Zwei Jahre nach Massaker von Butscha: Erinnerung und Schmerz
Zwei Jahre nach Massaker:Butscha: Erinnerung und Schmerz
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Zwei Jahre nach der Befreiung der ukrainischen Stadt Butscha sind viele Menschen noch immer tief traumatisiert. Der Wiederaufbau läuft, doch die Trauer bleibt.
In der ukrainischen Stadt Butscha werden Hunderte Leichen entdeckt, nachdem die russische Armee abgezogen war. Für die Menschen dort ein Trauma, das bis heute anhält.
Quelle: dpa
Wenige Tage nach der Befreiung offenbart ein Agenturfoto, was mit dem Ehemann von Natalija Werbowa geschehen ist. Zu sehen sind acht hingerichtete Männer, deren Leichen im ukrainischen Butscha auf dem kalten Boden liegen.
Werbowas Blick fällt auf einen Mann mit gefesselten Händen, dessen Gesicht nach unten gerichtet ist. Sie will zunächst nicht glauben, dass das wirklich ihr geliebter Andrij ist. Doch bald darauf erhält sie die schreckliche Gewissheit.
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"Ich werde die Blutlache nie vergessen"
Als Moskau im Februar 2022 eine großangelegte Offensive gegen das Nachbarland startet, schließt sich Andrij der Territorialverteidigung an. Kurz darauf, als die Russen Butscha und andere Orte in der unmittelbaren Umgebung der Hauptstadt Kiew einnehmen, wird er von feindlichen Soldaten festgenommen. Nach dem Abzug der russischen Truppen identifiziert seine Frau ihn in der Leichenhalle. Sie erkennt sofort die Socken, die sie ihm einst geschenkt hat.
"Ich werde nie die Blutlache unter ihm vergessen. Als ich diese weltweit verbreiteten Fotos sah, fühlte ich großen Schmerz", sagt Werbowa heute, während sie vor dem Grab ihres Mannes steht.
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Anzahl der Toten bis heute ungeklärt
Die Russen übernehmen in den dramatischen ersten Wochen des Angriffskriegs sehr schnell die Kontrolle über Butscha. Sie bleiben dort etwa einen Monat. Als ukrainische Truppen dann wieder in die Stadt kommen, stoßen sie auf Szenen des Horrors, die zu einem Symbol für die Gräueltaten der russischen Invasoren werden.
Dutzende Leichen - von Männern, Frauen und Kindern - liegen auf den Straßen, vor den Häusern und in Hinterhöfen sowie in Massengräbern. Einige der Toten sind ganz offensichtlich gefoltert worden. Tag für Tag werden weitere Opfer gefunden. Die Russen verwandelten den einst beschaulichen Vorort von Kiew in einen Ort des Grauens. Insgesamt werden mehr als 400 Menschen getötet. Noch immer gibt es Vermisste.
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Butscha im Wiederaufbau
Inzwischen ist in Butscha wieder ein Hauch von Aufschwung zu spüren. Baukräne prägen das Stadtbild, an der wichtigsten Durchfahrtsstraße entstehen neue Wohnkomplexe. Restaurants und Cafés sind geöffnet. Es sind Zeichen der Hoffnung und der Erneuerung.
Und besonders wichtig für die Angehörigen der Opfer: Aus provisorischen Gräbern, die zunächst nur durch Holzkreuze gekennzeichnet waren, werden würdige Ruhestätten, mit Grabsteinen und Porträts.
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Selenskyj dankt Helfern
Am zweiten Jahrestag der Befreiung dieser und anderer Vororte von Kiew dankt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj all denen, die sich am Wiederaufbau beteiligen.
Für viele Angehörige der Opfer ist die allmähliche Veränderung dennoch nur eine kosmetische. Für sie können neue Gebäude nicht den Schmerz des Verlusts mildern. Viele können bis heute kaum verstehen, was ihnen und ihren Familien widerfahren ist.
Werbowa ist dankbar, dass ihr Mann zumindest eine dauerhaftere Ruhestätte bekommen hat. Sie beklagt aber, dass die Behörden ihrem Mann bisher nicht offiziell den Status eines Militärangehörigen zuerkannt hätten, was mit der Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung für sie als Hinterbliebene verbunden wäre. Vor diesem Problem stehen viele Betroffene.