Deutsche Drohnen für Kiew: Warum sie kein "Mini-Taurus" sind
4.000 neue KI-Drohnen für Kiew:Warum die Drohnen kein "Mini-Taurus" sind
von Oliver Klein
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Eine deutsche Firma soll 4.000 Angriffsdrohnen an die Ukraine liefern. Was sie leisten können: unklar. Aber Ihr Spitznamen "Mini-Taurus" ist eine Übertreibung, erklärt ein Experte.
Eine deutsche Firma will 4.000 KI-gesteuerte Angriffsdrohnen an die Ukraine liefern (Symbolbild)
Quelle: imago/SOPA Images
Immer wieder hatte die Ukraine um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gebeten, die Bundesregierung hatte das stets abgelehnt. Nun bereitet Berlin die Lieferung von neuen Drohnen vor, die "Mini-Taurus" genannt werden. 4.000 bewaffnete Drohnen will Deutschland in die Ukraine schicken, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Montag bestätigte.
Dabei handelt es sich um Angriffsdrohnen, die nicht von Menschen, sondern von Künstlicher Intelligenz gesteuert werden, sogenannte Kamikaze-Drohnen des deutschen Software-Unternehmens Helsing in München. Sie heißen Kamikaze-Drohnen, weil es sich um Einwegdrohnen handelt, die beim Einschlag auf ihr Ziel detonieren. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung über die Lieferung berichtet.
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Der Ministeriumssprecher wollte diese Angaben nicht dementieren, lehnte genauere Angaben zu den Drohnen für die Ukraine mit Verweis auf die "militärische Sicherheit" zunächst aber ab.
Medienbericht: Drohnen-Vertrag bereits abgeschlossen
Im September habe die Firma laut "Bild" einen Vertrag über 4.000 Drohnen mit dem ukrainischen Verteidigungsministerium abgeschlossen. Finanziert werde das Projekt durch die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im Juni die Lieferung Tausender Kampfdrohnen an die Ukraine angekündigt, ohne weitere Details zu nennen.
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Unklar, was die Drohnen wirklich können
Was genau die Drohnen können: unklar. Das Magazin "Spiegel" berichtet von bis zu 150 Kilometern Reichweite. Dem Militär-Portal "Armyrecognition" zufolge könnten mehrere Drohnen gleichzeitig in koordinierten Missionen eingesetzt werden, um die feindliche Verteidigung zu umgehen. Zudem ermögliche die integrierte Künstliche Intelligenz die autonome Identifizierung und Bekämpfung von Zielen "mit einer Genauigkeit von bis zu 50 Zentimetern" - selbst in Regionen ohne Funkverbindung oder Satellitensignale.
Doch viele dieser Angaben stammen offenbar vom Hersteller Helsing selbst und sorgen für Diskussionen - denn hinter den Kulissen tobt ein harter Konkurrenzkampf verschiedener Drohnenhersteller. Nach einem Industrietag in Manching bei Ingolstadt Ende Oktober griff der Chef der Drohnenfirma Quantum-Systems, Florian Seibel, seinen Konkurrenten Helsing scharf an: Die angeblichen Leistungsdaten der Kampfdrohne seien übertrieben, schrieb er in einem Posting bei LinkedIn. "Diese Art von Werbeversprechen schadet unserer Industrie, denn sie beschädigt unsere Glaubwürdigkeit", heißt es in dem inzwischen gelöschten Beitrag.
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Experte: Spitzname "Mini-Taurus" nicht zutreffend
Hintergrund: Die Unternehmen Quantum-Systems und Helsing konkurrieren um Aufträge der Bundeswehr. Aktuell gibt es beispielsweise eine Ausschreibung für bis zu rund 750 Aufklärungsdrohnen - ein Millionengeschäft.
Was die Drohnen am Ende wirklich können und wie nützlich sie sich für die ukrainische Armee erweisen, wird sich wohl erst im Kriegseinsatz zeigen. Aber ihr Spitznamen "Mini-Taurus" ist offenbar eine gewaltige Übertreibung: Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr bezeichnet den Begriff als "Quatsch".
Das sei keine Kritik an der Helsing-Drohne, erkärt Sauer. Es seien nun mal zwei völlig verschiedenen Waffenkategorien. "Man kann die Dinger natürlich spaßeshalber 'Mini-Taurus' nennen, so wie man sagen kann: 'Ein Leopard-Panzer ist irgendwie auch eine Mini-Fregatte, nur an Land.' Ist zwar weitgehend falsch, aber ganz lustig. Ist in Ordnung, so lange alle wissen, warum der Vergleich hinkt."
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