den "enormen" Bedarf an Hilfe in der Ukraine "nicht aus den Augen zu verlieren", betonte Rajasingham. Durch die massiven Schäden an der kritischen Infrastruktur im Land sei der Zugang der Zivilbevölkerung zu Strom, Heizung, Wasserversorgung und Kommunikationsdiensten weiterhin beschränkt, erklärte Rajasingham unter Berufung auf UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths.
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Große Schäden an kritischer Infrastruktur
Angesichts des im Winter erwarteten strengen Frosts sei die Lage "außergewöhnlich beunruhigend", warnte Rajasingham. Besonders besorgniserregend sei die Lage der rund vier Millionen Menschen in den russisch besetzten Gebieten der ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. Das OCHA könne die Menschen dort "nicht in angemessenem Umfang erreichen".
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Der OCHA-Koordinationschef hob hervor, alle Kriegsparteien seien nach dem humanitären Völkerrecht verpflichtet, "raschen und ungehinderten Zugang" für die Lieferung von Hilfsgütern an Zivilisten in Not zu ermöglichen. Landesweit gebe es täglich Luftangriffe, Artilleriebeschuss und Bodenkämpfe, berichtete Rajasingham.
Die kritische Infrastruktur habe beträchtlichen Schaden erlitten, damit sei die Versorgung der Menschen mit Strom, Wasser, Heizung und Telekommunikation gefährdet. Das sei angesichts des nahenden Winters mit erwarteten Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius Grund für besonders große Sorge.
Mehr als 500 Hilfsorganisationen im Einsatz
Trotz aller Risiken seien dank der internationalen Hilfsgelder mehr als 500 meist örtliche Hilfsorganisationen in den ersten neun Monaten 2023 im Einsatz gewesen, um neun Millionen Menschen mit lebensnotwendigen Gütern zu versorgen. Zehn Millionen Menschen gälten weiterhin als vertrieben, sei es im eigenen Land oder als Flüchtlinge in anderen Ländern.
Der Krieg raube ukrainischen Kindern Bildung, die Stabilität und Sicherheit, die sie während der kritischen Entwicklungsphase ihres Lebens brauchten. Er habe ferner die bestehenden geschlechtsspezifischen Ungleichheiten und Diskriminierungen im Land weiter verschärft.
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So seien insbesondere Menschen mit Behinderungen, ältere Frauen und heranwachsende Mädchen einem erhöhten Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt und einem eingeschränkten Zugang zu Dienstleistungen ausgesetzt. Rajasingham rief zugleich zu einem Ende des Kriegs auf.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.