Klimaschutz vs. Wirtschaft:Gibt die EU ihre Klimaziele auf?
von Lara Wiedeking, Brüssel
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Zu viel Bürokratie, zu hohe Gaspreise - die europäische Wirtschaft strauchelt. Jetzt will die EU-Kommission aktiv werden, hat dafür zwei Initiativen vorgeschlagen.
Mit weniger Bürokratie und billigerer Energie will die EU-Kommission die Wirtschaft auf Wachstumskurs bringen. So soll der "Clean Industrial Deal" grüne Technologien fördern. 26.02.2025 | 2:35 min
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist stolz, als sie in Antwerpen an das Mikrofron tritt: Die Wirtschaftsbosse im Hafen von Belgien haben ihr vor einem Jahr ihr Leid geklagt.
Zu viel Regulierung, die zum Beispiel durch den "Green Deal" auf Unternehmen zukommen - oder schon in Anwendung sind. Dazu kommt die Wirtschaftskrise, die seit Jahren steigenden Energiepreise, die Probleme sind vielfältig.
Jetzt präsentiert von der Leyen, umringt von den Geschäftsführern, erste Lösungen.
Mit dem "Clean Industrial Deal" sollen vor allem die Energiepreise gesenkt und die Energiewende vorangetrieben werden. Für massive Investitionen in grüne Technologien sollen über 100 Milliarden Euro mobilisiert werden.
Langfristige Direkt-Verträge mit Betreibern sollen für eine Stabilität bei Energiepreisen sorgen. Außerdem sollen Genehmigungen schneller und reibungsloser erteilt werden. "Ein Viertel aller weltweiten Patente für saubere Technologien werden hier angemeldet. Mehr als in den USA und China", so von der Leyen. Das gelte es zu fördern und auszubauen.
Wahrgenommene Probleme
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Der Hafen von Antwerpen ist für 10 Prozent aller CO₂-Emissionen in Belgien verantwortlich. Die grüne Transformation ist hier längst in vollem Gange - zum Beispiel beim Chemie-Zulieferer Evonik. Sie wollen ihre Erdgas-Nutzung drastisch reduzieren.
Doch das bedeutet: Sie brauchen mehr Strom - und davon gebe es laut Evonik nicht genug in Westeuropa. Ab nächstem Jahr will das energieintensive Unternehmen 10 Prozent seines Stromverbrauchs durch zwei eigene Windräder abdecken.
Man stehe voll hinter der Energiewende. Wichtig sei für sie vor allem der Bürokratie-Abbau und weniger Vorgaben aus Brüssel.
Der Klimawandeldienst des EU-Programms Copernicus hat seinen jährlichen Report vorgestellt. Laut Bericht ist nun 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.10.01.2025 | 2:15 min
EU-Kommission stellt Lösung vor Bürokratie-Abbau vor
"Wenn man uns sagt, wie wir technologisch Lösungen angehen sollen, ist das nicht in Ordnung. Unsere Technologie-Wünsche sind sicherlich anders, als die von anderen", erklärt der Geschäftsführer Ivan Pelgrims. Die Bürokratie fresse Geld und Ressourcen, ohne dass Evonik ein Gramm mehr verkauft, so der Geschäftsführer.
Dazu sei das Dickicht an Vorgaben einfach zu unübersichtlich, bemängelt auch der Verband der Chemischen Industrie Deutschland, Matthias Belitz: "Viele Anforderungen sind nicht selbsterklärend. Es gibt Überlappungen, es gibt Widersprüche, die die Unternehmen auflösen müssen. Jedes, individuell für sich. Und genau da geht, deutlich Vereinfachung zu schaffen."
Auch dafür hat die EU-Kommission am Mittwoch eine Lösung vorgestellt. Das Event im Brüsseler Pressesaal der EU-Kommission ist weniger glamourös, der Titel deutlich sperriger: "Omnibus-Pakete". Was dahinter steckt: drastischer Bürokratie-Abbau.
Um den Klimawandel erforschen zu können, braucht man eine gewaltige Menge von Daten. Die kommen aus ganz unterschiedlichen Quellen, u.a. vom EU-Klimadienst Copernicus.14.01.2025 | 0:44 min
Umweltrichtlinien wurden gelockert
So soll zum Beispiel für rund 80 Prozent der Unternehmen die Pflicht zur so genannten Nachhaltigkeitsberichterstattung entfallen. Die europäische Lieferkettenrichtlinie soll gelockert und ihr Inkrafttreten um ein Jahr verschoben werden. Dabei war die Richtlinie - nach langen und mühsamen Verhandlungen - erst im vergangenen Sommer final verabschiedet worden.
Das Ziel war eigentlich, entlang der Lieferkette für Menschenrechts- und Umweltstandards zu sorgen und die Unternehmen dafür auch zur Verantwortung zu ziehen.
All das wurde jetzt gelockert, zum Entsetzen von Umweltschützern:
Wir haben seit grade Mal 88 Tagen eine neue EU-Kommission, und die haben jetzt einfach beschlossen, einige der besten Elemente dieser Gesetzgebung zu streichen.
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Francesca Carlsson, Europäisches Umweltbüro
Die deutsche Wirtschaft begrüßt das neue Wirtschaftsprogramm der EU, fordert jedoch noch weiteren Abbau von Berichtspflichten, so ZDF-Wirtschaftsexperte Frank Bethmann.26.02.2025 | 1:49 min
EU-Kommission kann Änderungen nur vorschlagen
Die EU-Kommission kann diese Änderungen allerdings nur vorschlagen, diskutiert und abgestimmt wird darüber im EU-Parlament. Doch auch hier gibt es viel Verständnis für die wirtschaftlich prekäre Situation.
"Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wichtig ist", erklärt Angelika Niebler von der CSU, die zur EVP-Fraktion im EU-Parlament gehört. "Dass unsere Unternehmen wirklich auch Produkte produzieren oder Dienstleistungen anbieten, die im Markt nachgefragt werden."
Die Unternehmen müssen wettbewerbsfähig sein und haben jetzt, glaube ich, andere Probleme als irgendwelche Papiere auszufüllen.
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Angelika Niebler, CSU
Kritik: Vorschläge zu Bürokratie-Abbau zu schnell angefertigt
Kritiker bemängeln, dass die EU-Kommission diese Vorschläge zum Bürokratie-Abbau zu schnell angefertigt haben. Es fehle die genaue Risiko-Analyse. Viele der Vorgaben seien ja auch noch gar nicht in Kraft, man wisse nicht, wie viel Mehr-Aufwand sie wirklich bedeutet hätten.
Das "European Environmental Bureau" nennt es ein "trojanisches Pferd für aggressive Deregulierung". In Antwerpen betont Kommissionspräsidentin von der Leyen, die Klimaschutzziele der EU haben sich nicht geändert: "Denn die jungen Menschen würden uns nie verzeihen, wenn wir uns nicht der Herausforderung der globalen Erderwärmung annehmen würden."
Lara Wiedeking ist Korrespondentin im ZDF-Studio in Brüssel.
Quelle: dpa
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